Die beste Lage: Roman (German Edition)
bewundernd an. »Ein Name, der viel hermacht, ohne vulgär zu sein« – und das war ein Thema, bei dem er sich nun wirklich auskannte!
»Aber das ist noch nicht alles. Das gilt nur für den normalen Wein. Ich habe dann noch einen für den cru …. Es gibt doch einen cru , oder?«
»Aber selbstverständlich! Hier werden Nägel mit Köpfen gemacht, Riccà!«
»Also, für den cru hätte ich gedacht … Du erinnerst dich doch an den Beinamen, den sich Friedrich II . erworben hat, weil er den einen oder anderen seiner Gegner bei lebendigem Leib verbrennen ließ?«
Graziantonio richtete seinen Kuhaugenblick nach oben, ins Leere. Dann drehte er sich Giàcenere zu, aber bevor dieser etwas sagen konnte, flüsterte Riccardo: »Stupor mundi« , und trat mit einer Verneigung einen Schritt zurück, wie ein Schauspieler, der einen denkwürdigen Satz ausgesprochen hat und vom Publikum die Ovation erwartet, von der er weiß, dass sie mit Sicherheit kommt. Und sie kam auch.
»Groß-ar-tig « , skandierte Dell’Arco. »Riccà, du bist wirklich ein Genie«, schob er hinterher und schloss ihn tatsächlich in die Arme. »Gemeinsam werden wir tolle Sachen auf die Beine stellen, du wirst schon sehen.« Dann fielen ihm Giàcenere und Martin wieder ein, die herumstanden und angesichts dieses ganzen Erfolgs zwischen Begeisterung und Neid hin- und hergerissen waren. »Begreift ihr, was das für ein Knüller ist, Kinder? Jetzt kann uns dieser Scheißkerl von Yarno Cantini derer von Mistgrafen aber wirklich am Arsch lecken«, sagte er, in Richtung seines Hinterteils gestikulierend. »Und wenn wir«, fuhr er fort, »außerdem noch herausposaunen, dass mein winemaker der Beste auf dem Markt ist und auch die Weine für Château Latour kreiiert …«
Aber an dieser Stelle unterbrach ihn Riccardo, dem sein Triumph zu Kopfe stieg, um erneut seine Meinung kundzutun – er beabsichtigte, Graziantonio in den kommenden Monaten noch viele Empfehlungen zu geben, ja, so etwas wie sein persönlicher Berater zu werden: »Nein, hör zu. Die Sache mit dem Star- winemaker würde ich unter der Decke halten. Besser die Leute glauben zu lassen, dass der Wein in jeder Hinsicht ein Produkt des terroir ist, so wie sie es in Frankreich machen, und dass er, da es sich um einen Wein aus dem Süden handelt, eben auch von einem terrone kreiert ist. Ich weiß, wie Chatryn tickt, und außerdem habe ich dieser Tage ihre Artikel im Wine Spectacle gelesen und begriffen, dass sie auf bestimmte Dinge Wert legt, auf Authentizität vor allem, darauf, dass ein Wein ein Kind der Kultur seiner jeweiligen Region ist … Ja, ja, ich weiß schon, dass das alles Quatsch ist. Bis vor zwanzig Jahren, bevor die Önologie hier Einzug hielt, war nicht nur der Wein aus der Basilikata, sondern der aus ganz Italien ein größtenteils übles Gesöff, wenn nicht gar reines Gift. Ihr erinnert euch doch noch an den Methylalkoholskandal, oder? Aber den Leuten gefällt es eben, bestimmte Dinge zu glauben, und das sind dann die Dinge, auf die es letzten Endes ankommt.«
Graziantonio zögerte nur einen kurzen Augenblick, ehe er antwortete: »Natürlich, natürlich … richtig, richtig. Jetzt bist du am Zug. Du kennst sie gut, die Wally Triny, und du weißt, wie sie zu nehmen ist …«
Als den Autos beinahe Flügel wuchsen
Tatsache war, dass Riccardo nicht den blassesten Schimmer hatte, wie er Chatryn Wallitriny, oder vielmehr Wally Triny, wie sie ihren Namen jetzt nachweislich schrieb, nehmen sollte, obwohl er sich bereits auf der Straße befand, die ihn von Paris, wo er eine weitere mehr oder weniger schlaflose Nacht in einem der exklusiven Zimmer des Crillon verbracht hatte, zum Flughafen Charles de Gaulle führte. Das Zimmer hatte Graziantonio für ihn reservieren lassen. Einer wie er ließ sich gewiss nicht lumpen, wie die Kreditkarte bewies, die er auf seinen, Riccardos, Namen hatte ausstellen lassen, zur Erfüllung jedes beliebigen Wunsches, auch wenn längst bis ins kleinste Detail für alles gesorgt war. Das betraf selbst die Auswahl des Autos.
Ursprünglich hatten sie an einen von Dell’Arcos Wagen der Sonderklasse gedacht, aber Riccardo hielt diese Schlitten für zu luxuriös. Besser war es, zu suggerieren, dass die Zeit in der Epoche ihrer Liebe stehen geblieben sei, auch wenn es schwierig erschien, ein Citroën DS Cabrio aufzutreiben wie jenes, das Riccardo schon zehn Jahre zuvor, als er Chatryn zum ersten Mal gesehen hatte, eigentlich hatte verschrotten wollen.
Für Graziantonio
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