Die beste Lage: Roman (German Edition)
Dell’Arco ausgebrochen war, der, um sich vom bösen Blick zu befreien, am Ende seines Lebens seine Besitzungen verkaufen wollte, inklusive allem, was sie seit der Entdeckung des Methans wert waren, und zwar ausgerechnet an sie, die Bauern, denen er niemals auch nur ein Krümelchen seines Bodens überlassen hätte, und um das zu tun, hatte er sich ausgerechnet an Carmine Addario gewandt, die Person, die er wie niemanden sonst auf der Welt hasste, diesen Judas, wie er jedes Mal drohend geflüstert hatte, wenn er ihm auf den zugigen Dorfstraßen begegnet war. Als Addario nun zum x-ten Mal darüber nachsann und nachdem er eine halbe Nacht zur krakeelenden Menge darüber gesprochen hatte, kam ihm die Angelegenheit wieder genauso unglaubwürdig vor wie in dem Moment, da Donna Cesidia sie ihm vorgetragen hatte. War es wirklich möglich, dass jemand eine offenkundig unerschöpfliche Quelle des Reichtums loswerden wollte, nur um den Befehl einer alten sabbernden Hexe auszuführen? Ausgerechnet einer wie Michelantonio! Und dann war da noch dieses Grinsen, das er beim Weggehen auf seinem Gesicht gesehen hatte … Nein, an dieser Sache war irgendetwas faul.
Die Chance eines Lebens
Nachdem Addario mit aller Kraft einen seiner schweren Stiefel aus sowjetischer Produktion auf die arme Maus geschleudert und diese mit einem fürchterlichen Quieken ihr Leben ausgehaucht hatte, sprang er mit dem gleichen Ungestüm aus dem Bett, entschlossen, der Angelegenheit auf den Grund zu gehen. Den ganzen Morgen verbrachte er in der als Telefonstation dienenden Werkstatt der Schneiderin, eingeschlossen in der Fernsprechkabine, die nach Singer-Nähmaschinenöl roch, bis es ihm endlich gelang, mit einem Genossen einer Ortsgruppe von Ravenna zu sprechen, was nicht weit weg lag von dem Gebiet, in dem Mattei die anderen Methanvorkommen entdeckt hatte, die bereits einen Großteil der Industrie in der Poebene mit Energie belieferten, und sofort begriff Carmine Addario, dass er den richtigen Riecher gehabt hatte und die nun schon jahrelang erwartete Chance, seine armselige Existenz abzuschütteln, endlich gekommen war. Noch am selben Vormittag meldete er sich bei Donna Cesidia, der Dörrfeige, und erklärte, Neuigkeiten zu haben, die er unbedingt ihrem Mann persönlich überbringen müsse.
»Aber Michelantonio ist seit zwei Tagen nicht mehr recht zu sich gekommen«, sagte sie und schüttelte traurig den Kopf.
»Ihr werdet sehen, dass er sich schnell erholen wird, wenn er hört, was ich ihm zu berichten habe«, antwortete Addario selbstsicher.
Worauf ihn die Frau – immer noch die alte Dörrfeige, aber jetzt doch voller Hoffnung – durch die großen Räume führte und, am Katafalk ihres Gatten angelangt, in stiller Erwartung des Wunders harrte, das, unglaublich, aber wahr, auch eintrat.
Carmine Addario brauchte tatsächlich nur wenige Worte auszusprechen – »Das Geschäft kann getätigt werden. Auch wenn Italien, wie du nur zu gut weißt, nicht Texas ist« –, und schon belebte sich der Sterbende und erhob sich viel flotter, als Lazarus aus seinem Grab gestiegen war, von seinem Lager, um sich, nachdem er seine verdatterte Gemahlin fortgejagt hatte, dem widmen zu können, was, wie ihm von Anfang an klar gewesen war, der wirkliche Schwachpunkt seines Plans war, nämlich Carmine Addario. Der war einfach zu schlau, um die Sache anstandslos zu schlucken. Doch zu Michelantonios Glück war er auch und vor allem ein Judas.
Sicher, sein Schweigen zu erkaufen, kostete etwas mehr als dreißig Silberlinge, aber am Ende war die Summe doch nicht viel höher als der Anteil, den jeder Makler verlangt hätte, um den Verkauf einer Besitzung von diesen Ausmaßen zu tätigen – wäre da nicht die kleine Besonderheit gewesen, dass jene Ländereien inzwischen praktisch keinen Pfifferling mehr wert waren. Dennoch verlangte Michelantonio, bevor er Addario das Geld hinblätterte, die Wahrheit über Ernesto zu hören, und so erfuhr er zumindest, wie sein armer Vetter gestorben war und dass er leider recht behalten hatte mit der Warnung, die er vor mittlerweile dreißig Jahren ihm gegenüber ausgesprochen hatte
Karambolage
Als Addario am Nachmittag in den Saal zurückkehrte und den versammelten Tagelöhnern mitteilen konnte, dass er Michelantonio Dell’Arco den versprochenen Rabatt abgerungen hatte, wurde er wie ein Held gefeiert.
Die Idee mit dem Rabatt war eine weitere List gewesen, um diese Unglücklichen davon zu überzeugen, sich in das Unternehmen zu
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