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Die Beste Zum Schluss

Titel: Die Beste Zum Schluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Birbæk
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also lass dir ein bisschen Liebe geben und genieß das Leben. Du hast keine Ahnung, ob nicht schon morgen irgendein Scheißknoten irgendwo auftaucht, also verdammt noch mal carpe diem!«
    Sie gibt mir einen leichten Stupser gegen die Brust, schnappt sich wieder meine Flasche und leert sie, ohne mich aus den Augen zu lassen. Ihre funkeln vor Lebenslust, und ich weiß, dass sie recht hat. Eva ist weg, und nun geht es weiter.
    »Sei kein Schlappschwanz, ja?«
    Nach diesen kollegialen Worten zieht es meine beste Freundin wieder auf die Tanzfläche. Eine karibische Schönheit verschafft mir eine Tanzerektion, und ich denke an jemanden, den ich kaum kenne. Ein klarer Fall von Realitätsflucht. Rene hat wirklich recht, ich sollte endlich aufhören zu zicken und den Abend genießen.
    Ich ordere ein neues Bier und sehe, wie meine Tanzlehrerin von der Toilette kommt. Ihre braune Haut glänzt vor Schweiß, sie grüßt nach links und rechts, und lächelt, als sie meinen Blick sieht. Aber es ist nicht das breite Lachen von vorhin. Rossella spürt was. Sie gibt mir die Chance, stehend mit ihr Safer Sex zu praktizieren, und ich greife nicht zu. Vielleicht habe ich es jetzt doch geschafft, sie zu beleidigen.
    Sie geht hinter die Theke, schenkt sich ein Glas Rosé ein und stellt sich zu mir. Nun ist die Theke wieder zwischen uns.
    »Tut mir leid mit deinen Füßen«, sage ich und proste ihr zu.
    »Sie bluten kaum«, sagt sie, »das ist für einen Europäer ganz gut.«
    Ich lache. Sie fischt sich einen Eiswürfel aus dem Eiswürfelbehälter, steckt ihn sich in den Mund und kaut darauf herum. Gut möglich, dass sie sich nichts Böses dabei denkt. Wir reden ein bisschen über die Grobmotorik der Europäer, über die Karibik, über Aachen. Als wir beim Wetter ankommen und ich das nächste Bier ordere, lehnt sie sich vor, legt ihre Handflächen auf die Theke und mustert mich mit ihren schwarzen Augen.
    »Magst du mich nicht?«
    Ich lache.
    »Rossella, wie kann man dich nicht mögen? Du bist die erste Frau, die mir durch Eiswürfelkauen einen Herzinfarkt verpasst.«
    Sie lacht nicht. Stattdessen betrachtet sie mich wissend.
    »Dann gibt es also eine andere Frau …«
    Ich winke ab.
    »Das ist kompliziert.«
    »Oh, ich bin ein großer Fan von komplizierten Beziehungsgeschichten. Man könnte fast sagen, ich bin Expertin.« Etwas Düsteres überschattet ihre Mimik und verschwindet sofort wieder. »Also, es gibt da eine Frau?«
    »Es gab sie.«
    »Und wo ist sie jetzt?«
    »Weg.«
    Sie hebt die Augenbrauen.
    »Verstorben?«
    »Verreist.«
    »Wann kommt sie wieder?«
    »Gar nicht. Sie ist ausgewandert.«
    Darüber denkt sie ein paar Sekunden nach. Sie schnappt sich noch einen Eiswürfel und knabbert daran. Ihre dunklen Augen fixieren meine.
    »Und was machst du dann noch hier?«
    Treffer. Versenkt.
    »He, nur weil ich verliebt bin, muss ich ja nicht gleich mein Leben über den Haufen schmeißen.«
    Sie runzelt die Stirn, und richtig, versuche ich gerade einer Latina zu erklären, dass es was Sinnvolleres gibt, als sich zu verlieben? Mein Anti-Verliebtheitsmonolog liegt mir auf der Zunge, aber ich beginne mich schon selbst damit zu langweilen, also trinke ich lieber noch einen Schluck Bier.
    Rossella legt den Eiswürfel in ihr Glas und nippt daran, ohne mich aus den Augen zu lassen.
    »Klingt, als hättest du mal schlechte Erfahrungen gemacht.«
    »Mal? Weißt du, was Verlieben ist? Eine zeitlich begrenzte Hormonausschüttung, die Angstgefühle unterdrückt und Euphorie schürt.«
    »Quatsch«, sagt sie und unterstreicht das mit einer energischen Handbewegung, die ihre Armreife klackern lässt. »Verlieben ist Hoffnung ! Deswegen spielen die Leute so gerne Lotto. Rein rechnerisch macht das keinen Sinn, aber sie wollen auf etwas hoffen können.«
    »Ach, wirklich?«, spotte ich. »Und ich dachte, sie wollen reich werden.«
    »Das ist doch nur ein Nebenaspekt«, sagt sie.
    »Ach so.«
    »Ja«, sagt sie nachdrücklich. »Die Leute zahlen dafür, dass sie bis zur Ziehung von einer besseren Zukunft träumen können. Sie verspüren Vorfreude und beschäftigen sich mit den Möglichkeiten, das Leben zu genießen – und das macht glücklich. Nur Checker kommen da mit Wahrscheinlichkeitsrechnungen.«
    »Die besagen, dass die Leute zu 99 , 99 Prozent enttäuscht werden.«
    Sie winkt ab. Die Holzringe um ihr Handgelenk klackern wieder.
    »Doch nur kurz. Nach der Ziehung ist vor der Ziehung.«
    Oh Mann, eine Karibiktänzerin voller Kalendersprüche. Sie

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