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Die Berufung

Titel: Die Berufung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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Radio.«
    »Was für einen Saft haben Sie?«
    »Karotte«, antwortete er, während er seinen kleinen Kühlschrank öffnete. »Sie verbrennen Geld, was natürlich bedeutet, dass ganze Wagenladungen davon bei ihnen eingehen. Typische Angriffstaktik. Wir warten bis zum ersten Oktober, dann drücken wir auf den Knopf und fangen an, Geld zu drucken. In Illinois und Alabama haben sie das letztes Jahr genauso gemacht. Und vor zwei Jahren in Ohio und Texas.« Er goss den Saft in zwei Kaffeebecher, während er sprach.
    »Setzen Sie sich hin, und beruhigen Sie sich«, sagte Sheila.
    Er wollte nicht. »Auf solche Spots muss man genauso reagieren. Mit einem Angriff«, sagte er. »Und zwar schnell.«
    »Ich bin mir gar nicht so sicher, ob er mich angegriffen hat. Er hat kein einziges Mal meinen Namen genannt.«
    »Das braucht er auch nicht. Wie viele liberale Richter treten gegen Mr Fisk an?«
    »Soviel ich weiß, keiner.«
    »Ab heute Morgen sind Sie offiziell eine liberale Richterin.«
    »Wirklich? Ich fühle mich aber nicht anders als sonst.«
    »Sheila, wir müssen darauf reagieren.«
    »Ich lasse mich nicht in eine Schlammschlacht um Homosexuellenehen hineinziehen.«
    Nat setzte sich endlich auf seinen Stuhl und hielt den Mund. Er trank seinen Saft, starrte die Wand an und wartete darauf, dass sich seine Atmung beruhigte.
    Sheila nahm einen Schluck Karottensaft. »Das ist tödlich, stimmt's?«
    »Der Saft?«
    »Der Fernsehspot.«
    »Eventuell. Aber ich bin schon dabei, mir was auszudenken.« Nat griff in einen Papierstapel auf seinem Schreibtisch und zog eine dünne Akte heraus. Er schlug sie auf und nahm drei Seiten heraus, die von einer Büroklammer zusammengehalten wurden. »Hören Sie sich das an. Mr Meyerchec und Mr Spano haben am ersten April dieses Jahres eine Wohnung gemietet. Eine Kopie des Mietvertrags liegt uns vor. Sie warten wie vorgeschrieben dreißig Tage, dann lassen sie sich als Wähler registrieren. Am nächsten Tag, dem zweiten Mai, beantragen sie einen Führerschein, machen die Prüfung und bestehen sie auch. Am vierten Mai werden ihre Führerscheine von der zuständigen Behörde ausgestellt. Dann vergehen ein paar Monate, für die keinerlei Unterlagen zu Arbeitsverträgen oder selbstständiger Beschäftigung zu finden sind. Es gibt nichts Offizielles, mit dem sich beweisen ließe, dass die beiden hier gearbeitet haben. Sie behaupten, freiberufliche Illustratoren zu sein, was immer das auch sein mag.« Er blätterte durch die Seiten und sah sich hin und wieder ein paar Informationen an. »Eine Überprüfung der Illustratoren, die ihre diversen Diensten in den Gelben Seiten anbieten, hat ergeben, dass niemand Meyerchec oder Spano kennt. Ihre Wohnung liegt in einer großen Apartmentanlage, viele Mieter, viele Nachbarn, und keiner von ihnen kann sich erinnern, die beiden gesehen zu haben. Keiner der Männer aus der Schwulenszene, die wir kontaktiert haben, hat sie je kennengelernt.«
    »Wer hat sie kontaktiert?«
    »Ich bin noch nicht fertig. Dann versuchen sie, eine Heiratserlaubnis zu bekommen. Den Rest der Geschichte können Sie in den Zeitungen nachlesen.«
    »Wer hat sie kon taktiert?«
    Nat steckte die Seiten wieder in die Akte und klappte sie zu. »Und genau hier wird es interessant. Letzte Woche habe ich einen Anruf von einem jungen Mann bekommen, der sich selbst als schwulen Jurastudenten aus Jackson bezeichnet hat. Er hat mir seinen Namen und den Namen seines Partners genannt. Sie verheimlichen ihre Homosexualität nicht, sind aber noch nicht so weit, dass sie an einer Schwulenparade teilnehmen würden. Der Fall Meyerchec/Spano interessiert sie, und als daraus ein Wahlkampfthema gemacht wurde, sind sie - genau wie ein paar andere, die bis drei zählen können - misstrauisch geworden. Sie kennen eine Menge Schwule hier in der Stadt und fangen an, sich nach Meyerchec und Spano zu erkundigen. Niemand kennt sie. Die Schwulenszene ist sofort misstrauisch geworden, als die Klage eingereicht wurde. Wer sind diese Männer? Woher kommen sie? Die beiden Jurastudenten wollen Antworten auf ihre Fragen. Sie rufen fünfmal am Tag die Telefonnummer von Meyerchec/Spano an, immer zu unterschiedlichen Zeiten, aber es hebt nie jemand ab. Das machen sie sechsunddreißig Tage lang. Niemand hebt ab. Sie reden mit den Nachbarn. Nie gesehen. Niemand hat mitbekommen, wie sie eingezogen sind. Sie klopfen an die Tür der Wohnung, spähen durch die Fenster. Kaum Möbel in der Wohnung, keine Bilder an den Wänden. Um richtige

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