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Die Beschenkte

Die Beschenkte

Titel: Die Beschenkte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristin Cashore
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festgehalten hatte.
    Und warum hatte der beschenkte Lienid Murgon nichts gesagt? Schützte er sie?
    Dieser verfluchte Regen musste aufhören, damit sie an den Hof und zu Raffin zurückkehren konnten.
    Katsa trank und setzte den Becher auf den Tisch. »So ein Glück für die Diebe!«
    Giddon grinste. »In der Tat.«
    »Und hast du irgendwelche andere Neuigkeiten gehört?«
    »Die Schwester des Wirts hat ein drei Monate altes Baby«, sagte Oll. »Neulich morgens sind sie sehr erschrocken. Sie glaubten, eins seiner Augen sei dunkler geworden, aber es war nur eine Täuschung durch das Licht.«
    »Faszinierend.« Katsa goss Soße auf ihr Fleisch.
    »Die Königin von Monsea grämt sich schrecklich um Großvater Tealiff«, sagte Giddon. »Ein Händler aus Monsea hat davon erzählt.«
    »Ich habe gehört, sie isst nicht mehr«, sagte Katsa. Das schien ihr eine törichte Art des Trauerns zu sein.
    »Das ist nicht alles«, sagte Giddon. »Sie hat sich und ihre Tochter in ihren Gemächern eingeschlossen und lässt keinen eintreten außer ihrer Zofe, noch nicht einmal König Leck.«
    Das kam Katsa nicht nur töricht vor, sondern höchst eigenartig. »Erlaubt sie ihrer Tochter zu essen?«
    »Die Zofe bringt ihnen Mahlzeiten«, berichtete Giddon. »Aber sie verlassen ihre Räume nicht. Offenbar hat der König viel Geduld mit ihnen.«
    »Das geht vorüber«, sagte Oll. »Man weiß nie, was Kummer einem Menschen antut. Es wird vorübergehen, wenn ihr Vater gefunden worden ist.«
    Der Rat würde den Alten zu seiner eigenen Sicherheit verstecken, bis sie den Grund für seine Entführung wussten. Aber vielleicht konnten sie eine Nachricht an die Königin von Monsea schicken, um ihren sonderbaren Kummer zu lindern? Katsa beschloss, darüber nachzudenken. Sie würde es mit Giddon und Oll besprechen, wenn sie unbeobachtet reden konnten.
    »Sie ist eine Lienid«, sagte Giddon. »Sie sind als seltsame Menschen bekannt.«
    »Mir kommt es aber sehr seltsam vor«, erklärte Katsa. Sie hatte noch nie Trauer empfunden, oder wenn, dann erinnerte sie sich nicht daran. Ihre Mutter, Randas Schwester, war an einem Fieber gestorben, bevor Katsas Augen die endgültige Färbung gezeigt hatten, und das gleiche Fieber hatte Raffins Mutter und Randas Königin dahingerafft. Katsas Vater, ein Grenzlord aus den nördlichen Middluns, war bei einem Grenzzwischenfall getötet worden. Es war ein Überfall von Männern aus Wester auf ein Dorf von Nander gewesen. Das gehörte nicht in seinen Verantwortungsbereich, doch er hatte seine Nachbarn verteidigt und war dabei selbst ums Leben gekommen. Katsa hatte noch nicht einmal sprechen können. Sie erinnerte sich nicht an ihn.
    Der Tod ihres Onkels würde sie wahrscheinlich nicht traurig machen. Sie warf einen Blick auf Giddon. Ihn würde sie nicht gern verlieren, aber sie glaubte auch nicht, dass sie um seinen Verlust trauern würde. Mit Oll war es anders. Um Oll würde sie trauern. Und um ihre Zofe Helda. Und Raffin. Raffins Verlust würde mehr schmerzen als das Abschneiden eines Fingers oder ein gebrochener Arm oder ein Messer in ihrem Körper.
    Doch sie würde sich nicht in ihren Räumen einschließen. Sie würde hinausgehen und den suchen, der das getan hatte, und dann würde sie ihm Schmerzen zufügen, wie sie noch nie jemand verspürt hatte.
    Giddon sprach mit ihr, aber sie hatte nicht zugehört. Sie schüttelte sich. »Was hast du gesagt?«
    »Ich habe gesagt, Träumerin, dass ich glaube, der Himmelklart auf. Wir werden im Morgengrauen aufbrechen können, wenn du willst.«
    Sie würden den Hof vor Einbruch der Nacht erreichen. Katsa beendete rasch ihr Mahl und lief in ihr Zimmer, um ihre Taschen zu packen.

Die Sonne war schon weit auf ihrem Weg über den Himmel, als ihre Hufe auf dem Marmorboden von Randas innerem Schlosshof klapperten. Rundum standen die weißen Schlossmauern und hoben sich hell von dem grünen Marmor im Hof ab. Laubengänge säumten die Mauern, damit die Angehörigen des Hofs, wenn sie von einem Teil des Schlosses zu einem anderen gingen, hinunterschauen und Randas großen Garten voller Ranken und rosa blühender Bäume bewundern konnten. In der Mitte des Gartens stand eine Statue von Randa, aus der einen ausgestreckten Hand sprudelte ein Wasserstrahl, in der anderen hielt er eine Fackel. Garten und Hof waren hübsch, wenn man sich nicht mit der Statue aufhielt – aber weder ruhig noch privat, weil alle in den Laubengängen darüber umherspazierten.
    Das war nicht der einzige Hof dieser

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