Die beste Welt: Roman (German Edition)
eine Therapie.«
Dllenahkh sah mir so lange fest in die Augen, bis ich begriffen hatte, dass seine nächsten Worte sehr, sehr ernst zu nehmen waren. »Und eine Therapie haben Sie abgelehnt.«
Ich antwortete ebenso sachlich. »Dazu hätte ich aus der Mission ausscheiden müssen. Außerdem bricht man nicht gleich zusammen, wenn man fünfzehn Jahre gut funktioniert hat. Die Therapie kann warten.«
»Man hatte wohl gehofft, Sie, Ihre Schwester und die Kinder gemeinsam als familiäre Einheit behandeln zu können.«
»Das hat Zeit«, wiederholte ich. »Manche Dinge laufen ohne mich wahrscheinlich sogar besser. Aber wollten Sie mir nicht sagen, was hier vorgeht?«
Er wandte den Blick ab, zog sich kurz in sich selbst zurück und griff dann nach einem Injektor. »Eine vereinfachte Erklärung sollte genügen. Der Inhalt dieser Injektoren ist so beschaffen, dass er im limbischen System eine der beiden Dimensionen von Emotionen stimuliert oder unterdrückt. Im ersten Fall handelt es sich um die beiden Pole Zufriedenheit und Depression. Im zweiten Fall sind die Extreme Ekstase und Lethargie. Die erste Dimension wird zusätzlich dadurch kompliziert, dass sie eigentlich zwei voneinander getrennte Skalen von Lust und Schmerz umfasst, die sich im unteren Bereich überlappen. So mischen sich etwa in der Emotion ›Vorfreude‹ kleine Elemente von Lust, erzeugt von der freudigen Erwartung des Zustands der Zufriedenheit, mit Schmerz, ausgelöst durch das Vermissen dieser Zufriedenheit; und schließlich mit Ekstase, manifestiert in dem Drang, die oben erwähnte Zufriedenheit anzustreben.«
Ich blinzelte. »Das ist faszinierend. Wir sind schon ziemlich komplizierte Kreaturen, nicht wahr?«
»Das kann man wohl sagen. Übrigens ergeht es nicht bloß Menschen terranischer oder ntshunischer Herkunft so. Diese Pole scheinen allen Vertretern der menschlichen Rasse gemeinsam zu sein; die physiologische Grundlage ist nicht bekannt.«
Ich glaube, an dieser Stelle verspürte ich eine Mischung aus schwacher Lust, Schmerz und Ekstase. Er hatte soeben zum ersten Mal eine spezifische Aussage über die Neurologie der Sadiri gemacht, und ich hoffte, er würde mir noch mehr verraten.
Den Gefallen tat er mir nicht. »Derzeit sind die Tests für cygnische Psi-Profile auf den Nachweis von Veranlagungen ausgelegt, die so stark sind, dass sie es einer Person erheblich erschweren könnten, in einer nicht-psionischen Umgebung zu funktionieren. Starke Telepathen und Empathen werden geschult, man vermittelt ihnen ein Wertesystem, das ihnen hilft, ihre Kräfte kontrolliert einzusetzen. Bei den meisten Cygniern ist das Niveau nicht so hoch, dass das erforderlich wäre.«
»Das gilt auch für mich«, stellte ich stirnrunzelnd fest. »Aber wieso bin ich dann hier auf dieser Liege und werde mit allen möglichen Drogencocktails vollgepumpt?«
»Weil es noch andere Aspekte psionischer Veranlagung gibt, die von den Tests nicht erfasst werden«, schaltete sich Nasiha ein. »Zum Beispiel haben wir durch Beobachtung unserer eigenen Reaktionen festgestellt, dass Sie in zwei ganz bestimmten Bereichen zu ziemlich starker empathischer Projektion fähig sind.«
Ich grinste. »Wetten, dass ich einen dieser Bereiche erraten kann? Freude und Lust, richtig?«
»Ja, das ist der stärkere von beiden. Als wir bei Ihnen die Lustzentren stimulierten, verspürten Nasiha und ich ein starkes Bedürfnis zu lachen, das wir nur dämpfen konnten, indem wir die Abschirmung unserer telepathischen Rezeptoren verstärkten.« Tarik machte bei diesem Geständnis ein so todernstes, fast trauriges Gesicht, dass ich mir das Lachen verbeißen musste.
»Weniger stark, aber immer noch signifikant war die Projektion von Lethargie«, fuhr Nasiha fort.
Ich starrte sie an, darauf war ich nicht gefasst. »Ich langweile die anderen?«
»Sie beruhigen die anderen«, verbesserte Dllenahkh taktvoll. »Aber die Wirkung ist viel subtiler.«
Ich starrte eine Weile an die Decke, bis ich die Information verdaut hatte. »Na schön. Aber was hat das damit zu tun, dass ich angeblich ›aufgezwungene Emotionen erkennen und unterdrücken‹ kann? Diesen Injektoren war ich nämlich vollkommen hilflos ausgeliefert, das kann ich Ihnen versichern.«
Dllenahkh übernahm die weiteren Erklärungen. »Es ist schwierig, wenn nicht unmöglich, die Wirkung von Chemikalien zu blockieren, die direkt in den Körper eingeführt werden. Dagegen ist es möglich, sich gegen Versuche von außen abzuschirmen, die Hirn- und
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