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Die Beschützerin

Die Beschützerin

Titel: Die Beschützerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Kliem
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sich Gregor, ein Glas Wein auf Kopfhöhe balancierend, auf Vanessa zu. Sie warf ihre Haare in den Nacken. Nun war er dort. Vanessa zeigte auf den Wein, und Gregor reichte ihr das Glas. Sie redeten.
    Vor meinen Augen tanzten Punkte, hell wie kleine Flammen. Dahinter wurde alles schwarz. Ich fiel. Da war etwas, das mich hielt. Ich öffnete die Augen. Nah vor mir schwebte Sebastians Gesicht.
    Â»Janne!« Sebastian legte den Arm um mich. Der Türsteher war auf uns aufmerksam geworden und bewegte seinen massigen Körper auf uns zu. »Platz!«, rief er. Vor ihm wichen die Leute zurück, bildeten eine Gasse, ließen uns passieren. Natürlich erregten wir Aufsehen. Ich steckte noch immer in einem dunklen Nebel, sah alles nur verschwommen. Mittendrin auf einmal Gregors lächelndes Gesicht, das wieder verschwand wie der Mond hinter einer Wolke. Das Lächeln galt nicht mir. Ich drehte mich um, sah ein schmales Gesicht und dunkles Haar, einen korallenrot geschminkten Mund. Schnell wandte sie den Blick ab, als würden wir uns nicht kennen.
    Sebastian schob mich weiter zum Ausgang. Der Türsteher telefonierte, während er uns die Tür aufhielt, und schon standen wir auf der Straße, neben der Schlange von Leuten, die darauf warteten, eingelassen zu werden. Hier draußen war es kalt und dunkel.
    Â»Geht’s wieder? Du siehst schrecklich aus. Du brauchst frische Luft.« Sebastian hielt mich noch immer fest.
    Ich konzentrierte mich darauf, gleichmäßig ein- und auszuatmen. Der Nebel verschwand.
    Ein Taxi fuhr vor, Sebastian öffnete die hintere Tür und schob mich hinein. Ich lehnte meinen Kopf an das Fenster, das Glas war angenehm kühl. Er hielt meine Hand. Ab und zu drückte er sie. Ich war froh, dass er mich ansonsten in Ruhe ließ. Er plauderte mit dem Fahrer. Ich hörte nicht zu. In meinem Kopf tobten zwei Namen im immer gleichen Rhythmus: Vanessa, Gregor. Vanessa, Gregor. Irgendwann hielt das Taxi vor unserem Haus. Ich ließ mich von Sebastian durchs Treppenhaus nach oben führen. Er nahm mir meinen Schlüssel aus der Hand und schloss für mich auf. Dann sah er mich besorgt an und strich mir eine Haarsträhne aus der Stirn. »Du bist ganz schön durch den Wind, was?«
    Â»Ich will nur noch ins Bett.«
    Â»Kommst du allein klar?«
    Ich nickte. Ich ging in meinen Wohnungsflur, schloss die Tür und erstarrte. Von der Straße aus hatten meine Fenster dunkel ausgesehen. Nun brannte im Wohnzimmer Licht. Ein merkwürdiger, süßlicher Geruch lag in der Luft. Ich machte ein paar Schritte, und die Angst schlug über mir zusammen wie eine Flutwelle. Mitten im Zimmer auf dem Boden stand die Aloe. Das, was von ihr übrig war. Jemand musste eine ungeheure Wut an ihr abreagiert haben, sie sah aus, als wäre sie einem Massaker zum Opfer gefallen. Einige ihrer ausladenden, fleischigen Blätter waren abgerissen worden, die restlichen waren zerhackt und zerschnitten. In den mittleren Spross war ein Messer gerammt. Weißlicher, zähflüssiger Saft lief aus den Wunden und sickerte auf den roten Sisalteppich.

10
    Ich wollte mich verstecken, mich in der Dunkelheit verkriechen. Es war zu hell und zu warm hier. Ich versuchte, mich zu strecken, doch meine Beine stießen gegen ein Hindernis. Ich blinzelte gegen das Helle an. Es war Sonnenlicht, das mir ins Gesicht schien. Ich hörte Stimmen in einem anderen Raum und schlug die Augen auf. Mein Kopf schmerzte.
    Ich lag auf Ullas Sofa. Ich war in Sicherheit.
    Langsam richtete ich mich auf, stellte die Beine auf den Boden. Ich trug ein fremdes Nachthemd. Die Erinnerung an den gestrigen Abend traf mich wie ein Schlag in den Magen. Vanessa und Gregor. Die zerstörte Pflanze. Ulla. Sie war gekommen und hatte mich abgeholt.
    Ulla saß in der Küche mit Tom an dem winzigen Tisch beim Frühstück. Er war halb hinter einer Zeitung verborgen. Es roch nach geröstetem Toast.
    Â»Janne!« Ulla stand auf. »Wie geht es dir?«
    Â»Frag mich nach dem ersten Kaffee«, murmelte ich, und meine Stimme klang dünn und kratzig. Sie drückte mich auf den frei gewordenen Stuhl, stellte eine Tasse vor mich und goss ein. Tom sah mich mitfühlend an, dann auf die Uhr. »Mist, ich muss los.«
    Er küsste Ulla im Vorbeigehen auf den Mund.
    Â»Tom, ist es wirklich okay, wenn du allein hingehst?«
    Er drehte sich in der Tür noch mal um. »Ich kriege das hin. Du bekommst einen genauen

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