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Die Beschützerin

Die Beschützerin

Titel: Die Beschützerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Kliem
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Vanessa Ott war ich abgelenkt gewesen, aber inzwischen war ich unruhig. Ob er wütend war?
    Auf der Suche nach einem Parkplatz bog ich in meine Straße am Kollwitzplatz ein. Abends war es besonders schwierig, denn außer den Anwohnern parkten hier auch die Gäste der vielen Restaurants und Kneipen. Ein Umzugswagen in der zweiten Reihe versperrte direkt vor meinem Haus die Durchfahrt. Eine ungewöhnliche Tageszeit, um Möbel auszuladen. Laderampe und Haustür standen offen. Vor mir war ein BMW gestrandet, der Fahrer war ausgestiegen und beschimpfte einen etwa zehnjährigen Jungen, der immer wieder auf das Haus hinter sich zeigte. Kurz spielte ich mit dem Gedanken, zu wenden und andersherum um den Platz zu fahren, andererseits konnte es nicht schaden, einen Moment zu warten, ob ein Parkplatz in der Nähe des Hauses frei wurde. Ich stoppte hinter dem BMW und stieg aus.
    Â»Sie bringen das Klavier rauf«, sagte der Junge gerade. Er hatte dunkelbraune Locken. »Aber sie kommen gleich wieder.«
    Â»Und was dann? Dann kommt das Sofa dran? Und dann die Regale? Der Wagen ist voll mit dem Plunder. Das kann ja noch ewig dauern.«
    Â»Vielleicht können Sie irgendwie anders fahren?«, fragte der Junge vorsichtig, in seiner Stimme klang Hoffnung mit.
    Â»Nun werd nicht auch noch frech«, schimpfte der Fahrer.
    Ich ging auf ihn zu. »Das Kind kann doch nichts dafür.«
    Â»Ach so?« Der Fahrer kniff die Augen zusammen. »Sie finden das in Ordnung, mitten auf der Straße zu parken?« Er blickte an mir herunter.
    Â»Ich habe es auch eilig«, sagte ich. »Am besten wende ich, dann können Sie …«
    Â»Also, ich habe alle Zeit der Welt«, sagte er mit einem Grinsen. »Mir geht es nur ums Prinzip. Ich könnte es ja eilig haben.« Er zeigte auf die Möbel auf dem Laster. »Und sehen Sie sich den Schrott doch mal an.«
    Ich erkannte einen Schreibtisch mit zerkratzter Resopalplatte, Holzregale, ein abgenutztes, mit rotem Samt bespanntes Sofa, einen kränklichen Ficus und die üblichen Kartons.
    Â»Aber eine Wohnung am begehrtesten Platz im Prenzlauer Berg muss es sein«, entrüstete er sich weiter.
    Ich beschloss, ihn zu ignorieren. »Sind das deine Eltern, die den Umzug machen?«, fragte ich den Jungen.
    Â»Mein Papa und seine Freunde.«
    Â»Und wie heißt du?«
    Â»Benni.«
    Â»Woher kommt ihr? Aus einer anderen Stadt?«
    Er schüttelte den Kopf. »Aus Prenzlauer Berg.«
    Â»Ich wohne in diesem Haus. Ich heiße Janne.«
    Ein Mann kam aus dem Hauseingang auf uns zu. Er hatte das gleiche braune Haar, das lockig über die Ohren fiel. Er ging auf Benni zu, legte ihm eine Hand auf die Schulter und zog ihn an sich. Es war eine fast beiläufige und doch sehr zärtliche Geste. Ich sah schnell zur Seite, doch der Anblick hatte weh getan.
    Erschreckt und verschwitzt sitze ich im Bett. Der Albtraum ist wiedergekommen, dabei hatte Papa mir doch versprochen, er würde ihn für immer vertreiben. Aber Papa ist nicht da. Ich strecke die Arme nach Mama aus, die in der Zimmertür steht. »Mama … bitte, kannst du noch ein bisschen hierbleiben?« »Sei nicht albern und schlaf.« Die Tür geht zu. Ich bin allein in der Dunkelheit. Allein mit den Fratzen der Toten aus meinem Traum. »Mama«, rufe ich, aber ganz leise. Es nützt nichts, wenn ich weine. Sie wird nicht zurückkommen. Aber ich habe es doch bei meiner Freundin Babette gesehen. Als Babette von der Schaukel gefallen ist und geweint hat, da hat Babettes Mama sie in den Arm genommen und getröstet. Seitdem weiß ich, Mütter tun so etwas.
    Bennis Stimme holte mich zurück in die Gegenwart: »Papa, das ist Janne. Sie wohnt hier.«
    Sein Vater war groß und etwas schlaksig. Ich schätzte ihn auf Mitte oder Ende dreißig. Sein Blick aus warmen, braunen Augen traf mich. »Freut mich, dann sind wir bald Nachbarn. Sebastian Grolmann.«
    Â»Janne Amelung.«
    Benni blickte schüchtern zu dem BMW -Fahrer, der sich vor der Laderampe aufgebaut hatte.
    Â»Der Mann schimpft die ganze Zeit«, flüsterte er seinem Vater zu.
    Â»Hey!«, rief der Fahrer wie aufs Stichwort. »Sie versperren eine öffentliche Straße.«
    Â»Tut mir leid, wir sind gleich weg. Nur noch die paar Sachen hier.« Sebastian Grolmann wirkte ernsthaft zerknirscht. »Meine Halteverbotsschilder hat wohl keiner gesehen. War alles

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