Die Bernsteinhandlerin
schrilles Gelächter einbrachten, dass die Gruppe aus Lauten- und Flötenspielern übertönt wurde, die Jakob Isenbrandt eigens zur Untermalung dieses Banketts engagiert hatte.
»Bei vielen anderen seines Standes wäre dies bereits ein mehr als würdiger Rahmen für eine Verlobung«, meinte Heinrich an seine Tochter gewandt, als sie zwischendurch die Gelegenheit hatten, miteinander zu sprechen. »Sogar für eine Hochzeitsgesellschaft wäre das noch standesgemäÃ!«
»Ja«, murmelte Barbara gedankenverloren.
»Du hast den Vorschlag Jakob Isenbrandts gehört, mein Kind?«
»Das habe ich.«
»Es ist nicht nötig, dass du dich hier und jetzt entscheidest. Aber wir werden ihm in den nächsten Tagen eine Antwort geben müssen. Spätestens dann, wenn die offizielle Verlobung erfolgt, denn ich nehme an, dass Jakob bei diesem Anlass an alle Beteiligten die Einladung zur Hochzeit aussprechen möchte.«
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Während Heinrich Heusenbrink die Gelegenheit wahrnahm, sich noch mit dem einen oder anderen wichtigen Mitglied der Zirkelgesellschaft und dem Bürgermeister Johann Lüneburg zu unterhalten, fühlte sich Barbara ziemlich verloren in dieser Gesellschaft.
Ihr zukünftiger Verlobter war jedenfalls plötzlich nirgends mehr zu finden. Er dachte wohl, seine Schuldigkeit in puncto
Anwesenheit getan zu haben, und hatte sich still und heimlich zurückgezogen. Dann und wann lauschte sie den Gesprächen und bekam immerhin mit, dass man sich über die Zukunft des Hauses Isenbrandt Sorgen machte, denn Matthias galt als jemand, der einen Hang zu unseriösen, risikoreichen Unternehmungen hatte â ganz im Gegensatz zu seinem vor Flandern ertrunkenen Bruder Giselher. Bis zu einem gewissen Grad konnte Barbara nachvollziehen, wie sehr es Matthias gegen den Strich ging, dass dieser tote Bruder ihm wie ein ständig anwesender Geist zu folgen schien â der Geist eines Toten, der keine Fehler mehr machte und mit dem jeder Vergleich nur eine Demütigung sein konnte.
Eine andere Gruppe sprach darüber, wie sich der Rat im Hinblick auf die Thronfolge in Dänemark verhalten sollte. In mehreren Seekriegen hatte sich die Stadt Lübeck nämlich ein Vetorecht erstritten. Kein Nachfolger des dänischen Königs durfte ohne Bestätigung durch den lübischen Rat seinen Thron besteigen. Ein Recht, von dem bisher mit gutem Grund nur sehr zurückhaltend Gebrauch gemacht worden war, denn gerade die mächtigen Bruderschaften der Bergen- und Schonenfahrer drängten natürlich auf ein ausgeglichenes Verhältnis zum Nachbarn im Norden.
Hildegard, eine Cousine von Matthias, sprach Barbara zwischenzeitlich ein wenig unvermittelt an. Sie lebte seit ihrem vierzehnten Lebensjahr bei den Isenbrandts, nachdem ihr Vater â ein ehemaliger Flottenkommandant Lübecks â bei einem Seegefecht vor Gotland tödlich verwundet worden und ihre Mutter im Jahr darauf an einem schweren Bluthusten gestorben war.
Mit Anfang zwanzig war Hildegard noch immer nicht verheiratet, obwohl es durchaus Interessenten gegeben hatte. Die Gerüchte darüber, dass sie zu wählerisch sei, hatten sich unter
den jüngeren Hanseaten bereits bis Riga herumgesprochen. Sie war dunkelhaarig, hatte blaue Augen und sprach sehr viel und schnell. Barbara hatte das Gefühl, dass sie im Haushalt der Isenbrandts eine AuÃenseiterin war und deshalb Ansprache suchte.
Barbara hörte ihrem wasserfallartigen Redeschwall kaum zu â bis Hildegard schlieÃlich auf ein Thema zu sprechen kam, das sie aufhorchen lieÃ.
»Matthias ist gewiss ein guter Mann«, sagte sie. »Aber Ihr werdet ihn schon so nehmen müssen, wie er ist.«
»Was genau meint Ihr damit?«, wollte Barbara wissen.
Hildegard lächelte. »Habt Ihr wirklich nicht bemerkt, wie sehr ihm die Frauen zugetan sind? Aber das ist kein Wunder. Er wirft mit einschmeichelnden Worten genauso um sich wie mit lübischer Mark!«
Einen bitteren Unterton hatten diese Worte Hildegards. Hatte sich die Cousine etwa ebenfalls Hoffnungen auf den Isenbrandt-Spross gemacht, die enttäuscht worden waren?
Barbara hob die Augenbrauen. »Leider habe ich von den Schmeicheleien nicht das Geringste mitbekommen. Es scheint wohl so zu sein, dass er jedes andere anwesende weibliche Wesen meiner Gesellschaft vorzieht â seine Mutter eingeschlossen.«
Hildegard zuckte mit den schmalen Schultern und
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