Die Beste Zum Schluss
ihn immer noch nicht. Also beschloss ich, in den sauren Apfel zu beißen, und machte Schluss. Verena fiel aus allen Wolken und fragte mich, wieso? Ich erklärte ihr, dass es nicht so gut lief zwischen dem großen Mads und dem kleinen Mads. Sie erklärte mir wieder, dass es nur eine Frage der Zeit sei. So ging das hin und her, bis ich schließlich damit herausplatzte, dass ihr Kind ein Arschloch sei und ich es hassen würde. Nichts beendet eine Beziehung schneller als das. Sollte man meinen. Bei Verena nicht. Sie wollte trotzdem mit mir zusammen sein. Obwohl ich ihr einziges Kind nicht mochte. So etwas können Zeichen: Sie können eine Mutter dazu bringen, eine Beziehung mit einem Mann zu führen, der ihren Sohn nicht mag. Zeichen sind gefährliche Zufälle, die, wenn sie falsch interpretiert werden, ähnlichen Schaden anrichten können wie Hormonausschüttungen. Leider sind sie manchmal ebenso verlockend. Zum Beispiel, wenn man unbedingt nach Kanada möchte, dies aber auf keinen Fall tun sollte – und sich dann auf dem Computerbildschirm Internetseiten mit Reiseangeboten nach Kanada öffnen …
Die Bürotür öffnet sich. Sarah steckt den Kopf rein.
»Der Alte will dich sehen.«
»Was will er?«
»Keine Ahnung.«
»Was Neues vom Flurfunk?«, frage ich und klicke auf »Schließen«. Das Onlineangebot der Fluglinie verschwindet vom Bildschirm.
Sarah schüttelt den Kopf und wirft einen verstohlenen Blick zur Trennscheibe, hinter der Vanessa uns beobachtet.
»Es ist, als hätte Vanessa sich nach der Party in Luft aufgelöst. Es hat aber jemand gesehen, wie t r sie angebaggert hat, bevor sie verschwand.«
» t r baggert jede an, und viele verschwinden danach. Außerdem: Wieso sollte Vanessa mit t r schlafen? Er ist Fotograf.«
»Richtig«, stimmt sie mir zu. »Das ist so gar nicht ihre Preisklasse. Wobei ….« Sie kratzt nachdenklich ihr Kinn. »Vielleicht schläft sie ja auch manchmal mit Leuten, von denen sie nicht beruflich profitiert.«
Wir denken da eine Sekunde drüber nach und schütteln gleichzeitig den Kopf.
»Was ist eigentlich los mit dir?«, lästere ich. »Früher wusstest du doch alles, und jetzt kriegst du nicht mal raus, wen t r flachgelegt hat. Gut, klar, wir können neun Monate warten und schauen, wer ein Baby kriegt, aber …«
»Ich krieg’s raus«, schwört sie und verlässt das Büro mit einem Habitus, als hätten wir Hinweise auf den verschwundenen Goldzug von 1945 .
Gerd sitzt hinter seinem überdimensionalen Schreibtisch und betrachtet irgendwas auf seinem Bildschirm. Seine heutige Fliege ist blau, sein Hemd grün, auf halber Strecke scheint ihm die Luft ausgegangen zu sein, denn Hose und Schuhe sind schwarz.
»Du wolltest mich sprechen?«, frage ich und lasse mich in den tiefergelegten Besucherstuhl fallen.
»Wie lief es gestern?«, brummt er.
»Wieso, hat sich jemand beschwert?«
Er löst seinen Blick vom Bildschirm und fixiert mich.
»Wieso sollte sich jemand beschweren?«
Aus seiner Frage schließe ich, dass keiner sich beschwert hat, was eine dieser positiven Überraschungen ist, die einen misstrauisch stimmen.
»So jemand findet doch immer was zu meckern. Ich wette, wenn die sich mal schneidet, kommt Säure statt Blut. Stellt sich dann allerdings die Frage, aus welchem Material ihre Tampons sind, was?«
Er schaut verständnislos drein.
»Caros Managerin«, erkläre ich ihm.
Jetzt will er natürlich erst recht wissen, was los war. Ich erkläre ihm, dass ich ein tierisch gutes Gespräch mit Caro hatte, meine Akkus aber alle waren und ich deswegen neue kaufen gehen musste. Es ist ihm anzumerken, dass er mir kein Wort glaubt. Aber er hakt nicht nach, sondern erinnert mich nur daran, dass er den Text in einer Woche auf dem Tisch haben will. Eigentlich braucht er ihn nicht so früh, aber er wolle diesmal einen ordentlichen Zeitpuffer bis zum nächsten Redaktionsschluss haben, falls ich es wieder verbocke. So schnell geht das. Fünf Jahre zuverlässige Qualität, einmal Bockmist und schon Wackelkandidat.
»Okay, dann mache ich mich an die Arbeit.«
Ich bin schon halb aus dem Stuhl, als er die Hand hebt.
»Moment noch«, sagt er und sagt dann nichts mehr. Und je länger er schweigt, desto klarer wird mir, dass gleich was Unangenehmes kommt.
»Ich kann später wiederkommen«, biete ich ihm an.
»Hör mal, Mads …« Er kratzt sich an der Nase und weicht meinem Blick aus. »Der Verleger hat mich gebeten, noch ein Jahr dranzuhängen. Es kommen einige Umstellungen auf
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