Die Beste Zum Schluss
hat.
Schließlich steht sie auf, bedankt sich für das Frühstück und verabschiedet sich von allen, auch von den Kindern. Ich mag, wie sie das macht. Als wäre es ihr wichtig, dass die Kids merken, dass es ihr wichtig ist. Dann begleite ich sie in den Flur. Vor der Haustür verharren unsere Füße. Wir stehen uns gegenüber. Niemand spricht. Sie lächelt leicht. Mein Magen wird wach und wirft sich einen Abgrund hinunter. Jetzt keinen Mist bauen, weder küssen noch Telefonnummern austauschen, noch verabreden. Fünf Minuten aufpassen, dann ist es überstanden.
»Danke«, sagt sie.
»Gern«, sage ich. »War es schön?«
Das entlockt ihr ein ziemlich breites, ziemlich tolles Grinsen.
»Hast du einen völligen Filmriss?«
»Nicht ganz. An das Veedel erinnere ich mich leider. Soll ich dich fahren?«
Sie schüttelt ihren Kopf.
»Ich gehe ein Stück zu Fuß. Frische Luft wird mir guttun.«
Ich lasse meinen Blick über ihr Kostüm gleiten.
»Du willst so durch die Stadt spazieren?«
»Vielleicht muss ich ja Buße tun«, sagt sie und verpasst mir ihren regungslosen Blick.
»Okay, das reicht«, knurre ich. »Was war heute Nacht?«
Ihre Augen funkeln vergnügt.
»Ich habe wirklich noch nie erlebt, dass ein Mann sich so einen Kopf macht, ob er Sex hatte oder nicht.«
»Die hatten auch keine Ordensschwester im Bett. Alles, was ich wissen muss, ist: Trifft mich Gottes Zorn, ja oder nein?«
»Vermutlich nicht«, gickelt sie.
»Und wieso waren wir dann nackt?«
»Also wirklich …« sagt sie lachend. »Eigentlich wolltest du mir nur zeigen, wo ich schlafe, dann haben wir noch ein bisschen geredet, und dann bist du eingeschlafen.«
»Nackt?«
»Als ich eingeschlafen bin, warst du angezogen. Du musst dich irgendwann ausgezogen haben.«
»Und wieso warst du nackt?«
»Ich schlafe immer nackt.«
»Ah.«
Sie grinst immer breiter, hat anscheinend einen Heidenspaß.
»Mach dir keinen Kopf, nichts passiert, außer einer wirklich schönen Nacht.« Sie beugt sich vor und drückt mir einen Kuss auf die Wange. »Danke. Das war genau, was ich brauchte.«
»Toll.«
Sie grinst wieder dieses schiefe Grinsen.
»Ich geh dann mal. Ich wünsche dir ein schönes Leben, aber das hast du ja schon.«
»Danke. Mach’s gut.«
Sie lächelt noch mal, dann geht sie die Treppe runter. Mit jeder Stufe wird sie kleiner. Durchhalten! Nur noch dreißig Sekunden, dann ist sie weg! Eine andere Stimme schreit: Ihre Nummer! Ihre Nummer! Du brauchst ihre Nummer! Die Stimme der Unvernunft. Dieselbe Stimme schrie damals bei Isa: Die ist es! Die ist es!
Ich schaue ihr nach, bis sie zwei Stockwerke tiefer verschwindet. Als unten die Haustür ins Schloss fällt, atme ich erleichtert auf und fühle mich zugleich enttäuscht. Verliebtheit ist ein diskrepantes Ding.
Zehn Minuten später stehe ich in einem frischen Anzug in einer leeren Küche und genehmige mir meinen dritten Kaffee und ein Aspirin. Irgendwo in der Wohnung poltern die Kinder herum, oder nur Oscar. Er übernimmt fünfundneunzig Prozent des Krachs, den die beiden fabrizieren. Rene kommt rein und gießt sich ihren was-weiß-ich-wievielten Kaffee ein. Ich mustere ihr Businesskostüm und hebe eine Augenbraue.
»Ich dachte, heute ist Kindertag.«
»Muss nur kurz ins Büro. Ich nehme die Kinder mit.«
»Ins Büro? An einem Feiertag?«
Sie ignoriert meinen Blick, schnappt sich dafür mein Aspiringlas und leert es in einem Schluck.
»Wer hat gestern die Schnäpse geordert?«
»Du.«
»Wenn ich das je wieder tue, töte mich.«
»Das sagst du jedes Mal.«
»Dann tu es endlich.«
Sie massiert ihre Schläfen, kneift die Augen zusammen und scheint in sich hineinzuhorchen. Sie sieht wirklich nicht fit aus, aber man müsste schon auf sie schießen, damit sie mal einen Tag freimacht.
»Und, wie war es?«
»Keine Ahnung, ich hab einen Filmriss«, sage ich.
»Spar dir den Scheiß«, sagt sie und winkt müde ab. »Ich komme schon damit klar, dass wenigstens einer in diesem Haushalt am sexuellen Leben teilnimmt.«
»Glaubst du wirklich, man kann in dem Zustand noch Sex haben?«
»Volker konnte.« Sie reibt sich die Schläfen und mustert mich aus zusammengekniffenen Augen. »Heißt das, du hast nicht mit ihr geschlafen?«
»Glaub nicht.«
»Trottel«, sagt sie mit Nachdruck. »Und wann seht ihr euch wieder?«
»Gar nicht.«
Sie hört auf, ihre Schläfe zu massieren, und starrt mich an.
»Hast du den Verstand verloren?«
»Nein, im Gegenteil, ich höre ihm zu.«
»Du hast dir
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