Die beste Lage: Roman (German Edition)
gesehen.«
›Als du es vorhergesehen hast, du Trottel‹, dachte Dell’Arco, der immer nervöser wurde.
»Mach di w keine So w gen, mein Liebe w . Es ist alles in O w dnung, ich sag’s di w doch: Es gibt einen Tisch, de w nicht e w a w ten kann, dich in Empfang zu nehmen … Wi w sind doch alle F w eunde, zum Donnerwetter auch!«
Ja, er hatte tatsächlich »Donnerwetter« gesagt und zweimal vergessen, das »R« angemessen anzuschleifen. Und das gewährte Einblick in seine Grundfalschheit, dieselbe, mit der er eine Situation für problemlos erklärte, die es überhaupt nicht war, wie sofort klar wurde, als sich der Fettwanst in total black an den erstbesten Tisch mit zwei freien Plätzen wandte und, den ahnungslosen Graziantonio am Arm nehmend, mit seinem dümmlichen Lächeln die fatale Frage ausstieß: »Ih w habt doch nichts dagegen, wenn ich diese F w eunde zu euch setze?« Worauf er die fatale Antwort erhielt: »Und ob wir etwas dagegen haben!« Pause. »Wir haben so viel dagegen, dass wir sie nicht hier haben wollen.« Und das war die Antwort gewesen, die das Leben unseres »armen« Tycoons in den Grundfesten erschüttert hatte.
Eine besondere Stimme
Graziantonio hatte nicht rechtzeitig gesehen, an wen sich die Halbtunte gewandt hatte, aber beim Klang der Stimme, die trotz der schrecklichen Botschaft, die sie ausgesprochen hatte, gleichmäßig sanft blieb, hatte er sofort das Gefühl, ihren Besitzer zu kennen.
Nachdem die Worte nach ihrem kurzen Weg durch den Raum, der ihn von demjenigen trennte, der sie ausgestoßen hatte, vollständig bei ihm angekommen waren, brutal wie der Hammerschlag des Schlachters auf die Stirn eines Kalbs, der ihm für einen Moment die Sicht vernebelte, sah Graziantonio wieder klar und erkannte, dass er sich leider nicht geirrt hatte. Er kam sich mehr als beschissen vor, denn die reine Wahrheit ist, dass man zwar einen Haufen Geld haben, im Hotel Hassler logieren, sich von einer blonden Hochglanzmagazingöttin begleiten lassen, sich in Paris von Olga Berluti Schuhe für die Füße der ganz wenigen Privilegierten von Hand anfertigen und in der Savile Row elegante Kleider maßschneidern lassen und dazu Hunderttausende von Euro teure Uhren mit allen Schikanen tragen kann, sich aber trotzdem, wenn einer wie Yarno Cantini del Canto degli Angeli einen fixiert – und er fixierte ihn mit der größtmöglichen Unverschämtheit, und das, nachdem er ihn folgenlos angepöbelt hatte –, einfach beschissen fühlen muss, eben so, wie sich Graziantonio in jenem Augenblick fühlte, und zwar ohne dass dabei Abstammung oder Vermögen des betreffenden Gegenspielers entscheidend gewesen wären, obwohl sie sicherlich von großer Bedeutung waren.
Hätte es Graziantonio wirklich nur mit dem Abkömmling einer Familie aus toskanischem Uradel – über einige Seitenlinien sogar mit den englischen Royals und den Bourbonen von Frankreich verwandt – zu tun gehabt, mit dem kultivierten Mann von Welt, um den sich die Salons rissen, dem abenteuerlustigen Reisenden, der im Alleingang den Ozean zu überqueren imstande war, dem passionierten Sammler von Inkunabeln und abgetretenen kasachischen Teppichen, schließlich dem geschickten Vermarkter der Weine, die von seiner Familie seit über sechshundert Jahren in ihrem großen Weingut in der Toskana produziert wurden, international aber noch wenig bekannt waren und nun auf seinen Reisen um die Welt mit den berühmtesten französischen Weinen in Konkurrenz traten und diese natürlich ausbremsten: Wenn Yarno also »nur« das alles gewesen wäre, hätte sich Graziantonio gewiss nicht einschüchtern lassen – in seinen widrigen Jahren hatte er noch fürchterlicheren Dingen getrotzt. Niemals jedoch hatte er es mit jemandem zu tun gehabt, der dermaßen cool war.
Very, very cool
Der Knackpunkt war, dass der große, schlaksige Yarno Cantini mit seinen altmodischen blonden Schläfenlocken, die den undurchdringlichen Ausdruck seiner tiefblauen Augen in dem bildschönen Gesicht noch verstärkten, mit seinem frostigen, distanzierten, selbstbewussten, wenn nicht gar geringschätzigen Gehabe und seiner Gleichgültigkeit gegenüber Moden und Konventionen die perfekte Verkörperung des Ideals des coolen Typen darstellte. Und zu Beginn des neuen Jahrtausends waren alle, wirklich ausnahmslos alle, darauf bedacht, cool zu sein – und mehr als alle anderen Graziantonio Dell’Arco. Aber cool zu sein bedeutet, eine Qualität an den Tag zu legen, die man weder erben noch sich gar
Weitere Kostenlose Bücher