Die Beste Zum Schluss
verspüre ein verwirrendes Gefühl aus Erleichterung und Enttäuschung. Ich bin erleichtert, weil sie weg ist. Jetzt bleibt alles beim Alten, und alt ist gut. Doch alt ist ohne Eva, und das ist schlecht. Aber Glück gehabt. Isabella fand ich am Anfang auch klasse und dann? Genau .
Das Flugzeug steigt weiter. Ich schaue ihm nach, bis es am Horizont verschwindet. Zurück bleibt ein Punkt auf der Erde. Punkt.
Als ich in die Küche komme, sitzt Oscar mit Susi am Küchentisch. Er hält das protestierende Tier auf seinem Schoß und tut, als wäre nichts, obwohl das Vieh klingt wie mein Handy auf Stress.
»Soll ich Kaffee machen?«, fragt er eifrig.
»Und?«
»Zähne putzen, Tisch decken, Mama wecken.«
»Ab.«
Er verschwindet und presst Susi so verstohlen an sich, wie ein halb nackter Junge ein quiekendes Meerschweinchen verstohlen an sich pressen kann. Ich gehe ins Bad, reiße mir die Kleidung vom Leib und stelle mich unter die Dusche. Warm, kalt, heiß, eiskalt. Als ich aus der Dusche komme, ist Evas Geruch weg, trotzdem ist sie noch da. Beim neurolinguistischen Programmieren gibt es die Übung »Spiegeln«. Sie besteht darin, sich genauso zu verhalten wie sein Gegenüber. Man sitzt wie er, man redet wie er. Man macht ihm alles nach: Gestik, Mimik, Intonation. Das habe ich vor. Ich spiegele jetzt einen normalen Tag, an dem ich nicht die interessanteste Frau, die ich seit Jahren getroffen habe, zum Flughafen gefahren habe. Kaffee und ab ins Büro. Ein ganz normaler Tag.
Die Tür fliegt auf. Rene kommt im Morgenmantel hereingetaumelt. Ihr Gesicht ist vom Schlaf verquollen, und ihre Haare stehen in alle Richtungen.
»Hey«, krächzt sie, drängelt sich an mir vorbei, lässt den Bademantel fallen und verschwindet in der Dusche. An einem normalen Tag müsste ich sie jetzt nerven und sie mich anschweigen. Ihren Part erledigt sie routiniert, doch als sie aus der Dusche kommt, bin ich zur Hälfte rasiert, und mir ist immer noch nichts Belangloses eingefallen. Sie schlüpft in den Bademantel, schnappt sich ein Handtuch und beginnt, ihre Haare trocken zu rubbeln.
»Na, geht doch«, sagt sie. »Kaum hast du mal Sex, hörst du auf, mich anzuglotzen. Wie war’s?«
Ich konzentriere mich ganz auf die schwierige Stelle unter meinem Kinn, wo ich eine Narbe habe.
»Was ist mit deiner Dusche? Wann rufst du den Handwerker?«
Sie hebt das Handtuch, als wollte sie mich schlagen.
»Du hast sie doch nicht etwa noch mal gehen lassen?«
»Keine Sorge, wir haben es getan, bist du jetzt zufrieden?« Und danach ist sie gleich weiter nach Kanada geflogen. »Lola kam heute Nacht rüber und fand uns im Bett. Keine Sorge, sie hat nichts gesehen, aber ich denke, wir sollten ihr die Sache erklären. Sie hat mich ja nie mit einer anderen Frau gesehen, was meinst du?«
Sie verpasst mir eins mit dem Handtuch auf den Rücken.
»Au!«, rufe ich und reibe die Stelle, die sie erwischt hat. »Wofür war das?«
»Hast du mit ihr geschlafen, oder redest du wieder Müll?«
Ihr Gesichtsausdruck bringt mich fast zum Lachen. Gott, jetzt muss ich schon ihr zuliebe Sex haben.
»Entspann dich, wir haben miteinander geschlafen, und es war …« Ich atme tief ein und suche nach einem treffenden Wort. »Gut.«
Sie grinst.
»Ich bin stolz auf dich.« Sie beginnt, sich wieder abzutrocknen. »Und wann seht ihr euch wieder?«
»Sie ist weg.«
»Wie, weg?« Sie verharrt und fixiert mich. »Wann kommt sie wieder?«
»Gar nicht. Sie sitzt im Flieger nach Kanada.«
Sie richtet sich auf.
»Was hast du getan?«
»He, sie ist ausgewandert, ja? Sie plant das seit Monaten.«
»Verdammter Idiot.«
Sie versucht, mich wieder mit dem Handtuch zu schlagen. Ich nehme es ihr ab. Sie marschiert kopfschüttelnd aus dem Badezimmer.
Als ich glatt rasiert in mein Schlafzimmer komme, liegt Lola immer noch im Bett. Ein kleiner Fuß schaut verlockend unter der Bettdecke hervor, und sie ist ungefähr so kitzlig wie Berlusconi korrupt. Ich widerstehe dem Drang und freue mich einfach darüber, dass sie immer meine Nähe sucht. Zumindest bilde ich mir ein, dass sie meinetwegen hier ist. Vielleicht wird es auch einfach Zeit, dass sie ihr eigenes Zimmer bekommt. Noch ein paar Monate, dann werden drei Leute in diesem Haushalt ausflippen, wenn ich mit ihnen eine kleine Hausbegehung mache. Der Gedanke, wie sie ausrasten werden, lässt mich für eine Sekunde lächeln. Dann holt mich der Morgen wieder ein.
Ich öffne den Kleiderschrank und picke einen hellgrauen Anzug heraus. Als
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