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Die Beschleunigung der Angst

Die Beschleunigung der Angst

Titel: Die Beschleunigung der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Acker
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Die
Pistole landete im Gebüsch, wobei sie mehrere Zweige in Mitleidenschaft zog und
mindestens ein Tier nötigte, sich einen anderen Unterschlupf für den Rest der
Nacht zu suchen.
    Daniel sah, wie der
Bankräuber die Hände zu Fäusten ballte. Es war gut, dass Marco die Pistole aus
der Hand geglitten war, doch es konnte nicht mehr lange dauern, bis er den
ersten Schock überwunden, die Schmerzen heruntergeschluckt und seinen Geist auf
Angriff umgeschaltet hatte. Verdammt, der Kerl hatte Handflächen so groß wie
Klodeckel. Daniel musste verhindern, dass ihn eine dieser Fäuste traf.
    Er versuchte, das
nagelbewehrte Holzstück aus dem Knie zu ziehen, um nochmals zuschlagen zu
können. Vielleicht ins andere Knie, vielleicht würde er Marco das Ding aber
auch in den Fuß rammen. Doch dazu kam es nicht. Das Brett saß fest, es fühlte
sich sogar an, als würden sich die rostigen Metallstifte noch tiefer in das
knorpelige Gewebe des Kniegelenks graben. Also riss Daniel kräftig an seiner
Waffe, versuchte, Schaden und Schmerzen in größtmöglicher Höhe zuzufügen.
    Was die Schmerzen anging, so
war er auf dem besten Wege, denn Marco schrie nicht mehr. Er brüllte. Daniel
hatte jetzt tatsächlich das Bild eines angeschossenen Braunbären vor Augen, den
er in einer Dokumentation gesehen hatte.
    Das verwundete Knie hielt
Marcos Gewicht nicht mehr stand und knickte weg. Der große Mann klappte
zusammen wie eine Marionette, deren Fäden mit einem Messer gekappt worden
waren, und schlug hart auf den Waldboden. Der Hieb, der Daniel gegolten hatte,
verfehlte ihn um wenige Zentimeter. Daniel spürte den Luftzug, so knapp
verpasste der Schlag seinen Hinterkopf. Er musste schnell reagieren und
aufpassen. Marco mochte lädiert sein, trotzdem würde er nicht viele solcher
Hiebe aushalten.
    Daniel drehte sich um und griff
den Klappspaten, den er auf Marcos Befehl auf den Erdaushub geworfen hatte.
    Marco brüllte immer noch,
wirbelte jedoch im Liegen sein unversehrtes Bein herum und traf Daniels
Fußknöchel. Die Wucht des Tritts brachte ihn aus dem Gleichgewicht. Er wollte
gerade aus dem Gefahrenbereich springen, als Marco abermals zutrat. Ein
hässliches Knacken ertönte und eine Fontäne aus flüssigem Feuer schoss sein
Bein hinauf.
    Eine Pirouette drehend, fiel
auch Daniel auf den Erdboden. Der Aufprall trieb ihm mit einem Keuchen, das
nach schwerer Bronchialerkrankung klang, sämtliche Luft aus den Lungen. Einen
Lidschlag später war Marco über ihm, hob eine Faust, bereit zuzuschlagen.
    Daniel wollte sich
zusammenrollen, sich vor der drohenden Gefahr schützen.
    Alles ging so verflucht
schnell. Eben noch hatte Marco auf dem Boden gelegen und vor Schmerzen
geschrien, jetzt lag er auf Daniel und schickte sich an, ihn mit den Fäusten zu
bearbeiten.
    Daniels Gedanken
überschlugen sich, als würden sie die Treppe hinunterpurzeln. Er hatte Marcos
linkes Knie verletzt und sollte dort weitermachen, wollte er überhaupt nochmal
die Chance haben, das alles hier zu überleben. Marco würde ihn totschlagen,
dessen war er sicher. Er musste dem Glatzkopf nur in die Augen sehen. Mordlust
leuchtete in ihnen, so deutlich, als wäre das Wort mit schwarzem Filzstift auf
die Stirn geschrieben. Der nette Marco war weg, und es war höchst
unwahrscheinlich, dass Daniel ihn jemals wiedersehen würde.
    Daniel ballte seine Hände zu
Fäusten. Er konnte kein kaltes Metall fühlen. Verdammt! Er hatte den
Klappspaten fallenlassen. Das würde allerdings erklären, auf welchen
scharfkantigen Gegenstand er mit seinem Steißbein gefallen war, als Marco ihm
die Beine weggezogen hatte. Es fühlte sich an, als hätte das Metall des Spatens
eine Furche in den Knochen getrieben. Marcos Gewicht auf ihm tat sein Übriges.
    »Du elender Bastard! Wie
gefällt dir das hier?«
    Marco untermalte seine Worte
mit einem Faustschlag, der aus dem Nichts zu kommen schien und in Daniels Kopf
eine gusseiserne Glocke Mitternacht schlagen ließ. Er hob die Hände, um sein
Gesicht zu schützen. Den nächsten Hieb konnte er ein wenig abmildern, trotzdem
erklang in seinem linken Ohr ein heller Piepton, ungleich lauter als noch der
aufdringlichste Radiowecker.
    So konnte es nicht
weitergehen. Marco würde ihn umbringen, klarer Fall. Ein weiterer Schlag ließ
Daniel kurz die Sinne schwinden. Auf einmal schien der Mond an einem
ockerfarbenen Himmel zu stehen. Er leuchtete in grellem Violett, so stark, dass
seine Augen in ihren Höhlen zu verbrennen drohten.
    Dann war der Mond

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