Die beste Lage: Roman (German Edition)
genommen wird. Obwohl er sich sicher war, dass er sie liebte, hätte er in diesem Augenblick nichts weniger gewollt, als die Geburtenrate über das von ihm Geleistete hinaus zu steigern.
Daraufhin hatte sie nur ein paar Sekunden geschwiegen und sich dann wieder an ihn herangemacht.
Und zu alledem waren noch die Austern hinzugekommen – der Austerndurchfall.
Leben als Gourmet
Riccardo liebte Austern, aber vielleicht lagen sie ihm doch etwas schwer im Magen, da er schon auf einer der ersten Etappen ihrer Reise nicht einen gewöhnlichen Champagner dazu hatte trinken können, wie er es bis dahin gehalten hatte, sondern einen Montrachet von den Weinbergen des Marquis de Languiche, einen jener hundert fabelhaften Weine, von deren bloßer Existenz er nichts gewusst hatte und auch niemals etwas erfahren hätte, wäre seine faszinierende und liebestolle Geliebte nicht gleichzeitig eine der größten Weinkennerinnen »auf dem Markt« gewesen, wie Graziantonio gesagt hätte.
Seitdem hatte er sich praktisch nicht mehr erholt.
Wie hätte es auch anders sein können auf einer Tour, die von einem Weingut zum nächsten und von einem großen Restaurant zu einer kleinen entzückenden maison irgendwo auf dem flachen Land führte – einer Tour, in deren Verlauf man nichts anderes tat, als nicht nur Weine, sondern auch jede Art von herrlichen, aber heiklen Speisen zu kosten? Riccardo versuchte, standhaft zu bleiben, aber sobald es ihm wieder etwas besser ging und Chatryn sich für diese oder jene Flasche oder Speise begeisterte, fing er erneut zu trinken und zu essen und folglich zu leiden an.
Wir könnten unterstellen, dass Fusco seine Diätversuche vor allem deshalb abbrach, weil er, wenn auch nur im Unterbewusstsein, darauf hoffte, sich Chatryn dank dieser Unpässlichkeiten vom Leib zu halten – wenn er denn damit Erfolg gehabt hätte. Die Wirklichkeit sah nämlich anders aus: Selbst wenn er mitten in der Nacht, nachdem er endlich alles ausgeschissen hatte und zu Recht verlegen war wegen der Geräusche, die möglicherweise ins Zimmer hinübergedrungen waren, und wegen des Gestanks, den er im Bad zurückgelassen hatte, ins Zimmer zurückkehrte und ganz leise die Tür öffnete, um Chatryn nicht aufzuwecken, war die, sobald er seinen geschundenen Hintern aufs Bett setzte, längst bereit und stürzte sich mit einem Seufzer erneut auf ihn.
Natürlich hätte er sie zurückweisen können, wie es jeder andere Mann wahrscheinlich getan hätte. Aber er brauchte sie und ihre Liebe und wollte sie nicht kränken. Auch wenn es mittlerweile so weit war, dass sein Schwanz oft nichts mehr von der Sache wissen wollte.
Und das war just der Moment, in dem ihm seine Ehefrau zu Hilfe kam.
Ich weiß, es mag unglaublich, abwegig und absurd klingen – aber gibt es überhaupt etwas Absurderes als Sex? –, jedenfalls funktionierte es haargenau so: Um diese schöne, elegante, zauberhafte, aber vor allem verliebte Frau ficken zu können, musste Riccardo Fusco an seine Angetraute denken, die ihn ihrerseits verachtete.
Insbesondere an das letzte Mal, als er sie gevögelt hatte.
Es war in Potenza passiert, kaum zwanzig Tage zuvor, obwohl es ihm jetzt wie eine Ewigkeit vorkam.
Riccardo war noch einmal zurückgekehrt, um neu zu packen. Nach einer auf dem kahlen Stammbaum in Ferrandina verbrachten Woche beabsichtigte er, von Potenza aus wieder zu Dell’Arco zu reisen.
Das Haus war leer. Die Kinder waren am Meer. Wie jeden Tag war er gerührt, ihre Stimmchen am Telefon zu hören. Papà, wann kommst du wieder, Papà? – ›Nicht einmal als Leiche komme ich zurück‹, aber eine Träne war ihm doch entschlüpft. Unterdessen war es spät geworden, und so war es ihm ganz natürlich erschienen, sich schlafen zu legen, wenn auch nur auf dem Sofa im Wohnzimmer.
Schließlich war er bei sich zu Hause. Apropos zu Hause – sagen wir, dass er, so wie die Dinge sich entwickelten, dort bleiben konnte, allerdings nur noch für kurze Zeit.
Die Macht der westlichen Frau zu Beginn des dritten Jahrtausends
Um nur eines dazu zu sagen: In Indien, in demselben Land, das Riccardo und Giacinto zusammen mit vielen ihrer Altersgenossen in den Siebzigerjahren infolge der Verbreitung diverser orientalischer Philosophien – und natürlich der Musik und des Joints – als Wiege der Toleranz anzusehen gelernt hatten, toleriert man allerdings auch, dass Hunderte von Frauen von zurückgewiesenen Bewerbern mit Säure verletzt werden, was in Italien Entsetzen auslöst, obwohl
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