Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Bernsteinhandlerin

Titel: Die Bernsteinhandlerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walden Conny
Vom Netzwerk:
Heinrich.
    Thomas Bartelsens Gesicht wurde jetzt von dunkler Zornesröte überzogen. Er lachte heiser auf, und die ganze Verzweiflung, die er über den Verlust seiner Geliebten empfinden musste, kam darin zum Ausdruck. Bei jemandem wie ihm, der sich für gewöhnlich eher trocken, zurückhaltend und mit schmeichlerischer Unterwürfigkeit zu präsentieren pflegte, war das außergewöhnlich, und Heinrich fiel es daher leicht zu ermessen, wie schwer Bartelsen getroffen worden war. Heinrich konnte das schon deshalb gut nachempfinden, da er ja selbst den Verlust seiner kränklichen Frau vor drei Jahren bis heute nicht wirklich verwunden hatte, und manch einer
behauptete hinter vorgehaltener Hand, die Ursache für die Schwäche seines Herzens liege darin, dass es ihm durch den Tod seiner Gattin gebrochen worden war.
    Â»Ich nehme an, Matthias Isenbrandt konnte nie nachgewiesen werden, etwas mit dem Tod dieser jungen Frau zu tun gehabt zu haben«, sagte er.
    Â»Nicht einmal befragt wurde er!«, entfuhr es Bartelsen bitter. »Ein Hurenmord sei das, wie er in größeren Städten nun mal vorkäme! Jeder Rompilger hätte davon doch schon gehört, und jetzt gäbe es so etwas eben auch innerhalb der lübischen Stadtmauern. Etliche sahen es als eine Strafe Gottes für ein sündiges Leben an, denn wenn die Tote mit entblößter Scham daliege, müsse sie ja wohl ein solches geführt haben. Und die meisten wagten überhaupt nicht, sich zu dem Fall zu äußern. Die schwarzen Kreuze auf Riekes Stirn sorgten wahrscheinlich dafür, dass ihnen die Angst aus den hochgestellten Kragen kroch. Eine Angst, die sie stumm und kalt wie Fische werden ließ.« Thomas Bartelsen blickte auf und sah Heinrich offen an. »Versteht Ihr nun, weshalb ich nicht in Lübeck bleiben konnte?«
    Â»Das verstehe ich gut. Allerdings verstehe ich nicht, weshalb Ihr nicht gleich damit herausgerückt seid!«
    Bartelsen öffnete die Handflächen. »Ich stehe ohne jeden Beweis da. Ich weiß nur, was meine Ohren gehört haben. Aber jemand wie Matthias Isenbrandt kann jederzeit Dutzende von Leumundszeugen herbeischaffen, die aussagen würden, was für ein unbescholtener, rechtschaffener Mann er doch sei. Die Arme dieser Familie reichen weit – und mir ist durchaus bewusst, dass es auch unter der hiesigen Kaufmannschaft ein paar Freunde der Isenbrandts gibt.«
    Nicht nur unter den Kaufleuten!, ging es Heinrich durch den Kopf, wobei er an sein Gespräch mit Bernardus dachte.
Zog da ein Unwetter herauf? Hatten die Isenbrandts vor, ihre Hände nach Riga und dem Bernstein des Ordens auszustrecken, der derzeit noch durch die Hände der Heusenbrinks ging?
    Man wird sehen, dachte Heinrich. Und er würde auf der Hut bleiben müssen.
    Â»Ich brauche in der Tat einen guten Schreiber«, teilte er dann Thomas Bartelsen mit. »Wenn Ihr wollt, könnt Ihr sofort bei mir anfangen. Kost und Logis sind frei, aber das, was ich Euch darüber hinaus zu zahlen imstande bin, wird Euch verglichen mit den Verhältnissen in Lübeck wenig vorkommen.«
    Â»Zurückwünschen werde ich mich dennoch nicht.«
    Â»Dann seid Ihr in meinem Haus willkommen!«, nickte Heinrich. Er rief den Diener und wies ihn an, für Thomas Bartelsen ein Zimmer fertig zu machen und ihm das Gepäck dorthin zu tragen. Dabei griff sich der Herr des Hauses an die Brust. Ein kurzes, aber umso heftigeres Stechen hatte ihm für einen Moment vollkommen den Atem geraubt. Ein Dolchstich von vorn in den Brustkorb wäre jetzt auch nicht schlimmer gewesen. »Holt einen Arzt«, ächzte er und setzte noch schleppend hinzu: »Einen Arzt – nur nicht den … des … Erz… Erzbischofs!«

SIEBZEHNTES KAPITEL

    Böses Erwachen
    All dies aber findet man häufig zusammen an einem Ort: einen Nonnenkonvent, ein Mönchskloster und ein Waisenhaus, denn mancherlei Gelübde sind schwerer zu halten als andere.
    Desiderius Erasmus von Rotterdam
    Â 
    Â 
    Raue Stimmen und harte Klopfgeräusche weckten Barbara. Sie hatte sich an Erichs breite Brust geschmiegt und war eingeschlafen. Die Stimmen wurden lauter. Im Haus waren Schritte und Rufe in dänischer Sprache zu hören.
    Â»Erich!«, stieß Barbara hervor. »Was mag da los sein?«
    Der Ritter von Belden war sofort hellwach. Das Stimmengewirr wurde immer lauter, und es schien, als hätte sich da draußen

Weitere Kostenlose Bücher