Die Beschützerin
gegangen. »Wo bist du, Janne? Noch bei mir?«
»Ja, hier ist alles in Ordnung.« Ich fragte sie, was es mit dem Namen Hunzicker auf sich habe.
»Christian Hunzicker war der Verlobte von dieser Toten aus Hamburg. Wieso fragst du?«
»Ich hatte mich gewundert, warum er in den Artikeln über die Tote nirgendwo zitiert wurde. Du hast etwas über Karsten und ein Interview notiert, aber das kann ich im Internet nicht finden.«
»Es ist nie veröffentlicht worden. Warum, weià ich nicht. Ich wollte Karsten noch mal anrufen, bin aber noch nicht dazu gekommen. Warte mal kurz â¦Â«, ich hörte undeutlich, wie sie mit jemandem sprach, dann meldete sie sich wieder. »Janne? Tom sagt gerade, hier geht es erst in zwei Stunden weiter. Ich fahre jetzt mit ihm in die Redaktion. Ich schaue mal, was ich über die Hunzicker-Sache rausbekomme, okay?« Ich dankte ihr, und wir legten auf.
Sie meldete sich nach einer Dreiviertelstunde, die ich damit zugebracht hatte, Ullas CD s alphabetisch zu sortieren. Sie würde mich umbringen, aber ich musste mich mit irgendetwas beschäftigen, das mich von den Endlosschleifen in meinem Kopf ablenkte.
»Das war ein Volltreffer«, meinte sie. »Das Interview mit Hunzicker enthielt brisantes Material. Hunzicker hat eine Unternehmensberaterin, mit der seine Verlobte zu tun hatte, beschuldigt, sie umgebracht zu haben. Er hat Karsten den Namen nicht genannt, aber es kommt nur Vanessa Ott infrage, denn sie war damals die einzige Frau im Team.«
»Aber du hast doch gesagt, die Kripo ging von einem Selbstmord aus?«
»Genau. Entscheidendes Indiz war ebendieser Abschiedsbrief. Ein Schriftexperte hat die Handschrift eindeutig Katharina Schilling zugeordnet. Für Karsten klang Hunzickers Version trotzdem plausibel, er hat ihm geglaubt. Aber er durfte nichts veröffentlichen. Veto der Redaktionsleitung.« Sie holte Luft. »Karsten sagt, Bloomsdale habe diesem Hunzicker nach der Einstellung der Ermittlungen per einstweiliger Verfügung verboten, weiterhin Vanessa Ott zu beschuldigen. Und Karsten glaubt, die haben auch die Veröffentlichung des Interviews verhindert. Hunzicker ist in der Redaktion aufgetaucht und hat Karsten beschimpft. Die Wahrheit müsse ans Licht kommen, und Karsten dürfe nicht den Schwanz einziehen. Aber Karsten waren die Hände gebunden. Danach hat er nichts mehr von Hunzicker gehört.«
»Warum ist er auf einmal bereit, dir das alles zu erzählen?«
Ulla zögerte.
»Ulla?«
Sie atmete hörbar ein und aus. »Er wollte im Gegenzug Informationen von mir.«
»Ãber mich und Vanessa Ott. Verdammt, was hast du ihm erzählt? Was hat er jetzt vor?«
»Janne, er will beweisen, dass der Abschiedsbrief gefälscht war. Dass Vanessa Katharina Schilling über die Brüstung gestoÃen hat. Lass ihn nur wühlen. Für dich kann das nicht von Nachteil sein.«
»Das ist nicht dein Ernst. Wenn er irgendwas Aktuelles über Vanessa Ott veröffentlicht und sie rausbekommt, dass er Informationen von mir erhalten hat, kann ich bei Alfa.Sat einpacken. Sie sorgt dafür, dass ich rausfliege. Sofort.«
»Janne, ich glaube nicht â¦Â«
»Wie heiÃt Karsten mit Nachnamen?«, unterbrach ich sie.
»Klingbeil.«
Ich googelte im Netz Bilder von Karsten Klingbeil. Es war der Mann, den ich abends mit Vanessa Ott auf dem Flur bei Alfa.Sat gesehen hatte. Der Fremde mit dem blauen, zerknitterten Jackett, der Vanessa Ott gedroht hatte.
»Janne, bist du noch dran? Es hat keinen Zweck, jetzt hysterisch zu werden. Lass uns nachher über alles reden, wenn ich zurück bin. Okay?«
»Hat Karsten dir noch mehr Details über den Inhalt des Interviews erzählt?«
»Es ging unter anderem darum, was in dem Abschiedsbrief stand. Katharina Schilling fühlte sich offenbar von allen Menschen, die ihr nahestanden, im Stich gelassen. Auf der Arbeit war sie Opfer von Mobbing und Intrigen geworden. Sie hat sehr unter dem Zerwürfnis mit den Kollegen gelitten. Was sie geschrieben hatte, hörte sich wohl recht wirr und paranoid an. Sie fühlte sich von allen und jedem verfolgt. Der gröÃte Schock und Vertrauensverlust für sie war aber offenbar, dass Hunzicker sie betrogen haben soll.« Ulla räusperte sich. »Der Abschiedsbrief war für ihn recht gefährlich, weil er durch den Inhalt für die Kripo zum Verdächtigen wurde, aber an seinem
Weitere Kostenlose Bücher