Die beste Lage: Roman (German Edition)
kaufen kann. So konnte Cantini schlicht und ergreifend eine violette Hose zu einer Smokingjacke aus abgewetztem Samt anziehen, aus deren Brusttasche, wie das glorreiche Herz Jesu, ein Tüchlein aus purpur- und goldfarbener Seide aufflammte, und dennoch so überwältigend elegant wirken, dass er den unschuldigen Graziantonio in jener grauenhaften Schrecksekunde, trotz seiner ganzen Ausstaffierung als Superreicher, da stehen ließ wie einen vulgären aufgeputzten Parvenü, der es gewagt hatte, ihn an seinem Tisch zu belästigen.
Während Dell’Arco verstummte und nicht wusste, wie er auf eine solche Beleidigung reagieren sollte – aber seien wir ehrlich: wie hätte man auch darauf reagieren sollen? –, sah er wie durch einen Nebel – jenen Nebel, der uns in den düstersten Augenblicken unseres Lebens zu umhüllen scheint – zum Glück jemanden, der ihm von einem benachbarten Tisch aus zuwinkte, und ohne richtig zu begreifen, wer da winkte, bewegte er sich in diese Richtung und zog die Yarno weiterhin verzückt anstarrende Helga hinter sich her. Als er jedoch beim Näherkommen merkte, um wen es sich handelte, fühlte er sich wie der Schiffbrüchige, dem dämmert, dass es sich bei dem Schiff, das ihm zu Hilfe eilt, um ein Piratenschiff handelt.
So landete er also in den Fängen von Evelina Binni, die seit jeher ein Fan von ihm war, in erster Linie aber Chefredakteurin von È tutto vero , dem auflagenstärksten Klatschheft der italienischen Halbinsel, und die natürlich darauf erpicht war, die Einzelheiten, die ihr von dem üblen Auftritt entgangen waren, in Erfahrung zu bringen und zu kommentieren, und leider war der umnebelte Graziantonio nicht imstande, Helga daran zu hindern, diese sofort auszuplaudern.
»Ach ja? Das hat er wirklich gesagt?«, lautete der Kommentar der Binni, »… wie arrogant! So eine Frechheit!«, auch wenn sie sich ein selbstgefälliges Lächeln nicht verkneifen konnte, denn sie dachte schon an den fabelhaften Bericht, den sie daran aufhängen und kaum zwei Tage später ihrem gierigen Publikum zum Fraß vorsetzen würde, garniert mit eigenen Fotos von einem Graziantonio Dell’Arco, der, obwohl er eine wie noch nie strahlende Helga La Marmur an seiner Seite hatte, so niedergeschlagen wirkte, als stünde er kurz vor dem Selbstmord, besonders wenn man ihm das absolut triumphierende Bild von Yarno gegenüberstellte.
Die Überschrift lautete: »Man kann nicht immer gewinnen. Angesichts echter Klasse ist das ganze Geld der Welt nichts wert«, und ein Kasten im Text hob einen giftigen Kommentar von Yarno hervor: »Grazie-Antonio, oder wie zum Teufel Dell’Arco heißt, könnte meinetwegen der reichste Mann der Welt sein, ich würde ihm trotzdem niemals Zutritt zu meinem Haus gewähren … diesem Trampel. Als meine Vorfahren mit den Königen von Frankreich tafelten, mussten sich die seinen die Eicheln noch mit den Schweinen teilen.«
Dies genügte, um den Medienzirkus in Gang zu setzen – manchmal genügt noch weniger –, der eine ganze Woche lang endlose Talkshows sendete, in denen man, diese Episode als Ausgangs- oder Endpunkt nehmend, darüber diskutierte, worauf es wirklich ankam, ob auf Reichtum oder Seelengröße, auf die Macht des Geldes oder auf gute Manieren, und aus denen der arme Graziantonio als klassisches Beispiel für den aufgeblasenen und vulgären Neureichen hervorging. Mit einem Wort – er war plötzlich der Neotrampel.
Binnen weniger Tage war Graziantonio Dell’Arco also vom beneideten Geschäftsmann und einer modischen und von den Medien verhätschelten Persönlichkeit zur allgemeinen Zielscheibe des Spotts der Italiener geworden, und auch in seiner eigenen Welt gingen die Leute immer mehr auf Distanz. An allem, was er jetzt machte oder sagte oder kaufte, wurde herumgemeckert. Zum Beispiel an seinem neuen Boot, auf dem er jetzt, auf einem der superweichen Sofas liegend, vor sich hin grübelte.
Ein Boot, das man getrost ein Schiff nennen konnte, mit seinen fünfunddreißig Metern Länge, den zwölf Kabinen für Gäste und Eigner mit Kingsize-Betten, den dazugehörigen Badezimmern und Ankleideräumen und den acht Kajüten für die Besatzung. Mit dem riesigen Foyer, dem Speiseraum und dem großen Salon mit den versenkbaren Fünfzig-Zoll-Flachbildschirmen. Mit dem gläsernen Aufzug, der bis zum Deck hinaufführte, das seinerseits mit einem Fitnessraum und einem von kreisrunden Sofas umgebenen großen Whirlpool ausgestattet war.
Um dem Ganzen einen weiteren Touch von
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