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Die Beste Zum Schluss

Titel: Die Beste Zum Schluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Birbæk
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noch niemand da, also kippe ich weitere Espressi in mich rein, blättere meine Notizen durch und fühle mich, als hätte ich vergessen die Herdplatte abzustellen. Zuerst schiebe ich es auf den Restalkohol, dann gehe ich meine Fragenmappe noch mal durch. Alles da, was die Welt nicht braucht. Ich checke mein Kinn. Glatt. Anzug, Hosenschlitz, Hemdkragen, Knöpfe, alles okay. Dennoch fühle ich mich komisch. Vielleicht wegen der Uhrzeit. Der Gedanke hält sich immerhin ein paar Sekunden, bis ich an Eva denke. Im selben Moment macht mein Magen wusch . Geht das wieder los. Scheißverliebtheit. Nimmt einem die Konzentration. Wer weiß, wie viele Flugzeuge wegen diesem Mist schon abgestürzt sind.
    »Wer war eigentlich der Typ mit der Zorromaske?«
    t r klackert an seiner Kamera herum und wirft mir einen wissenden Blick zu.
    »Du meinst den, der mit der Nonne kam, die dann mit dir und der Nutte gegangen ist?«
    »Ja.«
    »Das war der Barth vom Cosmopolitan .«
    »Stephan? Ist der nicht schwul?«
    »So schwul, dass er Glitzer schwitzt.« Er grinst mich an. »Eine Nonne, die mit einem Schwulen zur Party kommt und sie mit einer Professionellen und dir verlässt, da sind ja wirklich alle Kombinationen gesichert. Wie lief es denn?«
    Ich schaue ihn nur an. Er hebt die Hände.
    »Meine Lippen sind versiegelt.«
    Klar, aber nur, wenn es um seine eigenen Geschichten geht. Bei anderen sieht er sich in der Auskunftspflicht. Eine verschwiegene Petze.
    Ich gehe ein paar Schritte zur Seite und rufe Stephan an. Mailbox. Ich hinterlasse eine Nachricht, dass er mich anrufen soll, gehe zurück und lasse mich wieder in die Sitzgruppe fallen, in der mich t r mit einem dreckigen Grinsen empfängt.
    »Und?«, grinst er. »War sie da?«
    »Wer?«
    »Die Nonne.«
    »Wer saß neben dir im Taxi?«
    »Wer?«
    So geht es zwanzig Minuten weiter, dann kommt Caros Managerin. Eine von diesen hartlippigen Stressfrauen, die vor dreißig Jahren das letzte Mal gelacht haben, und das aus Schadenfreude. Hinter ihr steht eine kleine, hübsch verhärmte Businesskostümblondine, die uns weder vorgestellt wird noch spricht. Dafür instruiert Caros Managerin uns. Sie erklärt, dass Caro jetzt Caroline genannt und nur eine Minute am Anfang der Lesung fotografiert werden möchte, keine Fragen zu ihrem Privatleben, außerdem muss der Titel ihres Buchs im Text dreimal genannt werden. Sie schafft quasi die Pressefreiheit ab, und ich muss an Margaret Thatcher denken. Was die wohl heute macht? Schließer im Kindergefängnis? Robbenjägerin?
    Während Thatcher auf uns einredet, bohre ich in der Nase und tue, als würde ich was finden. Sie kommt kurz aus dem Konzept und mustert mich blasiert. Sofort rauscht die Gesichtskavallerie heran und kittet den Riss in der Maske. Sie blafft ein paar Anweisungen an die blonde Assistentin, dann eilen beide wieder zum Fahrstuhl, um sie zu holen, während t r mir ein paar muntere Ansichten über Thatchers Hintern mitteilt. Ich bezweifle zwar, dass Thatchers Problem ein äußerliches ist, aber bevor ich das mit t r diskutiere, winke ich lieber dem Kellner, dass er mir noch einen Espresso bringen soll. Frauen wie Thatcher können nichts dafür: Man hat sie in dem Glauben erzogen, dass es nur eine Möglichkeit gibt, um in unserer Gesellschaft von Wert zu sein – Karriere. Also schiebt sie eine Sechzigstundenwoche und hat keine Zeit für Familie, Beziehungen, Freunde. Alles, was sie hat, ist ihr Job, und den erledigt sie pflichtbewusst bis zur Selbstaufgabe.
    t r s Kamera klackert. Vielleicht fotografiert er mein Gesicht und schickt es mir später ohne Augenringe, um mich zu verwirren. Vor dem Fenster geht eine schwarz gekleidete Frau vorbei. Ich denke Nonne , sofort taumelt mein Magen, dabei ist mir eh schon schlecht. Gott, ich hab bestimmt noch zwei Promille. Ich bin kurz davor einzuschlafen, als der Fahrstuhl pingt . Die Tür öffnet sich und spuckt Thatcher und ein Gefolge von sechs Leuten aus. In der Gruppe erkenne ich die Geilste. Sie trägt Jeans, Shirt, Turnschuhe, Sonnenbrille, iPod und ein leichtes Lächeln, das ihre Fans gerne »entrückt« nennen.
    »Na endlich«, murmelt t r .
    Wir stehen zur Begrüßung auf, doch die Gruppe zieht an uns vorbei in Richtung Ausgang. Thatcher macht bloß eine Handbewegung über ihrer rechten Schulter, dass wir ihnen folgen sollen. Wir folgen der Gruppe zum Parkplatz, wo zwei Großraumlimousinen warten. Die beiden wichtigen Leute steigen in die vordere Limousine. Wir kriechen mit der Crew und

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