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Die Bernsteinhandlerin

Titel: Die Bernsteinhandlerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walden Conny
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der Schwarzhandel mit dem Gold der Ostsee. Niemand, der etwas mit dem Bernsteinhandel und dem Orden zu tun hatte, war hier beliebt – und so ahnte Barbara, dass wahrscheinlich schon ein entsprechendes
Gerücht ausreichte, um dafür zu sorgen, dass die Bewohner der Nehrung ihr mit blankem Hass begegneten.
    Weitaus schlimmer erging es zuweilen den Ordensmännern, die damit beauftragt waren, den Bernstein den Sammlern für ihren festgesetzten Hungerlohn abzukaufen.
    Immer wieder konnte man davon hören, dass solche Männer erschlagen in den Dünen gefunden wurden oder dass die Ostsee sie viele Meilen entfernt an Land gespült hatte. Ein Problem, über das Barbara während ihres Aufenthaltes auf der Marienburg mit dem neuen Hochmeister gesprochen hatte.
    Â 
    Erich von Belden sammelte etwas Feuerholz aus einem Waldstück, das an die Dünen angrenzte, während Barbara auf die Pferde achtete. Später saßen sie im Schutz der Dünen am Lagerfeuer.
    Â»Was ich an Essbarem bieten kann, dürfte nicht mit den Banketten in Konkurrenz treten können, die Ihr gewohnt seid!«, bemerkte Erich. »Allerdings könnt Ihr sicher sein, dass der Stockfisch, den ich mitführe, nicht vergiftet ist!«
    Â»Ich bin nicht so wählerisch, wie Ihr denkt«, erwiderte Barbara. »Zumindest nicht in diesen Dingen.«
    Ihre Blicke trafen sich. Der Mond stand inzwischen groß und hell über den Dünen und spiegelte sich in Erichs Augen.
    Â»Darf ich fragen, wie es Euch damals ergangen ist, nachdem ich Lübeck verlassen hatte?«, fragte Erich.
    Â»Die Ehefrau von Matthias Isenbrandt bin ich bis heute jedenfalls nicht geworden. Vor dieser Torheit habt Ihr mich damals bewahren können. Die Isenbrandts konnten es damals kaum erwarten, endlich den Bund zwischen unseren Familien zu besiegeln. Sie wollten, dass die Hochzeit so schnell wie möglich der Verlobung folgen sollte, und im Prinzip hatten wir uns sogar damit einverstanden erklärt …«

    Â»Warum ist es dann nicht dazu gekommen?«, wollte Erich wissen.
    Barbara hob die Schultern. Sie fror ein wenig, denn obgleich die Dünen sie vor dem kühlen Abendwind etwas abschirmten, konnte man sich doch niemals ganz davor schützen. Erich legte ihr eine der Decken um die Schultern.
    Â»Ein Schiff brachte die Nachricht nach Lübeck, dass meine Mutter gestorben war – sie war zuvor schon kränklich gewesen und deshalb ohnehin in Riga geblieben.«
    Â»Es tut mir sehr leid, das zu hören«, sagte Erich. Der Klang seiner Stimme und der ruhige Blick, mit dem er sie bedachte und den sie gerne erwiderte, vermittelten ihr den Eindruck, dass er sie verstand. Obwohl sie sich, abgesehen von den wenigen flüchtigen Begegnungen, die es zwischen ihnen gegeben hatte, doch kaum kannten, hatte sie das Gefühl, dass er genau wüsste, was in ihr vorging und was sie in ihrem Herzen und ihren Gedanken bewegte.
    Â»Der Tod meiner Mutter war ein schwerer Schlag«, erzählte sie mit belegter Stimme weiter, deren Klang sich mit dem Meeresrauschen so mischte, dass sie sich nur wie ein leises Wispern anhörte. »Ich habe sehr um sie getrauert – aber noch schlimmer war dieser Schlag, glaube ich, für meinen Vater. Er ist seitdem nicht mehr derselbe, so will es mir manchmal scheinen. Manchmal sitzt er da, blickt aus einem der Fenster in unserem Haus in Riga und starrt einfach nur in die Ferne. Man kann ihn dann nicht einmal ansprechen oder gar hoffen, dass er einem antwortet.« Barbara seufzte. Genau genommen hatte sie noch nie mit jemandem über den Tod ihrer Mutter gesprochen – und schon gar nicht ihre tieftraurigen Gefühle dazu offenbart. Selbst einem Geistlichen nicht. Ihr Vater wäre sicherlich der erste und einzige Ansprechpartner gewesen, dessen Nähe sie bei diesem Thema gesucht hätte. Doch es war
sehr bald nach dem Tod ihrer Mutter klar gewesen – so groß die Verbundenheit zwischen ihr und ihrem Vater auch sein mochte -, dass Heinrich Heusenbrink über den Tod seiner Frau mit seiner Tochter nicht reden konnte. Mehrfach hatte Barbara versucht, ihn darauf anzusprechen. Geteiltes Leid war manchmal halbes Leid, so hatte sie gedacht. Aber es schien da eine innere Mauer zu geben, die verhinderte, dass ihr Vater diesen Teil seiner Seele jemandem offenbarte.
    Â»In allem Schrecklichen liegt auch etwas Gutes«, sagte sie dann etwas lauter, so als müsste sie sich selbst Mut und

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