Die Beschleunigung der Angst
freute sich, denn unter dem Knebel zeichnete sich eindeutig
ein Lachen ab.
Daniel sammelte sich. Er
schätzte die Entfernung zur Frau auf zehn Meter. Er sah, dass sie ihre Pistole
neben sich abgelegt hatte. Das war gut. So musste sie erst nach der Waffe
greifen und auf ihn richten, wenn sie ihn bemerkte. Diese Zeitspanne konnte den
Unterschied machen.
Blieb die Frage, ob er sich
anschleichen oder auf sie zurennen sollte. Er entschied sich für die zweite
Option, um den größtmöglichen Überraschungseffekt zu nutzen.
Er holte noch einmal tief
Luft. Dann rannte er los, den Klappspaten hoch über den Kopf erhoben wie ein
Indianer, der zur Inszenierung eines Regentanzes ansetzt.
Die ersten Schritte bekam er
fast geräuschlos hin, und die Hälfte der Entfernung hatte er zurückgelegt, ohne
dass Yvonne Verdacht schöpfte. Doch dann ging alles ganz schnell: Die
desertierte Bankerin drehte den Kopf, gleichzeitig griff sie nach der Waffe. Daniel
rannte weiter auf sie zu. Er sah ihr Gesicht, den Schrecken als sie seines sah
und nicht das ihres Liebhabers. Er sah, wie sich ihre feinen Züge zu Wut, wenn
nicht Hass verzogen, wie sie die Waffe hob und auf ihn richtete.
Dann war er bei ihr, ließ
den Spaten auf ihr Handgelenk niederfahren. Ein Schuss löste sich, und es war
falsch, wenn man behauptete, dass man sich an die Lautstärke gewöhnte. Auch
dieser Knall war so ohrenbetäubend, dass er sich wie von der Außenwelt
abgeschnitten fühlte. Er sah Betonstaub zwischen seinen Beinen aufwirbeln, und
er sah Yvonnes Gesicht, aus dem die Wut gewichen und durch Schmerz ersetzt
worden war. Außerdem sah er ihre Finger, die eben noch die Waffe gehalten
hatten, wie vertrocknete Pflanzen ohne Leben von der Handfläche herabhängen.
Keine Zeit für Mitleid. Er holte wieder aus, legte alles in den nächsten
Schlag, und traf sie seitlich an der Wange. Es gab ein sattes Klatschen,
vergleichbar mit einem perfekten Golfschlag. Der hübsche Kopf der Bankräuberin
wurde zur Seite gerissen und sie spuckte eine Fontäne Blut an die Wand. Sie
ging in die Knie, stützte sich mit der gesunden Hand auf den unheiligen Boden
dieser verruchten Villenruine. Er stand über ihr. Wie gesagt, es war nicht die
Zeit des Mitleids. Er schlug nochmal zu, diesmal auf den Hinterkopf.
Kapitel 25
Yvonne bewegte sich nicht
mehr, Arme und Beine von sich gestreckt, die Haare eine explodierte Sonne um
ihren Kopf. Blutfäden breiteten sich schüchternen Fingern gleich von den
diversen Kopfwunden aus.
Hatte er sie umgebracht? Er
glaubte es nicht, doch sicher war er auch nicht. Er ließ von Yvonne ab und
kniete sich vor Karla, die ihn aus weit aufgerissenen Augen ansah. Diese
schönen Augen, in denen jetzt neben der allgegenwärtigen Furcht doch ein Funken
Hoffnung Einzug gehalten hatte.
Daniel legte ihr beide Hände
auf die Wangen. Karla zuckte zurück, stieß mit dem Kopf gegen die Wand. Diese
Reaktion schmerzte ihn mehr als der Gurt, der sich bei seinem Flug in den
Swimmingpool in seine Rippen gegraben hatte. Trotzdem ließ er sie nicht los.
Sie war total verängstigt. Wer konnte ihr verdenken, dass sie sich selbst vor
ihm fürchtete? Immerhin hatte sie zusehen müssen, wie er eine Frau mit einem
Klappspaten mindestens bewusstlos, wenn nicht sogar totgeschlagen hatte.
»Wir hauen jetzt von hier
ab, okay?«, sagte er so ruhig wie möglich.
Sie starrte durch ihn
hindurch, und sie verriet mit keiner Reaktion, dass sie ihn verstanden hatte.
Doch dann klärten sich ihre Augen und fokussierten ihn. Sie nickte.
»Ich werde dir jetzt die
Fesseln abnehmen, und dann fahren wir im Auto deines On..., in Piets Auto
direkt zur Polizei. Es ist vorbei. Die Guten haben gewonnen.«
Bei den letzten Worten
lächelte er, um ihr ein Echo zu entlocken, doch natürlich konnte er ihren Mund
hinter dem Klebeband nicht erkennen. Trotzdem bezweifelte er, dass sein Lächeln
erwidert wurde. Zumindest deutete nichts darauf hin. Sie nickte wieder, und
wenigstens hörte sie auf, gegen seine Hände anzukämpfen. Entweder hatte er ihr
Vertrauen gewonnen oder sie hatte einfach keine Kraft oder keine Lust mehr. Er
konnte es ihr nicht verdenken.
»Ich werde dir jetzt das
Klebeband vom Mund lösen. Das wird unangenehm, aber ich versuche es, so
schmerzlos wie möglich zu machen. Bist du fertig?«
Nicken.
Daniel atmete durch, löste
eine Ecke des Klebestreifens und mit einem Ruck zog er ihn von Karlas Lippen.
Sie stieß einen spitzen
Schrei aus.
»Danke«, flüsterte sie und
fuhr mit der
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