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Die beste Welt: Roman (German Edition)

Die beste Welt: Roman (German Edition)

Titel: Die beste Welt: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Lord
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auch alleine weggekommen – womit ich nicht sagen will, dass ich für Ihre Hilfe nicht dankbar bin. Ich halte die Sache bloß nicht für so schwerwiegend, dass eine Anzeige erforderlich wäre.«
    Ich sah aus dem Augenwinkel, wie Fergus Dllenahkh mit einem Seitenblick streifte.
    »Delarua, sehen Sie mich an.« Dllenahkhs Stimme war immer noch freundlich, aber jetzt hatte sie einen stählernen Unterton.
    Ich wandte mich ihm zu. »Lassen Sie meinen Namen aus dem Spiel«, zischte ich. »Ich habe Ihnen gesagt, ich komme damit klar!«
    »Ich möchte gern sicher gehen. Ich möchte Ihren Geist berühren, ganz kurz nur, um mich zu vergewissern, dass er Sie nicht beeinflusst hat.«
    Schlagartig erfasste mich Übelkeit. Ich stand auf und stolperte im Shuttle nach hinten. »Bleiben Sie mir bloß vom Leib«, flüsterte ich und drehte den Kopf zur Seite, um zu verbergen, dass mir die Tränen in die Augen schossen.
    »Delarua …«, wiederholte Dllenahkh ungerührt.
    »Rühren Sie mich nicht an, kommen Sie mir ja nicht zu nahe …«
    »Delarua!«, rief Fergus vom Pilotensitz über die Schulter hinweg. »Das sind nicht Sie! Merken Sie das denn nicht? Sie müssen dem Ratsherrn vertrauen, denn ich werde dieses Shuttle erst landen, wenn ich ganz sicher sein kann, dass Sie auch bei klarem Verstand sind!« Er stieß einen frustrierten Seufzer aus und fuhr fort: »Ich bin für solche Dinge ausgebildet, man hat mir beigebracht, wie man erkennt, wenn sich jemand an den Gedanken eines anderen zu schaffen gemacht hat. Und wissen Sie was? Dieser Mann da unten ist raffiniert. Der ist richtig gut . Ich habe noch keinen Cygnier kennengelernt, der so etwas fertiggebracht hätte wie er eben. Unterschätzen Sie ihn nicht.«
    Ich sank zu Boden. Ich wollte alles – meine Träume, die geheimen Wünsche – in meinem Kopf verschließen. Welche Schande für meine Familie, wenn es bekannt würde. Ich zog die Knie an die Brust, presste die Fäuste gegen die Augen und bemühte mich, ruhig zu werden, tief zu atmen und klar zu denken.
    Als ich die Hände sinken ließ und die Augen wieder aufschlug, kniete Dllenahkh vor mir. Sein Gesichtsausdruck war sachlich, er verurteilte mich nicht.
    Ich sagte leise: »Nur eine kurze Berührung? Sie dringen nicht in meine Gedanken, meine Erinnerungen ein?«
    Er nickte. »Eine kurze Berührung. Kein Übergriff, keine Verbindung. Lediglich so weit, wie Sie es erlauben.«
    Ich senkte den Kopf. Gleich darauf spürte ich, wie er mit den Fingerspitzen über meine Stirn strich und sie dann fest aufsetzte, als wollte er seine Abdrücke hinterlassen. Einen Augenblick später nahm er sie wieder weg. Das war alles.
    Ich sah erleichtert auf. »So! Das wäre erledigt …«
    Doch dann brach der Damm, und alles stürzte über mich herein. Die vielen Male, in denen ich meinen eigenen Kommunikator zum Schweigen gebracht hatte, das erzwungene Aufwallen einer alten, längst begrabenen Leidenschaft, die Träume, die nicht aus meinem Bewusstsein kamen, und jeder enttäuschte und verzweifelte Blick, den der arme Rafi mir zugeworfen hatte.
    »Dieser Dreckskerl«, würgte ich hervor. »Dieser gemeine Dreckskerl! «
    Dllenahkh erhob sich und trat mit einem eleganten Schritt zurück. Das Adrenalin riss mich auf die Füße, ich schmetterte die Faust an die Wand hinter mir. »Fergus, wie lange noch bis Ophir?«
    »Zwölf Minuten«, antwortete er. Es hörte sich an, als hätte er ein barbarisches Grinsen im Gesicht.
    Ich marschierte zu meinem Platz zurück. »Sie schaffen es in fünf. Ich muss so schnell wie möglich mit der Missionsleiterin sprechen.«
    Dllenahkh ließ sich neben mir nieder. Ich sah ihn fest an, spürte immer noch diese schleimige Schicht der Beschämung über meinen Gedanken, ließ mich jedoch davon nicht unterkriegen. »Und, Dllenahkh – ich danke Ihnen.«
    Er neigte nur stumm den Kopf, aber ich glaubte, unter der Maske der Neutralität eine Spur von Anerkennung zu spüren. Wie konnte er nur so großmütig sein? Er war mit nichts als seinen Prinzipien gewappnet geradewegs auf die wütende, gewaltbereite Menge zugegangen. Ich dagegen hatte fünfzehn Jahre mit Ausflüchten vergeudet, bis ich mich endlich der Wahrheit stellte.
    Ja, mit Ausflüchten. Es war immer noch meine Entscheidung, meine Verantwortung. Wenn mich etwas erschütterte, nachdem Ioans Einfluss aus meinem Bewusstsein gelöscht war, dann die Erkenntnis, dass er nie ein Gefühl manipuliert hatte, das nicht bereits in einem, wenn auch noch so geringen Maße, vorhanden

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