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Die Beschützerin

Die Beschützerin

Titel: Die Beschützerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Kliem
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Papiertaschentücher, tränkte sie mit kaltem Wasser, drückte sie aus und reichte sie mir. »Hier, legen Sie die auf Ihre Stirn.« Als ich sie nicht nahm, tat sie es. Die Kühle war angenehm.
    Â»Sie behaupten, jemand habe die Zahlen gefälscht«, sagte sie langsam. »Das wäre ein starkes Stück. Dann will Sie jemand fertigmachen. Mir fällt schon länger auf, dass von Hirten auffällig viel Spaß daran hat, Sie bloßzustellen.« Sie betrachtete sich im Spiegel und schüttelte das künstlich verlängerte Haar. »Ich kann Sie so gut verstehen. Das war eine schreckliche Situation. Und was für ein Pech, dass Dr. Eichstätt ausgerechnet bei diesem Termin dabei war. Er hat nun einen ganz falschen Eindruck von Ihnen. Erst die Präsentation und nun so etwas. Er hasst jede Art von Vetternwirtschaft.«
    Verlogenes Biest. Sie war diejenige, die dafür gesorgt hatte, dass Eichstätt dabei gewesen war. Nun hob sie abwehrend die Hand. »Zum Glück konnte ich noch kurz mit ihm sprechen. Ich habe ihm gesagt, dass ich Sie für absolut integer halte. Dass da irgendein Missverständnis vorliegen muss. Was glauben Sie …?« Sie senkte die Stimme. »Steckt von Hirten dahinter, oder halten Sie es für denkbar, dass Ihre Assistentin Ihnen schaden will? Könnte sie … das Budget manipuliert haben?«
    Â»Ich habe die Datei direkt an von Hirten gemailt, ohne Michaela Meiffert ins cc zu setzen.«
    Â»Aber warum? Sie ist doch ihre persönliche Assistentin für den Smiling Kids Day?«
    Ich wollte Vanessa Ott nichts von meinem Streit mit Michaela sagen.
    Sie lächelte wissend. »Sie trauen ihr nicht mehr. Das halte ich für klug. Trauen Sie niemandem. Ich kriege heraus, wer dahintersteckt. Und demjenigen wird das nicht gut bekommen.« Sie blickte meinem Spiegelbild in die Augen. »Es fühlt sich vielleicht gerade nicht so an, aber Sie sind nicht allein, Frau Amelung.«
    Nicht allein … Der Gedanke ließ mich frösteln. War sie mir bis nach Boltenhagen gefolgt? Was wollte sie von mir?
    Â»Sie sehen furchtbar aus«, sagte sie sanft. »Sie sollten sich hinlegen, bis Sie wieder fit sind. Mein nächstes Meeting ist erst um zwei. Ich fahre Sie nach Hause.«
    Ich trat einen Schritt zurück. »Nein. Das ist nicht nötig. Mir geht es besser. Ich kann weiterarbeiten.«
    Â»Sehen Sie sich an. Sie sind krank.« Vanessa Ott schüttelte den Kopf. »Machen Sie sich über Ihr Projekt nicht so viele Sorgen. Von Hirten kann keine Entscheidungen treffen, die ich nicht mitbekomme. Ich passe auf ihn auf. Wenn Sie sich erholt haben, kommen Sie zurück und übernehmen Ihr Projekt wieder.«
    Ich schüttelte den Kopf, holte tief Luft. »Danke, aber ich fühle mich wirklich besser. Ich bleibe im Sender und mache weiter mit meiner Arbeit.«
    Sie streckte den Rücken durch, rückte ein Stück von mir ab. »Das ist natürlich Ihre Entscheidung.«
    Alle Besorgnis und Wärme war aus ihrem Blick verschwunden. Sie drehte sich um und ging hinaus.
    Ich fühlte einen letzten Rest an Kraft in mir. Vielleicht war es der pure Überlebenswille.
    Die Übelkeit hatte nachgelassen, und ich wusste, dass ich dringend etwas essen musste. Doch ein Anruf war noch dringender. Ich lief zurück in mein Büro und erreichte Sebastian auf dem Handy.
    Â»Janne! Wie schön, dass du dich meldest. Können wir uns sehen?«
    Â»Das wollte ich vorschlagen«, gab ich zurück.
    Â»Komm doch zu mir, wenn du Feierabend hast.«
    Â»Nein, besser wäre …« Ich wollte ihn auf neutralem Boden treffen. Nicht auf seinem Samtsofa, wo er versucht hatte, mich zu küssen. Und wo er letzte Nacht mit Elena geschlafen hatte. Und erst recht nicht wollte ich ihn in meiner Wohnung haben.
    Â»Kannst du mich abholen? Hier am Sender?«
    Â»Ja, klar. Darf ich dich vielleicht zum Essen einladen?«
    Â»Gut, von mir aus.«
    Er zögerte. »Du hörst dich so komisch an. Was ist los?«
    Â»Das möchte ich nicht am Telefon besprechen.«
    Â»Wie du willst. Na, ich hoffe, ich kann dich ein bisschen aufheitern.«
    Â»Um neun, okay? Früher komme ich hier nicht raus«, sagte ich.
    Â»Super«, sagte Sebastian. »Ich freu mich sehr.«
    Ich lief bis zum Bäcker zwei Straßen weiter, aß auf dem Rückweg ein belegtes Brötchen und machte mir in der Küche einen Kräutertee. Dann setzte ich

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