Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Beschleunigung der Angst

Die Beschleunigung der Angst

Titel: Die Beschleunigung der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Acker
Vom Netzwerk:
es
dabei.« Marco wirkte, als hätte er sich erst aus großer Tiefe an die Oberfläche
kämpfen müssen. »Hier ist es.«
    Er nahm die Tasche und
stellte sie vor Xerxes. Der Übergewichtige machte jedoch keine Anstalten, die
Tasche zu öffnen. Stattdessen nickte er seinem Bodyguard zu. Der wiederum ließ
sich auf ein Knie nieder, nicht ohne vorher über den Boden zu wischen, um die
Verschmutzung seiner Hose möglichst gering zu halten. Mit einer Hand zog er den
Reißverschluss der Sporttasche auf, während er mit der anderen weiter seine
Waffe hielt. Wenn es eine Möglichkeit für Marco und Yvonne gab, den Bewaffneten
und Xerxes zu überwältigen, dann wäre es jetzt. Doch Daniel wusste schon
vorher, dass es so weit nicht kommen würde. Die Angst, die die beiden
Verbliebenen vor Xerxes hatten, war viel zu groß, um ihn und seine Leibwache
anzugreifen.
    Der Bodyguard zog einen
Behälter von der Größe eines Schuhkartons aus der Tasche und reichte es seinem
Boss. Xerxes nahm ihn an sich. Daniel registrierte, dass die Hände des Mannes
deutlich durchsackten. Offensichtlich war der Inhalt des Behälters schwer.
    Xerxes schob die
Sonnenbrille auf den Kopf. Wie Daniel befürchtet hatte, waren die Augen des
Mannes wirklich unangenehm, allerdings nicht so, wie er es sich ausgemalt
hatte. Xerxes‘ Augen waren groß, so groß, dass Daniel an das Märchen von
Rotkäppchen und dem bösen Wolf denken musste. Es sah aus, als würde etwas von
innen gegen die Augäpfel drücken und sie aus den Höhlen zu quetschen versuchen.
Doch das war nicht alles. Die Augäpfel waren nicht weiß. Sie waren rot, als
hätte Xerxes überreife Tomaten in den Höhlen stecken. Und auf den Tomaten saßen
schwarze, tote Pupillen, die in ihrem Starren nicht furchteinflößender hätten
sein können. Daniel hatte letztes Jahr an einer aggressiven Form von
Bindehautentzündung gelitten und auch seine Augen waren rot und geschwollen
gewesen. Aber er war weit davon entfernt gewesen, so auszusehen wie Xerxes. Der
Mann musste an einer gleichermaßen seltenen wie schlimmen Augenkrankheit
leiden. Auf jeden Fall war es ein Anblick, der selbst gestandenen Männern Albträume
bereiten konnte, dachte Daniel. Er selbst würde welche haben, da war er sicher.
Wenn er jemals wieder würde schlafen können.
    Vorausgesetzt natürlich, er
käme hier lebend raus, und aktuell würde er keinen Cent auf sein und Karlas
Überleben setzen.
    Xerxes hob den Deckel der
Schachtel an und richtete einen roten Blick in das Innere des Behälters. Wäre
das Leben ein Fantasyfilm, oder einer dieser Abenteuerstreifen, in denen
Archäologen auf der Jagd nach Relikten quer durch die Welt reisen, wäre in der
Schachtel etwas gewesen, dass geheimnisvoll geleuchtet und Xerxes‘ Gesicht
mystisch illuminiert hätte. Doch das Leben war eben kein Abenteuerfilm, und so
konnte Daniel aus seiner Position lediglich erkennen, wie sich rote Augen
weiteten und tote Lippen zu einem Lächeln aus dem neunten Kreis der Hölle
verzogen.
    Anscheinend war Xerxes
zufrieden mit dem, was er sah. Er schloss die Schachtel und nickte seinem
Bodyguard zu.
    »Gib ihnen ihren verdienten
Lohn.«
    Keilers Mörder löste die
Schnallen von seinem Rucksack und ließ diesen zu Boden gleiten. Weder Marco
noch Yvonne machten Anstalten, den Backpack an sich zu nehmen.
    »Willst du nicht nachzählen,
Marco?«, fragte Xerxes.
    Marco schüttelte den Kopf.
    »Nein. Ich weiß, dass es auf
den Cent stimmt.«
    Xerxes lachte. Daniel
verursachte der Laut eine Gänsehaut.
    »Natürlich tut es das. Euer
verdienter Lohn. Xerxes begleicht seine Schulden.« Er warf einen roten Blick
durch den Saal. »Immer.«
    Der dicke Mann schnippte mit
den Fingern, worauf der Bodyguard sich in Bewegung setzte und den Raum verließ.
Xerxes folgte ihm. Bevor er jedoch den Flur betrat, drehte er sich zu Marco und
Yvonne um.
    »Ach ja.« Er deutete auf
Daniel und Karla, dann auf Kurt. »Ihr wisst, was ihr zu tun habt. Verscharrt
sie im Wald. Das Risiko ist zu groß.«
    Damit schritt er durch den
Türsturz.

Kapitel 19
     
    Die Schritte im Flur
verklangen. Daniel meinte, eine Autotür schlagen zu hören, dann noch eine.
Niemand im Raum sagte ein Wort. Ein startender Motor, Reifen, die sich über
unebenen Untergrund kämpften und Xerxes und seinen Bodyguard von der Villa
entfernten.
    »Scheiße«, brüllte Yvonne.
»Verdammte Scheiße!«
    Sie griff den ausgebeulten
Rucksack, schwang ihn an den Trägern wie eine verrückt gewordene Diskuswerferin
und ließ ihn

Weitere Kostenlose Bücher