Die Berufung
Blatt.
Zachary fuhr fort. »Wir sind eine landesweite Vereinigung, ich bin für den Staat Mississippi zuständig. Unser einziges Ziel ist es, gute Leute in die Berufungsgerichte zu wählen. Mit >gut< meine ich konservative, wirtschaftsorientierte, besonnene, integre, intelligente und ehrgeizige junge Richter, die buchstäblich - und das ist unser Kernanliegen, Mr Fisk -die Rechtslandschaft in diesem Staat verändern können. Wenn wir das schaffen, dann können wir endlich die Rechte der Ungeborenen schützen, wir können den Kulturmüll begrenzen, dem unsere Kinder ausgesetzt sind, wir können die Ehe wieder als unantastbar ehren, wir können Homosexuelle aus unseren Klassenzimmern verbannen, die Reglementierung des Waffenbesitzes lockern, unsere Grenzen schließen, kurzum, wir können unsere traditionellen amerikanischen Werte wieder leben.«
Beide atmeten tief durch.
Fisk war nicht sicher, welche Figur ihm in diesem Schlachtengemälde zugedacht war, aber sein Puls hatte sich um mindestens zehn Schläge die Minute erhöht. »Ja, nun, das klingt nach einer interessanten Sache.«
»Wir haben eine Mission«, erklärte Zachary bestimmt. »Wir sind entschlossen, das Zivilprozessrecht wieder in vernünftige Bahnen zu lenken. Strafentschädigungen in astronomischer Höhe und geldgierige Prozessanwälte blockieren unsere wirtschaftliche Entwicklung. Mississippi schreckt auf diese Weise Investoren ab, statt sie anzulocken.«
»Daran besteht kein Zweifel«, pflichtete Fisk bei, und Zachary wollte am liebsten vor Freude schreien.
»Sie sehen ja, welches belanglose Zeug eingereicht wird. Wir arbeiten Hand in Hand mit einer Vereinigung, die sich der Reformierung des Schadenersatzrechts verschrieben hat, der National Tort Reform Group.«
»Das ist sehr gut. Und was hat Sie nach Brookhaven verschlagen?«
»Sind Sie politisch ambitioniert, Mr Fisk? Haben Sie jemals daran gedacht, für ein Wahlamt zu kandidieren?«
»Eigentlich nicht.«
»Nun, wir haben eine Recherche durchgeführt und sind der Meinung, dass Sie ein hervorragender Kandidat für den Supreme Court von Mississippi wären.«
Fisk lachte unwillkürlich angesichts dieser absurden Idee. Beim Lachen aber traf ihn die Erkenntnis, dass das, was er für einen Scherz gehalten hatte, nicht so gemeint war. Es war Ernst. Eine Einladung, nachzufragen.
»Recherche?«, fragte er.
»Ja. Wir investieren viel Zeit in die Suche nach Kandidaten, die a) uns gefallen und die b) gute Chancen haben, gewählt zu werden. Wir beschäftigen uns mit den Gegnern, mit Wahlkämpfen, mit Bevölkerungsentwicklung, mit Politik, eigentlich mit allem. Unsere Datenbank ist unübertroffen, ebenso wie unser Geschick, finanzielle Unterstützung zu finden. Möchten Sie mehr hören?«
Fisk ließ sich in seinen Schreibtischstuhl zurückfallen, legte die Füße auf den Tisch, verschränkte die Hände im Nacken und sagte: »Klar. Verraten Sie mir, warum Sie hier sind.«
»Ich bin hier, um Sie zu überzeugen, im November für den südlichen Bezirk von Mississippi als Kandidat gegen Richterin Sheila McCarthy anzutreten«, verkündete Zachary siegessicher. »Sie ist leicht zu schlagen. Uns passt die Art, wie sie ihr Richteramt ausführt, ganz und gar nicht. Wir haben jede Entscheidung, die sie in den letzten neun Jahren im Amt gefällt hat, unter die Lupe genommen, und wir halten sie für eine überzeugte Liberale, die ihr wahres Gesicht geschickt hinter einer Maske verbirgt. Kennen Sie sie?«
Fisk wagte kaum, die Frage zu bejahen. »Wir sind uns einmal begegnet, aber nur kurz. Ich kann eigentlich nicht sagen, dass ich sie kenne.«
In Wahrheit hatte Richterin McCarthy, Zacharys Recherchen zufolge, drei Verfahren geleitet, an denen Ron Fisk und dessen Kanzlei beteiligt waren, und jedes Mal hatte sie gegen deren Mandanten entschieden. Fisk war einmal als Verteidiger aufgetreten, bei einem kniffligen Fall von Brandstiftung in einem Lagerhaus. Sein Mandant hatte mit fünf zu vier Stimmen verloren. Man konnte davon ausgehen, dass Fisk mit dem einzigen weiblichen Richter des Supreme Court von Mississippi nicht viel am Hut hatte.
»Sie ist verwundbar«, sagte Zachary.
»Wie kommen Sie darauf, dass ich sie schlagen kann?«
»Weil Sie ein untadeliger Konservativer sind, der an traditionelle Werte wie die Familie glaubt. Weil wir Spezialisten für Blitzkampagnen sind. Weil wir Geld haben.«
»Geld?«
»Ja. Unbegrenzte Mengen. Wir arbeiten mit einigen sehr mächtigen Leuten zusammen, Mr Fisk.«
»Bitte
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