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Die Beschleunigung der Angst

Die Beschleunigung der Angst

Titel: Die Beschleunigung der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Acker
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reinfahren, damit du noch Platz für den Geländewagen hast
und ohne Probleme aussteigen kannst.«
    Daniel startete den Motor.
    »In Ordnung.«
    »Eins noch«, sagte Marco. »Wenn
du Scheiße baust, mich überfahren oder abhauen willst, solltest du dir eins
überlegen. Meine Kugeln fliegen schneller als du fahren kannst. Und auch wenn
der Wagen mit Sicherheit besser gepanzert ist, als ein normales Auto, solltest
du dich nicht darauf verlassen, dass du nichts abkriegst. Außerdem würde ich
dann deiner kleinen Freundin darin richtig wehtun.«
    Da war er wieder, der andere
Marco. Daniel sah ihm in die Augen. Der Raucher schickte eine weitere Wolke
würzigen Tabakgeruchs in den Innenraum.
    »Ich mach keinen Scheiß. Ich
fahre erst den Streifenwagen in den Pool und dann den Geländewagen.«
    Marco lächelte und seine
Miene brach auf.
    »Du bist mein Mann. Kannst
bei uns einsteigen, wenn das hier alles vorbei ist.« Er lachte, als er Daniels
verblüfftes Gesicht sah. »War nur ein Spruch. So wie ich dich einschätze, pisst
du dich schon beim Falschparken ein. Und jetzt fahr los, es wird Zeit.
Schritttempo, so dass ich neben dir herlaufen kann.«
    Daniel schaltete das Licht
ein, löste die Handbremse und ließ die Kupplung kommen. Ein Blick auf den
Kilometerzähler zeigte ihm, dass der Wagen die Hunderttausend bereits
überschritten hatte. Die Kupplung war ausgeleiert, und sofort begann das Auto,
zu rollen.
    »Langsam, mein Freund«,
sagte Marco.
    Daniel bremste ab, fuhr
Schrittgeschwindigkeit, schlug das Lenkrad nach rechts ein, um die Baumkrone zu
umrunden. Marco lief neben ihm her, die Pistole auf ihn gerichtet.
    »Sehr gut. Und jetzt um das
Haus herum auf die Rückseite. Immer langsam.«
    Daniel fuhr im
Zeitlupentempo um die Hausecke. Die Stallungen befanden sich jetzt genau links
von ihm. Nach etwa fünfzehn Metern fuhr er um eine weitere Hausecke auf die
Rückseite des Hauses. Hier hatte sich zu seinem Besuch am frühen Abend
natürlich nichts verändert. Die ehemalige Terrasse wirkte in der durch den Mond
erhellten Dunkelheit vielleicht nicht mehr ganz so trostlos wie noch vorhin,
aber sonst war alles beim Alten.
    Dann sah er den Pool. Die
Umrisse des Wasserbeckens zeichneten sich heller von der Umgebung ab. Der Pool
selbst war ein gähnendes, zahnloses Maul, in dem vor langer Zeit Kinder
geplanscht und Erwachsene in modischen Badeanzügen Schwimmübungen absolviert
hatten.
    »Stop«, sagte Marco.
    Daniel bremste.
    »So, jetzt fahr ein Stück
zurück.«
    Daniel legte den
Rückwärtsgang ein und fuhr bis zum Rand der unkrautüberwucherten Terrasse, die
durch den beginnenden Wald begrenzt wurde. Die Hinterreifen des Autos glitten
von der planierten Fläche und gruben sich in den Waldboden.
    »Okay. Schnall dich an.«
    Bei Marco musste es sich um
den verdammt noch mal rücksichtsvollsten Gangster der Weltgeschichte handeln.
Aber vielleicht war er auch nur besorgt, dass Daniel sich bei seinem geplanten
Stunt verletzten könnte und nicht mehr in der Lage wäre, den Geländewagen ein
Stockwerk tiefer zu verfrachten. Daniel zog den Gurt über seinen Oberkörper.
Als er das metallische Schnappen hörte, mit dem der Metallschnapper einrastete,
hob er einen Daumen.
    »Also los«, sagte Marco.
    Daniel ließ die Kupplung zu
schnell kommen. Die Hinterräder drehten durch, spritzten Dreck zwischen die
Bäume, griffen dann jedoch und ließen den Polizeiwagen mit einem Ruck
beschleunigen. Daniel hielt das Lenkrad gerade, während er die kurze Strecke
weiter Tempo aufnahm.
    Das Tachometer zeigte
achtzehn Stundenkilometer, als die Vorderräder die gesprungenen Fliesen der
Schwimmbadumfassung verließen. Die Hinterräder folgten wenig später. Es folgte
ein kurzer Moment der Schwerelosigkeit, bevor sich die Motorhaube der
Gravitation beugte. Eine verrückte kleine Sekunde war Daniel sicher, dass der
Swimmingpool entgegen jeglicher Vernunft keinen Boden hatte und er im
Streifenwagen fallen und fallen würde, bis er entweder in der Hitze des
Erdkerns schmelzen oder in der Hölle landen würde.
    Doch auch wenn Zeit sich
manchmal zu dehnen schien wie zähes Kaugummi, war eine Sekunde lediglich eine
Sekunde, und auch wenn Ängste durchaus real erscheinen konnten, war das
Fundament des Schwimmbads natürlich noch vorhanden. Und es war hart. Der Boden
war mit einer Mischung aus Schlamm, abgestorbenen Blättern und verwesenden
Tieren, die zum Sterben Abgeschiedenheit gesucht hatten, bedeckt. Trotzdem
platzte der Airbag mit einem

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