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Die Bernsteinhandlerin

Titel: Die Bernsteinhandlerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walden Conny
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rigaischen Lübeckfahrer noch besser! Es ist nur eine Frage von Wochen, bis sich Eure Geschichte herumsprechen wird. Wenn Ihr also aus Lübeck geflohen seid, um irgendeiner Schande zu entfliehen, dann habt Ihr Euch mit Riga den denkbar schlechtesten Ort gewählt, und Ihr hättet wahrscheinlich besser daran getan, sehr viel weiter fortzugehen!«
    Thomas Bartelsen druckste etwas herum. Es lag für Heinrich auf der Hand, dass er genau ins Schwarze getroffen hatte.
    Â»Vielleicht war es ein Fehler, bei Euch vorzusprechen«, meinte er dann. »Dass es zwischen den Isenbrandts und den Heusenbrinks einige Meinungsverschiedenheiten geben würde, hat niemand vorhersehen können, der in den letzten Jahren für Jakob Isenbrandt gearbeitet hat. Ich weiß auch nicht, wie ich auf den Gedanken kommen konnte, dass Ihr mir weiterhelfen würdet! So entschuldigt, dass ich Euch angesprochen habe.«
    Er wollte schon seinen Packsack über die Schulter werfen und von dannen ziehen, aber Heinrich Heusenbrinks Stimme ließ ihn innehalten. »Ihr missversteht mich, Bartelsen! Ich bin ein Christenmensch, und der gibt jedem Sünder die Vergebung, wenn er ehrlich bereut. Das will ich zumindest bei kleineren Taten üben, die außerdem nicht gegen mich persönlich gerichtet waren. Eure Ehrlichkeit müsste also kein Schaden für Euch sein.«
    Thomas Bartelsen atmete tief durch. Er rieb voller Unruhe
die Handflächen gegeneinander und sagte dann: »Also gut, so will ich Euch ehrlich schildern, was geschehen ist. Es war mir unmöglich, in Lübeck zu bleiben, weil …« Er stockte. »Es hat mit Matthias Isenbrandt zu tun, nicht mit seinem Vater. Mit Jakob bin ich immer gut ausgekommen, und wie die Zeugnisse beweisen, war er auch stets mit meinen Leistungen zufrieden. Und dass seine Frau im Haus nicht gerade die allerherzlichste Stimmung verbreitet, damit konnte ich leben. Nicht aber mit dem, was Matthias mir angetan hat.«
    Â»Erzählt!«
    Â»Ich hatte mich um die Gunst einer jungen Frau bemüht. Rieke Börnsen ist ihr Name. Ich erfuhr durch Dritte, dass sie keine Jungfrau mehr war und vor drei Jahren ein Verhältnis mit Matthias hatte, aus dem ein Kind hervorgegangen war, das aber tot geboren wurde. Das alles hätte mich dennoch nicht daran gehindert, dieses liebliche Geschöpf zu lieben und sogar zur Frau zu nehmen. Aber Matthias schien Rieke aus irgendeinem Grund als eine Art Privatbesitz anzusehen, obwohl er sie schon längst nicht mehr begehrte.«
    Â»Es wäre nicht das erste Mal, dass einer dem anderen das nicht gönnt, was er selbst doch gar nicht mehr haben will!«, stellte Heinrich Heusenbrink fest.
    Â»Ja, so war es auch in diesem Fall. Ich dachte zunächst, dass es nur die gekränkte Ehre gewesen wäre, die ihm zu schaffen machte. Schließlich ließ sich Rieke auf Matthias’ Versprechungen nicht mehr ein. Sie war ihm gegenüber taub geworden und hatte sich für mich entschieden. Einmal wurde ich Ohrenzeuge eines sehr hässlichen Streits zwischen den beiden, da drohte Rieke Matthias Isenbrandt mit dem Verrat eines Geheimnisses, das sie wohl mit ihm geteilt hatte. Daraufhin warnte Matthias sie, sie werde schon sehen, was sie davon hätte, wenn erst einmal drei schwarze Kreuze auf ihrer Stirn stünden.«

    Nun horchte Heinrich auf. »Ich nehme an, Ihr habt diese Rieke darauf angesprochen!«
    Â»Gewiss.«
    Â»Und um was für eine Art von Geheimnis handelte es sich?«
    Â»Sie antwortete nur ausweichend und erklärte mir, dass Matthias das Zeichen einer geheimen Vereinigung bei sich trage und es im Übrigen besser sei, sie würde nicht darüber sprechen. Aber im Notfall sei sie in der Lage, ihn zu allem Möglichen zu zwingen – auch dazu, sie endgültig in Ruhe zu lassen. In diesem Fall müsste ich allerdings damit rechnen, meine Stellung bei den Isenbrandts zu verlieren, denn Jakob Isenbrandt würde natürlich auf der Seite seines Sohnes stehen, wenn es am Ende hart auf hart käme.«
    Â»Und? Kam es hart auf hart?«
    Â»Drei Tage später fand man Rieke Börnsen in einer einsamen Seitenstraße – mit drei schwarzen Kreuzen auf der Stirn, die von einem schwarzen Kreis umgeben waren. Mit Holzkohle war ihr dieses Zeichen aufgemalt worden, und man hatte ihre Scham entblößt, um sie noch im Tode zu demütigen.«
    Â»Hat es eine Untersuchung gegeben?«, fragte

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