Die Berufung
nennen Sie mich Ron.«
Ehe du dich's versiehst, dachte Zachary, sind wir bei Ronny. »Ja, Ron, wir erhalten Spenden aus Gruppen, in denen Banken, Versicherungen, Energieunternehmen vertreten sind - ich rede von großen Tieren und richtigem Vermögen, Ron. Und dann nehmen wir die mit ins Boot, die uns besonders am Herzen liegen: die konservativen christlichen Gruppen, die übrigens auch noch riesige Summen aufbringen können, wenn der Wahlkampf in die heiße Phase eintritt. Das sind auch diejenigen, die die Wahl für uns entscheiden werden.«
»Aus Ihrem Mund klingt das so einfach.«
»Einfach ist es nie, Ron, aber wir verlieren selten. Wir haben die Erfahrungen aus einem runden Dutzend Kampagnen überall im Land, und wir sind es gewohnt, überraschende Siege zu erzielen.«
»Ich habe noch nie am Richtertisch gesessen.«
»Das wissen wir, und genau deshalb gefallen Sie uns. Amtierende Richter fällen harte Entscheidungen. Harte Entscheidungen sind manchmal umstritten. Sie hinterlassen Spuren, schwarz auf weiß in den Protokollen, sodass sie von Gegnern ausgeschlachtet werden können. Die besten Kandidaten sind unserer Erfahrung nach kluge, junge Leute wie Sie, die noch nicht die Last früherer Entscheidungen auf dem Buckel tragen.«
Unerfahrenheit hatte noch nie so gut geklungen wie in diesem Moment.
Es entstand eine lange Pause, in der Ron seine Gedanken zu ordnen versuchte. Zachary stand auf und ging auf eine Wand zu, die mit Zeugnissen, Mitgliedsurkunden der Rotarier, Fotos vom Golfcourt und zahlreichen Schnappschüssen der Familie übersät war. Die lächelnde Gattin Doreen. Der zehnjährige Josh im Baseballtrikot. Der siebenjährige Zeke mit einem Fisch, der fast so groß war wie er selbst. Die fünfjährige Clarissa im Fußballdress. »Nette Familie«, bemerkte Zachary, als wüsste er nicht das Geringste über sie.
»Danke«, erwiderte Ron mit aufrichtigem Strahlen.
»Reizende Kinder.«
»Mit den guten Erbanlagen der Mutter.«
»Ihre erste Frau?«, erkundigte sich Zachary beiläufig mit Unschuldsmiene.
»O ja. Wir haben uns auf dem College kennengelernt.«
Zachary wüsste das und noch vieles mehr. Er kehrte zu seinem Stuhl zurück und nahm seinen Platz wieder ein.
»Ich bin nicht ganz auf dem Laufenden«, sagte Ron unbeholfen, »was verdient man denn in dem Job aktuell?«
»Einhundertzehn«, erklärte Zachary, ein Lächeln unterdrückend. Er kam schneller voran als erhofft.
Ron schnitt eine Grimasse, als könnte er sich einen solch drastischen Einkommenssprung nicht recht vorstellen. Doch sein Hirn raste. Was für schwindelerregende Aussichten. »Sie suchen also Kandidaten für den Supreme Court«, sagte er schließlich wie betäubt.
»Nicht für alle Ämter. Wir haben ein paar gute Richter dort, die wir unterstützen werden, sollten Gegenkandidaten antreten. Aber McCarthy muss gehen. Sie ist eine Feministin. Sie geht mit Straftätern viel zu milde um. Wir müssen sie loswerden. Hoffentlich mit Ihrer Hilfe.«
»Und wenn ich ablehne?«
»Dann nehmen wir den Nächsten, der auf unserer Liste steht. Sie sind die Nummer eins.«
Ron schüttelte verwirrt den Kopf. »Ich weiß nicht recht«, sagte er. »Es würde mir schwerfallen, die Kanzlei zu verlassen.«
Aber zumindest dachte er darüber nach. Der Köder war ausgeworfen, und der Fisch beäugte ihn. Zachary nickte zufrieden. Alles stand zum Besten. Die Kanzlei bestand aus einem Haufen müder Bürohengste, deren täglich Brot Trunkenheit am Steuer und Blechschäden waren, Fälle, die es nie bis vor den Richter schafften. Lappalien. Vierzehn Jahre lang hatte Fisk nichts anderes gemacht.
Sie gingen in eine Patisserie und bestellten Eisbecher. »Was ist eine Blitzkampagne?«, wollte Fisk wissen. Sie waren allein im Cafe.
»Im Prinzip ein Hinterhalt«, erläuterte Zachary, bei seinem Lieblingsthema auftauend. »Im Augenblick hat Richterin McCarthy keine Ahnung, dass sie einen Gegenkandidaten hat. Sie glaubt und hofft, dass niemand sie herausfordern wird, und sie ist zuversichtlich. Sie hat sechstausend Mäuse auf ihrem Wahlkampfkonto und wird keinen Cent mehr auftreiben, wenn sie nicht muss. Angenommen, Sie entscheiden sich für die Kandidatur. Die Anmeldefrist läuft in vier Monaten ab, und wir werden Ihre Kandidatur erst im letzten Moment bekannt geben. An die Arbeit machen wir uns aber sofort. Wir stellen Ihr Team zusammen. Wir sorgen dafür, dass das Geld auf der Bank ist. Wir lassen Vorgartenschilder drucken, Autoaufkleber, Broschüren,
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