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Die Beschützerin

Die Beschützerin

Titel: Die Beschützerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Kliem
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Sebastian eine Flasche Wein bestellte, begann ich mir Sorgen zu machen, wie ich die nächste Stunde überstehen sollte. Ich bestellte mir einen Kaffee und nahm mir vor, an dem Wein nur zu nippen. Vielleicht besserte sich mein Zustand auch, sobald ich etwas zu essen bekam. Erst nach einigen Momenten bemerkte ich, dass Sebastian verstummt war und mich nur noch ansah. »Was ist?«, fragte ich irritiert.
    Â»Ich quatsche dich voll mit meinen Musikgeschichten. Tut mir leid. Du wolltest mit mir reden.«
    Ich nahm nun doch einen größeren Schluck Wein.
    Â»Nur eines noch, wegen gestern Nacht …«, fuhr er fort. »Elena ist seit zwei Jahren in der Band. Sie ist toll. Sie sieht fantastisch aus. Wir nennen sie unseren kleinen Feldwebel.«
    Â»Ja, sie hat euch gut im Griff, das ist mir auch aufgefallen.«
    Â»Wir hatten gleich am Anfang eine heftige Affäre. Na ja, das hat sich schnell geklärt. Es geht nicht gut mit uns beiden. Aber da wir beide solo sind und manchmal ein paar Streicheleinheiten brauchen …«
    Ich sah ihn an. »Jemand hat unsere E-Mails manipuliert und an meinen Freund weitergeleitet.«
    Seine braunen Augen weiteten sich. »Wie meinst du das?«
    Â»Der Text war umformuliert. Es las sich, als hätten wir eine Affäre. Ich will mehr. Ich kann es kaum erwarten. So was in der Richtung.«
    Er wirkte schockiert. »Im Ernst? Und dein Freund hat das gelesen?«
    Ich nickte.
    Â»Und jetzt?«
    Â»Jetzt glaubt er, ich würde ihn mit dir betrügen.«
    Â»Aber wer macht denn so was?« Wenn Sebastians Fassungslosigkeit gespielt war, dann hatte er den Beruf verfehlt.
    Â»Jemand hat auch einen Schlüssel zu meiner Wohnung und hat sich darin aufgehalten, während ich am Wochenende verreist war.«
    Unsere Blicke trafen sich.
    Â»Warum willst du mit mir reden? Du glaubst doch nicht etwa, ich …«
    Â»Ich weiß nicht, was ich glauben soll. Seitdem ich auf deinem Konzert war, geht alles schief in meinem Leben. Mein Chef versucht mich fertigzumachen. Mein größtes Projekt wurde auf eine Sparversion zusammengestrichen. Meine Kollegen reden nicht mehr mit mir. Meine Beziehung geht vor die Hunde …«
    Sebastians Hand bewegte sich auf dem Tisch in meine Richtung. »Janne, das tut mir so leid …«
    Ich wollte nichts sehnlicher, als endlich die Wahrheit erfahren, doch ich ahnte bereits, dass ich sie hier nicht finden würde.
    Sebastian zog seine Hand vorsichtig zurück, wie um mich nicht noch wütender zu machen. »Kannst du mir erzählen, was genau passiert ist?«
    In mir wehrte sich alles dagegen, ihn zu meinem Vertrauten zu machen. War es klug, ihm alle möglichen Informationen über mich zu geben? Wer war er? Was hatte er vor? Ich musste vorsichtig sein. Durfte keinem Menschen mehr trauen.
    Ich kannte mich selbst nicht wieder. Ich fühlte mich, als wäre meine Haut durchsichtig. Was darunter lag, war verwundbar und sichtbar für jeden.
    Sebastian rutschte auf seinem Stuhl herum. Trank. Wartete ab. Er drängte mich nicht zu reden. Vielleicht war es seine eigene massive Ratlosigkeit, wie er mit der Situation umgehen sollte, die mein Misstrauen besiegte.
    Je mehr ich redete, desto erleichterter fühlte ich mich. Sebastian war ein guter Zuhörer, bewies durch kleine Zwischenfragen, dass er mitdachte. Er orderte neuen Wein und sorgte dafür, dass mein Glas nicht leer wurde.
    Irgendwann hatte er seine Hand über meine gelegt. Ich fand es in Ordnung. Die Hand gab Wärme ab, die sich gut anfühlte. Nach dem Essen, gegen das mein Magen rebellierte, von dem ich aber dank Sebastians Hartnäckigkeit die Hälfte schaffte, nahmen wir ein Taxi nach Hause. Wir standen vor unserem Haus. Ich blickte nach oben zu den Fenstern. Alles war dunkel. Meine Balkontür war geschlossen. Trotzdem kam die Angst zurück. Ich stellte mir vor, wie ich das Licht einschaltete, jeden Raum inspizierte, in den Kleiderschrank sah. Würde ich neue Spuren entdecken? Ich wusste nicht, wovor ich mich mehr fürchtete: vor Beweisen oder vor der Möglichkeit, dass ich mir alles nur einbildete. Denn das bedeutete, dass ich langsam durchdrehte. Aber nein. Das konnte nicht sein. Meine Blumen waren gegossen worden.
    Â»Ich … will nicht nach Hause. Lass uns noch etwas trinken gehen, okay?«
    Sebastian sah mich erstaunt an. »Klar. Wohin?«
    Vor der Cocktailbar stand eine Schlange von Menschen, doch Sebastian kannte

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