Die beste Welt: Roman (German Edition)
verzichten, aber ich werde eine Last für dich sein, und ich kann nun einmal nicht aus meiner Haut.«
»Ich auch nicht«, erwiderte er, »aber wenn die vergangenen zwei Jahre irgendeinen Schluss zulassen, dann haben wir es doch einigermaßen geschafft, uns auf halbem Wege entgegenzukommen.«
»Wenn das so ist … ja.«
Sein Blick wurde weich. »Ich glaube, die Verbindung wird für beide Seiten …«
»… zufriedenstellend sein«, unterbrach ich. »Von Vorteil, aufreizend, leidenschaftlich – entschuldige, war das eine empfindliche Stelle?« Ich hatte den Mut zu einer Berührung gefunden, und als ich mit der Hand leicht über seine Seite strich, stockte sein Atem, als hätte ich ihm Schmerzen zugefügt.
»Etwas solltest du noch wissen, bevor wir fortfahren«, sagte er und hielt meine Hand fest. »Mir ist bewusst, dass viele Ntshune-Gesellschaften und auch einige von den cygnischen Monogamie auf Zeit praktizieren. Die Sadiri tun das nicht.«
»Keine Sorge, die cygnischen Siedler auch nicht«, versicherte ich ihm. »Und wenn wir uns in diesem Punkt nicht einig wären, hätte man uns nicht verpaart.«
»Ich weiß, Grace, aber was ich fragen will, ist Folgendes: Willst du eine cygnische oder eine sadirische Ehe?«
Mein ratloses Stirnrunzeln war eine stumme Frage. Er ließ meine Hand los, schaute in die Ferne und bemühte sich um eine Erklärung.
»Für einen Sadiri ist es ein Herzensbedürfnis, mit etwas oder jemandem eine tiefe telepathische Bindung einzugehen. Ein sadirisches Sprichwort lautet: Ein Mann mit einem Mentalschiff ist halb unsterblich, aber ein Mann ohne Frau ist nur halb lebendig. Manche Menschen können dieses Bedürfnis mit Meditationstechniken überwinden, aber noch nie mussten so viele Männer ohne Aussicht auf eine Ehe in die Zukunft schauen. Unsere Regierung hatte keine Wahl, sie musste darauf bestehen, dass wir Neu-Sadira verlassen. Entsetzliche Dinge waren geschehen – Männer hatten um Frauen gekämpft, waren über Frauen hergefallen, hatten sich selbst verletzt und sogar mit Massenselbstmord gedroht. Unsere Gesellschaft stand kurz vor dem Zusammenbruch. Ich habe Szenen erlebt – Szenen, über die ich immer noch nicht sprechen kann.« Er umklammerte sein Handgelenk, ein Zeichen von Verzweiflung, das ich nur zu gut kannte.
»Dann lass es sein«, wehrte ich ab. »Sprich erst darüber, wenn du bereit bist. Vielleicht niemals.«
Er sagte sehr leise und immer noch, ohne mich anzusehen: »Seit vielen Jahren behelfe ich mir mit Meditation, und ich kann das auch noch viele Jahre weiter tun, aber ich frage dich jetzt: Willst du eine Paarbindung mit mir eingehen?«
Ich schmiegte mich an ihn und spürte, wie die Spannung aus seinem Körper wich. »Ich habe Ja gesagt, und ich sage es noch einmal. Du weißt, dass ich dir vertraue.«
Er nahm meine Hand und drückte sie an seine Wange. Ich schloss die Augen und spürte, wie ein machtvoller Strom von ihm zu mir und wieder zurückbrandete, warm und ermutigend wie eine liebevolle Umarmung. Endlich hatten wir genügend Trost und Ruhe gefunden, um uns voneinander zu lösen. Er steckte das Schreiben in den Umschlag zurück und reichte ihn mir.
»Wir werden ausführlicher darüber sprechen, wenn du dich eingerichtet und ein wenig ausgeruht hast.«
Damit ging er zur Schmiede zurück. Ich war vollkommen überwältigt und legte mich ein paar Minuten ins Gras. Mein Herr, Ihr Antrag kommt so völlig unerwartet! Und doch … im Grunde eigentlich nicht. Die von Freyda beschriebenen Standardrituale der sadirischen Brautwerbung hatten wir bereits hinter uns gebracht. Ich hatte gewusst, dass ein Geständnis in irgendeiner Form bevorstand. Vermutlich hatte ich mir verschiedene Schritte vorgestellt, vielleicht ein: »Ich liebe dich« gefolgt von einem: »Liebst du mich auch?«, aber sicher nicht: »Du brauchst nur dieses Dokument zu unterschreiben, dann sind wir verheiratet.« Aber die Sadiri waren keine Zauderer, und sie sagten auch nicht: »Ich liebe dich.«
Mit einem tiefen Seufzer richtete ich mich auf. Jetzt brauchte ich einen Drink.
Zum Glück hatte Freyda gerade den gleichen Wunsch. Ich bedrängte sie so lange, bis sie mir half, meine Sachen in meine Wohnung zu bringen, dann gönnten wir uns eine wohlverdiente Pause in ihrem Wohnzimmer. Sie hatte den Umzug bereits hinter sich und musterte Einrichtung und Ausstattung mit zufriedenem Blick, als ich ihren guten Geschmack lobte.
»Ich bin so froh, dass Lanuri einverstanden war, lange vor der Hochzeit hier
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