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Die Beschleunigung der Angst

Die Beschleunigung der Angst

Titel: Die Beschleunigung der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Acker
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die eine Angel, die der jahrzehntelangen Verwahrlosung so lange
getrotzt hatte, gab auf. Sie knirschte wie die Gelenke eines Roboters in der
Sahara, als sie nachgab. Eine Sekunde darauf knallte ein Türflügel auf den
Boden, wirbelte eine Wolke aus Staub und Dreck auf und blieb liegen.
    Ein Mann stürmte in den
Saal, der ein Zwillingsbruder Keilers hätte sein können. Er hatte ein Kreuz,
hinter dem sich eine Jugendfußballmannschaft hätte verstecken können. Auf
seinem Rücken war ein Rucksack von der Sorte geschnallt, mit denen man Ausflüge
in Regionen weitab der Zivilisation durchführte. Sein Hals musste einen
größeren Umfang haben als Daniels Oberschenkel und doppelt so muskulös sein. Er
trug eine schwarze Anzugshose, die an seinen Beinen spannte, und ein dunkles
Jackett, das er über einen ebenfalls grauen Rollkragenpullover trug. Seine
Sonnebrille hatte er auf die Glatze geschoben.
    Mit einer Maschinenpistole
deutete er hektisch durch den Saal, richtete den Waffenlauf für den Bruchteil
einer Sekunde auf jeden der Anwesenden. Als er sah, dass ihm keine Gefahr
drohte, ließ er die Waffe sinken.
    Daniel hatte sich nie viel
aus Schießeisen gemacht, doch die Schusswaffe, die der Gorilla in den Händen hielt,
war zweifelsfrei eine dieser Mordmaschinen, die in atemberaubender
Geschwindigkeit ganze Magazine verschießen konnten, wenn man sie im
Dauerfeuermodus benutzte.
    Der Bewaffnete nickte in
Richtung Flur. Sekunden später trat ein weiterer Mann in den Raum, gefolgt von
Marco. Der Unterschied zwischen den beiden Männern hätte optisch kaum größer
sein können. Wo Marco groß und schlank war, durchtrainiert und athletisch,
reichte der andere Mann ihm bis zur Brust, und ihn übergewichtig zu nennen,
beschrieb ihn nur unzureichend. Ein mächtiger Bauch hing über dem Gürtel einer
Tuchhose, drohte die Knöpfe vom blütenweißen Hemd und dem Jackett abzusprengen
und als tödliche Geschosse durch den Ballsaal fliegen zu lassen. Trotz tiefster
Nacht trug der Mann eine Sonnenbrille, und seine Haare schienen mit einer
halben Tube Brillantine nach hinten gekämmt worden zu sein. Doch das
Auffallendste an seinem Gesicht waren die Lippen, die Daniel an tote
Regenwürmer denken ließ.
    Auch er blickte in die
Runde, und seine Gesichtszüge nahmen einen Ausdruck an, als würde er sich
ekeln.
    »Hallo Xerxes«, sagte
Yvonne.
    »Hallo Xerxes.« Keiler.
    Der dicke Mann würdigte sie
keiner Antwort.
    »Was soll das hier?«, fragte
er, als er seinen Rundblick beendet und sich an Marco gewandt hatte. Er hatte
eine seltsame Sprachmelodie, überbetonte die Vokale, während er gleichzeitig
die Wortenden nachlässig aussprach oder verschluckte.
    Marco zuckte die Achseln und
streckte die Arme seitlich aus.
    »Ich habe dir ja gesagt,
dass alles nicht so gelaufen ist, wie wir uns das vorgestellt haben.«
    »Das denke ich mir. Wer sind
diese Leute?«
    Während der kleine Mann
sprach, ließ der Schrank mit der Maschinenpistole seinen Blick ständig durch
den Raum gleiten, immer auf der Suche nach einem Angriff oder einer unüberlegten
Bewegung. Daniel traute sich kaum, Luft zu holen, aus Angst davor, sich eine
Salve Patronen in den Oberkörper einzufangen.
    Marco zeigte auf Kurt, der
von seiner Position unter dem Graffiti grimmig in den Raum blickte.
    »Er hier, übrigens ein
Polizist, und der tote Kerl da hinten haben die beiden anderen dort entführt.«
Ein kurzer Wink zu Daniel und Karla. »Anscheinend wollten sie einen Snuff-Film
drehen. Wir haben sie bei den Dreharbeiten gestört und sie festgenommen.
Verdammtes Pech, dass sie sich gerade heute ausgesucht haben.«
    Xerxes nickte. Seine
Regenwurmlippen kräuselten sich zu einem schmalen Lächeln. Er war froh darüber,
dass Xerxes‘ Augen durch eine Sonnenbrille verborgen waren. Er wollte gar nicht
wissen, wie die aussahen.
    »Ein Polizist, ja? Das passt
ja. Scheint ziemlich viel schiefgelaufen zu sein, heute«, sagte er.
    »Nun, wir haben das, was du
wolltest. Wir haben es geschafft«, sagte Marco, eindeutig darauf bedacht,
Xerxes milde zu stimmen. Er zeigte auf die Tasche, die zwischen ihm und Xerxes,
Yvonne, Keiler und dem Bewaffneten auf dem Boden stand.
    Xerxes nickte wieder.
    »Was war los in der Bank?
Der Plan war idiotensicher.«
    Keiler setzte zu einer
Antwort an, doch Marco warf ihm einen Blick zu. Keiler schloss den Mund.
    »Yvonne und ich sind zu den
Schließfächern gegangen, wie wir das besprochen haben. Sie hat mir den
Tresorraum aufgeschlossen und ist im Vorraum

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