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Die Beschützerin

Die Beschützerin

Titel: Die Beschützerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Kliem
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den Türsteher, er winkte uns durch. Inzwischen hatte ich beschlossen, mich nicht mehr gegen die Wirkung des Alkohols zu wehren. Ich war jetzt viel ruhiger. Mein Kopf fühlte sich angenehm leer an. Noch einen oder zwei Drinks, und ich würde es sogar aushalten, allein in meiner Wohnung zu sein.
    Sebastian kämpfte sich vor bis zur Theke, ich folgte in seinem Fahrwasser. Er bestellte zwei Margaritas. Eine Frau schob mich zur Seite, ich schwankte, hielt mich an Sebastian fest.
    Â»Hier, damit du mir nicht umkippst.« Er bugsierte mich auf einen Stehhocker. Wir versuchten anzustoßen, was mit den breiten Kelchen, über deren Ränder die leuchtend rote, eisige Crème überzulaufen drohte, nicht so einfach war. Es schmeckte herrlich süß und fruchtig. Wir nippten an dem Getränk und betrachteten die Leute um uns herum. Es störte mich nicht, dass es an der Theke immer voller wurde und Sebastian so nah an meinen Hocker gedrängt wurde, dass sich unsere Körper berührten. Ich lehnte den Kopf an seine Schulter und ließ es zu, dass seine Hand unter meinem Haar verschwand und sanft meinen Nacken massierte. Ich genoss es sogar. Die vielen Stimmen um uns herum waren wie ein an- und abschwellendes Rauschen, ab und zu ein Ruf, ein lautes Lachen, wie Schaumkronen auf den Klangwellen, die uns umgaben. Es war so warm hier drin … Sebastians Finger bearbeiteten mit leichtem Druck meine Schultern. Es tat so gut. Auf einmal prallte jemand seitlich gegen mich, ein Ellenbogen bohrte sich in meine Seite. Ich öffnete die Augen. Im Gedränge hatte ein junger Typ das Gleichgewicht verloren und war gegen mich gekippt. Er entschuldigte sich auf Englisch mit einem Schwall von Worten. Er kam mir nah mit seinem Gesicht. Ich roch seinen Atem und wich zurück. Hier drinnen gab es kaum noch Sauerstoff! Wo war Sebastian? Doch da stand er, streckte die Hand zu mir aus, den jungen Typ noch zwischen uns. Ich blickte zur Tür. Wieso wurden immer noch mehr Leute hereingelassen, obwohl der Raum längst überfüllt war?
    Da sah ich plötzlich sein schwarzes Haar, das Profil mit der markanten Nase. Ich sah ihn, weil er die meisten anderen um einen halben Kopf überragte. Er befand sich in der Nähe des Eingangs und versuchte, sich zum Tresen durchzukämpfen. Gregor.
    Sebastian war es gelungen, sich an dem Engländer vorbeizudrängeln, und presste nun seinen schweißfeuchten Oberkörper von hinten gegen meinen Rücken. Seine Hand lag plötzlich auf meiner Taille. Wenn Gregor uns sah … Aus meiner Beklemmung wurde Panik. »Ich muss raus hier. Ich krieg keine Luft mehr.«
    Er blickte mich erstaunt an.
    Â»Sebastian, bitte, ich …«
    Â»Hey, ruhig. Atme ganz ruhig.«
    Der Druck auf meiner Lunge ließ nach, und für einen Augenblick lehnte ich an Sebastians Brust.
    Â»Komm, ich bringe dich hier raus.«
    Ich glitt von dem Hocker, fühlte mich sicher gehalten von Sebastians Armen oder vielleicht auch von fremden Händen, die mich davor bewahrten zu stolpern. Ich sah nichts um mich herum. Mein Blick war fixiert auf den schwarzen Haarschopf, auf Gregor, der schon nah am Tresen stand. Weit weg vom Eingang. Wenn es mir schnell gelang, nach draußen zu kommen, würde er mich nicht sehen. Er drehte sich um, und ein Lächeln glitt über sein Gesicht. Er hob die freie Hand und winkte jemandem zu. Er rief etwas. Bei dem Lärm war nichts zu verstehen, es war, als forme sein Mund lautlose Silben. Ich folgte seinem Blick. Da war Vanessa Ott.
    Sie stand nicht weit von Gregor entfernt, ins Haar gebunden trug sie ein türkisfarbenes Tuch.
    Sebastian kämpfte sich vor mir durch die Menge, schob Leute zur Seite, als würde er ein Meer teilen. Er bemerkte nicht, dass ich zurückblieb. Mein Gehirn arbeitete auf Hochtouren. Gregor und Vanessa Ott in der Cocktailbar? Sie kannten sich doch gar nicht. Wie ein Blitz schob sich ein Bild in meinen Kopf: Vanessa Ott am Tisch mir gegenüber, ihre Finger spielten mit dem Wasserglas. »Ein echter Handwerker? Ich finde ja Männer attraktiv, die praktisch veranlagt sind.« Gregors Name war damals gefallen. Konnte es sein, dass sie sich ihn eingeprägt hatte? Dass sie Kontakt zu ihm aufgenommen hatte?
    Ich duckte mich hinter einen breitschultrigen Mann und hoffte, dass sie mich nicht sah. Ich musste nur Zeit gewinnen. Bestimmt würde sie versuchen, zu Gregor an den Tresen zu gelangen. Doch stattdessen bewegte

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