Die Beschleunigung der Angst
der hinteren Schwimmbadwand. Es war nicht zu
erkennen, ob jemand im Wagen saß.
Die drei Männer hatten das
Haus umrundet und standen an einem Ende des Pools.
»Siehst du jemanden?«, hörte
Daniel Xerxes fragen.
Der Leibwächter schüttelte
den Kopf. »Nein.«
Dann streckte Marco den
Finger aus. Er sah zum Fürchten aus. Daniels Spezialbehandlung mit dem Spaten
hatte Marcos Gesicht anschwellen lassen wie einen außer Kontrolle geratenen
Hefeteig. Er blutete aus einem halben Dutzend Wunden.
»Doch, da drin hat sich was
bewegt.«
Xerxes nickte, hob die Hand
und bewegte zwei Finger, so, als ob er einen Drink an der Bar bestellen wollte.
Der Leibwächter trat ein
paar Schritte vor, hob seine Waffe an und feuerte eine Salve in das Dach des
Streifenwagens.
Der Lärm war infernalisch.
Die Schüsse ratterten mit
Hochgeschwindigkeit aus der Maschinenpistole, jeder Einzelne ein Donnerhall,
der die Stille nicht nur zerriss, sondern sie zerfetzte. Ein metallischer Hagel
ging auf das Auto nieder, eine Schneise der Verwüstung in das Dach fräsend.
Karla hielt sich die Ohren
zu und drehte sich vom Fenster weg. Daniel bewegte sich nicht. Er hörte
Querschläger, die aufgrund des ungünstigen Schusswinkels vom Dach abprallten
und mit dem Geräusch eines tollwütigen Insektenschwarms in den Wald stoben, um
ihren Flug in einem Baumstamm zu beenden. Einige Kugeln pulverisierten das
Blaulicht in hunderte Plastiksplitter. Doch die meisten Geschosse fraßen sich
mit unbarmherziger Präzision und wütendem Fauchen durch das Wagendach. Daniel
konnte sich vorstellen, was die Gewehrkugeln im Innenraum des Streifenwagens
anrichteten. Und mit der Person dort drin.
Ein trockenes Klicken zeigte
an, dass das Magazin der Maschinenpistole leer war. Der Leibwächter ließ es mit
einem Ratschen aus dem Munitionsschacht fahren und setzte ein neues ein.
Xerxes legte ihm eine Hand
auf die Schulter.
»Es reicht.«
Einen Moment lang war alles
ruhig, der gesamte Wald schien in Schockstarre gefallen zu sein. Karla hatte
sich mit dem Rücken an die Außenwand gesetzt, ihre Hände auf die Ohren
gedrückt. Das Schauspiel auf dem Hinterhof war für einen Atemzug zum Stillstand
gekommen, so dass Daniel den Blick schweifen ließ. Am Horizont, über den
Baumwipfeln hatte sich ein erster silberner Streifen ins Nachtblau geschlichen.
Der Sonnenaufgang konnte nicht mehr allzu fern sein. Die Sterne hatten an
Intensität verloren, der Mond beleuchtete die Szenerie immer noch, war jedoch
weitergewandert und würde bald untergehen.
Daniel freute sich auf den
neuen Tag. Auch wenn er sich klar darüber war, dass er und Karla nicht gerettet
wären, nur weil die Sonne aufging. Xerxes würde schon dafür sorgen, keine
Zeugen zu hinterlassen.
Ein Klicken riss Daniel aus
seinen Gedanken. Es kam vom Streifenwagen. Xerxes‘ Schoßhündchen legte die
Waffe wieder an, bereit, ein weiteres Magazin in das Polizeiauto zu versenken.
Die Fahrertür des Autos
öffnete sich einen Spalt. Sie schwang auf, und mit ihr fiel ein Körper aus dem
Wagen und schlug mit dem Gesicht voran in den Matsch des Pools. Sein Kopf
schien unversehrt zu sein, doch sein Rücken zierten mindestens zwei
Einschusslöcher. Trotzdem, dass Daniel das Gesicht des Mannes nicht erkennen
konnte, wusste er doch ohne Zweifel, dass es sich bei der Leiche um die des
Polizisten handelte.
Karla tauchte wieder neben
ihm auf. Ihre Gesichtszüge schienen dahinzuschmelzen wie Kerzenwachs, als sie
den zweifellos dahingeschiedenen Kurt mit dem Gesicht nach unten im verdreckten
Pool liegen sah.
»Er wusste nicht, dass das
Funkgerät zerstört wurde«, sagte sie.
»Nein«, sagte Daniel. »Kurt
wusste es nicht. Sonst wäre er geflohen.«
Karla sah in an. Ihre
Mundwinkel zitterten. Der Mond schien durch die Fensteröffnung und ließ ihre
Augen leuchten wie flüssiges Gold. Gleich würden sie überlaufen und Spuren über
ihr Gesicht ziehen. Er trat einen Schritt auf sie zu, nahm sie in den Arm. Sie
vergrub ihr Gesicht in seiner Schulter. Er strich ihr über die Haare, roch ihr
Shampoo und hielt sie fest, während ihr Körper zuckte, als sie zu weinen
begann. Er spürte die Feuchtigkeit durch sein Shirt, streichelte ihren Kopf.
Über sie hinweg beobachtete
er die drei Männer, die auf den toten Polizisten blickten.
Marco, der eine schräge
Körperhaltung angenommen hatte, um sein verwundetes Bein zu entlasten.
Der Leibwächter, ohne jede
menschliche Regung, die Hände an der Schusswaffe, um falls nötig, eine
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