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Die Bernsteinhandlerin

Titel: Die Bernsteinhandlerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walden Conny
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und Erich zu ihren Quartieren geleitete, die inzwischen von Mägden hergerichtet worden waren. Solche Quartiere hielt jede Kommende des Ordens für durchreisende Ritter stets bereit.
    Â»Ich möchte mich ausdrücklich bei Euch entschuldigen«, sagte Arnulf schließlich sowohl an Barbara als auch an Erich gewandt. »Aber da ich Euch noch nie persönlich begegnet war, konnte ich nicht ahnen, wie falsch mein Verdacht gegen Euch gewesen ist.«
    Â»Ich bin keineswegs nachtragend und weiß, wie schwer Euer Kampf gegen den Schmuggel ist«, versicherte ihm Barbara. »Also grämt Euch nicht deswegen. Ich hätte wahrscheinlich an Eurer Stelle genau dieselben Rückschlüsse gezogen.«
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    Barbara und Erich wohnten später noch der abendlichen heiligen Messe bei, die dem überkommenen, noch aus der Jerusalemer Zeit des Ordens stammenden Ritus folgte, den das letzte Konzil für die Gesamtheit der Kirche längst abgeändert hatte. Aber diese Veränderungen waren bei den Ritterbrüdern, so schien es, nicht beliebt. Sie hielten an ihren Traditionen fest und widersetzten sich damit stillschweigend den Anweisungen ihres Oberhirten in Rom.
    Im Anschluss daran nahm Erich im Speisesaal der Ritterbrüder ein bescheidenes Mahl ein, dessen Hauptbestandteile Brot und Fisch waren.

    Frauen hatten zu diesem Mahl – das kein offizielles Gastbankett war, welches Hermann von Schlichten aus einleuchtenden Gründen derzeit nicht geben konnte – keinen Zutritt. Demnach wurde Barbara das Essen von einer Magd auf das Zimmer gebracht, das sie auf der Memelburg für diese Nacht bewohnen würde. Es ähnelte eher einer Mönchszelle als einem Raum, den Barbara als vollwertiges Gästezimmer hätte anerkennen können. Nur wenige Schritte maß dieser Raum in jeder Richtung, und die Einrichtung umfasste eine harte Pritsche und einen Tisch mit Stuhl. Eine Kerze stand ihr zur Verfügung, um für Helligkeit zu sorgen. Der einzige Wandschmuck bestand aus einem Holzkreuz.
    Barbara aß mit mäßigem Appetit. Bald darauf hörte sie auf dem Flur Schritte, die vor ihrer Tür stehen zu bleiben schienen.
    Â»Ich hoffe, es geht Euch gut«, vernahm sie Erichs Stimme. »Morgen in aller Frühe wird man die Pferde für uns bereithalten, wie mir Arnulf versichert hat.«
    Â»Das freut mich zu hören«, sagte Barbara durch die Tür hindurch.
    Â»Ich wünsche Euch eine gute Nacht«, ließ Erich noch nach kurzer Pause verlauten. Dann hörte sie, wie sich seine Schritte auf dem Flur entfernten. Barbara legte sich auf ihr Nachtlager und starrte zur steinernen Decke. Das Kerzenlicht flackerte und warf unruhig tanzende Schatten. Sie ahnte, dass sie in dieser Nacht nicht besonders gut schlafen würde – allein in dieser kühlen Zelle. Selbst in der Nacht, die sie zusammen mit Erich zwischen den Dünen der Nehrung verbracht hatte und in der sie den Bernsteinschmugglern begegnet waren, war sie sich geborgener vorgekommen. Der Herr möge mich vor unkeuschen Träumen schützen!, ging es ihr durch den Kopf, aber sie hatte wenig Zuversicht, dass ihr stummes Stoßgebet auch erhört werden würde.

ZEHNTES KAPITEL

    Die Nacht des Mondes
    Früher haben wir die Heiden mit dem Schwert bekämpft, jetzt kommt es mir manchmal vor, als würde das Heidentum manche von uns zu sich bekehren, denn der Aberglaube ist auch unter den Priester- und Ritterbrüdern allgegenwärtig.
    Wolfgang von Ellwangen,
Bischof zu Dorpat in Livland
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    Es stand der Vollmond groß und rund über der Memelburg und ließ die Menschen schlecht schlafen. Ein übler Zauber der Kurengötzen, mit dem sie uns danken, dass wir einst das Kreuz in dieses Land gebracht haben!, dachte Hermann von Schlichten, der so viel Blut gehustet hatte wie schon seit langem nicht mehr. Nichts von dem, was er gegessen hatte, war letztlich bei ihm geblieben. Er selbst bemerkte den scharfen Geruch aus Galle, Blut, Erbrochenem und unsagbar übelriechenden Arzneien, von denen der Komtur weder die Zusammensetzung genauer kannte noch sich wirklich sicher war, ob diese Substanzen nicht sein Leiden vielleicht sogar eher förderten, als dass sie es ihm erleichterten. Der Mondgott und die Göttin der Erde – ihnen huldigten viele Kuren insgeheim noch immer, und besonders in Vollmondnächten schienen sich diese Götzen dafür rächen zu wollen, dass ihrem Kult unter dem

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