Die beste Lage: Roman (German Edition)
schon groß zu entdecken? Die Weine aus der Toskana kennt doch jeder; sie sind weltberühmt.«
»Genau aus diesem Grund müssen sie einer strengen Kontrolle unterzogen werden … Aber mach dir keine Sorgen, mein Liebling. Wir werden auch deinen Aglianico probieren. Lass mir nur ein wenig Zeit, zumal uns dieses Mal niemand im Wege steht, oder?«
Ja, Riccardo hatte ihr erzählt, wie sich die Dinge zwischen ihm und seiner Frau entwickelt hatten und dass er entschlossen war, sie zu verlassen. Es war das erste Mal, dass er mit jemandem darüber sprach, und das hatte ihn selbst beeindruckt und ein Gefühl zwischen Erleichterung und Leere ausgelöst.
Dann war es also wirklich aus?, fragte er sich, als er in die Auffahrt zur Staatsstraße einbog, von der aus sie eine halbe Stunde später in der Ferne die tatsächlich etwas düstere Silhouette des Schlosses des Conte del Canto degli Angeli auftauchen sahen.
Eine Wolke hing so reglos darüber, als wäre sie auf der Wetterfahne des höchsten Turmes aufgespießt.
Adelsgemäße Höflichkeit
Yarno empfing sie mit der Zwanglosigkeit, die man Angehörigen der eigenen Kreise vorbehält.
Riccardo begegnete ihm zum ersten Mal persönlich, nachdem er ihn hin und wieder im Fernsehen gesehen und sich letzthin gründlich im Internet über ihn informiert hatte. Der Mann war ihm schon deshalb unsympathisch, weil er hochelegant zu erscheinen vermochte in seiner schlampigen Aufmachung mit dieser zerknitterten Leinenjacke über der grauenhaften zyklamfarbenen Hose, unter der irrwitzige arabische Sandalen mit aufgebogener Spitze hervorlugten, alles nicht unbedingt neuerer Machart. Zum Glück schien Chatryn nicht besonders beeindruckt von ihm zu sein. Im Übrigen waren sich die beiden bereits bei verschiedenen Anlässen begegnet, wie die Amerikanerin Riccardo auf der Reise erzählt hatte und wie ohnehin schnell deutlich geworden wäre, da sie in ihr Gespräch Einzelheiten über Orte und Personen einflochten, die Fusco nicht kannte, sodass er bald, Chatryns gegenteiligen Bemühungen zum Trotz, in die unglückliche Position des unliebsamen Dritten geriet.
Außerdem erlitt Riccardo nach dem Frühstück, das in einem der Pavillons des agrotouristischen Betriebs mit herrlichem Blick auf die sanft ins Tal abfallenden Weinberge serviert wurde, eine seiner üblichen Magen-Darm-Attacken, und Chatryn musste am Nachmittag die Besichtigung des Anwesens mit Yarno allein fortführen.
Die Behauptung, dass sie sich darüber ärgerte, wäre eine Untertreibung gewesen.
True Love
Ja, sie hatte ihn, nachdem sie sich von ihm verabschiedet hatte, in ihrem Zimmer – oder, wie wir gesehen haben, streng genommen im Badezimmer ihres Zimmers – mit einer Wehmut zurückgelassen, die sie fast zum Weinen brachte. Natürlich musste man sich für ihn schämen, und sie schämte sich auch für ihn, aber Tatsache war, dass Chatryn, die aus dem einzigen Grund, ein Kind von Riccardo zu empfangen, nach Paris gekommen war, sich noch im Moment des Wiedersehens erneut in ihn verliebt hatte.
Riccardo hatte sich also über ihre Liebe nicht getäuscht, im Gegenteil. Während sie jetzt in der Stille der Siesta den Weg zum Schlosshof allein zurücklegte, fragte sie sich, wie sie all diese Jahre überhaupt ohne ihn hatte leben können. An Riccardo gefiel ihr alles – was auch immer er tat oder sagte. Der Duft seiner Haut, seine Hände, seine Haare – nach seinen Haaren war sie regelrecht verrückt – und sein Schwanz, der natürlich auch. Selbst der Gedanke, dass sie ihn so, auf der Kloschüssel leidend, hatte zurücklassen müssen, entlockte ihr ein zärtliches Lächeln. »Mein armer Liebling«, seufzte sie, um sofort in sich hineinzulachen, als ihr bewusst wurde, dass sie diese Worte, die ein Gedanke hätten bleiben sollen, wie ein Backfisch vor sich hergesagt hatte. Sie beschleunigte ihre Schritte. Diesen Besuch würde sie so schnell wie möglich hinter sich bringen und dann zu ihrem Liebsten zurückkehren, und als sie Yarno erblickte, der sie pfauengleich, mit stolzgeschwellter Brust erwartete, empfand sie, während jede andere Frau über ein Rendezvous mit einem solchen Mann überglücklich gewesen wäre, nichts als Ekel.
Sobald Yarno sah, dass sie allein war, kam er ihr mit verführerischem Getue entgegen, was sie nur noch weiter fuchste. Mit wem glaubte er eigentlich es zu tun zu haben, dieser Typ? Die geringste Beanstandung, und sein Wein würde aus den Top 100 rausfliegen, darauf konnte er Gift nehmen. Er würde
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