Die Bernsteinhandlerin
Kürze einen starken Beistand brauchen.«
»In welcher Angelegenheit?«
Jakob Isenbrandt sprach nun sehr gedämpft weiter und beugte sich etwas in Richtung seines Gastes, um noch leiser sprechen zu können. »Mir liegen geheime Informationen vor, die Euch betreffen und uns über unsere sehr zuverlässigen Zuträger auf der Marienburg erreichten. Der Deutsche Orden wird alsbald einen neuen Landmeister für Livland einsetzen.«
»Sollte mich das beunruhigen?«, fragte Heinrich.
»Wenn sein Name Albrecht von Gomringen ist, schon. Es heiÃt, dass die Berufung Albrechts von interessierter Seite durch Geldzuwendungen stark gefördert wurde, und Albrecht soll sich dafür revanchieren. Der Orden besitzt das Bernsteinmonopol. Daran ist nicht zu rütteln. Aber wem er das Privileg des Zwischenhandels einräumt, kann sich durchaus ändern. Albrecht wird die Privilegien früher oder später an diejenigen verteilen, die sich zuvor für ihn eingesetzt und ihm auÃerdem noch höhere Gewinnanteile versprochen haben, was die Position des livländischen Landmeisters innerhalb des Ordens natürlich stärken wird.«
»Unmöglich!«, knurrte Heinrich, wobei sich seine Hände unwillkürlich zu Fäusten ballten. »Die Anteile des Ordens sind doch jetzt schon der reinste Wucher!«
»Der Orden hat viele Feinde«, sagte Jakob. »Achthundert Ordensritter beherrschen ein unvorstellbar groÃes Land. Wer als Landmeister des Ordens in Livland regiert, braucht in erster Linie Geld, wenn er nicht sehr schnell wieder abberufen werden will! Geld, um die Burgen zu unterhalten, Geld, um die Ordensritter ausrüsten zu können, um Verteidigungsanlagen zu bauen und Kanonen gieÃen zu lassen.«
»Und wie könnte die Verbindung mit dem Haus Isenbrandt den künftigen Landmeister davon abhalten, uns die Bernsteinprivilegien abzuerkennen?«
»Der Hochmeister auf der Marienburg weià um den Einfluss der Isenbrandts im lübischen Rat. Und er weià auch, dass er auf die Vermittlung Lübecks im Streit zwischen dem Orden und der Stadt Danzig angewiesen ist â sonst unterstellen sich die Danziger am Ende dem Schutz des polnischen Königs, um die verhasste Gängelei durch den Orden loszuwerden. In Elbing und Thorn erwägt man übrigens Ãhnliches! Um seine
Position zu konsolidieren, wird der Landmeister von Livland nichts tun, was die Lage des Hochmeisters komplizierter macht.«
Heinrich wechselte einen Blick mit Barbara. »Ich werde über Euren Vorschlag nachdenken«, versprach er dann, wieder an Jakob gerichtet.
»Wenn Ihr mich fragt, solltet Ihr nicht länger warten. Sobald die Temperaturen angenehmer sind und die Lunten der Büchsen und Kanonen nicht mehr dauernd nass werden, wird es vielleicht Krieg zwischen dem König von Polen und dem Orden geben. Dann könnten die Karten ohnehin völlig neu gemischt werden. Falls sich Lübeck dann auf die Seite Danzigs gegen den Orden stellt, verlieren wir natürlich für eine Weile jede diplomatische Einflussmöglichkeit auf das Ordensland.«
»Aber der Orden ist doch selbst Mitglied der Hanse«, stellte Heinrich klar. Das Ordensland war das einzige Flächenland, das dem ansonsten aus unabhängigen Städten bestehenden Bund angehörte.
»Jedoch Danzig auch«, erwiderte Jakob. »Und auf welcher Seite Lübeck stehen wird, ist noch nicht ganz klar. Die Bruderschaft der Rigafahrer ist natürlich aus eigenem Interesse für eine Unterstützung des Ordens, aber die Zirkelgesellschaft und die Schonenfahrer sind in dieser Frage gespalten. Gestern habe ich noch mit Wolf von Möhren, dem Ãltermann der Bergenfahrer-Bruderschaft, gesprochen. Er sagte mir, es sei noch offen, wie sich seine Handelsbrüder bei den Abstimmungen im Rat verhalten werden.«
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Barbara wechselte während des weiteren Verlaufs des Festes kaum noch ein Wort mit Matthias. Dafür amüsierte sich dieser umso trefflicher mit den Töchtern einiger anderer Patrizier, die zum Bankett geladen worden waren und deren abschätzige
Blicke Barbara schon die ganze Zeit in sehr unangenehmer Weise bemerkt hatte. Nach einer Weile verstand sie auch, was der Grund dafür war. Offenbar hatten sich einige von ihnen selbst Hoffnungen gemacht, in das Haus Isenbrandt einheiraten zu können. Matthias gab einen Scherz nach dem anderen zum Besten, die ihm allesamt ein derart
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