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Die Besteigung Des Rum Doodle

Die Besteigung Des Rum Doodle

Titel: Die Besteigung Des Rum Doodle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: W. E. Bowman
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zu entbehren, aber ich wusste, dass Prone recht hatte: Constant und ich durften keine Gelegenheit auslassen, mehr voneinander zu erfahren. Es stellte sich allerdings heraus, dass ich von Constant nicht mehr erfuhr, als dass er sich eines gesunden Schlafs erfreute, denn er schlief augenblicklich ein, sobald ich es mir in meinem Schlafsack bequem gemacht hatte.
    Wir standen früh auf, und ich setzte folgende Nachricht ab: »Nordwand bezwungen und Erkundung des Rum Doodle begonnen. Alle gesund und munter und gespannt darauf, den gewaltig über uns dräuenden Berg anzugreifen, der uns herausfordert, den Fuß auf seine tückischen Hänge zu setzen. Moral der Mannschaft weiterhin erstklassig, und die Träger sind fabelhaft.«
    Wir sagten Prone endgültig Lebewohl. Es war eine schwere Enttäuschung für ihn – wie für uns alle natürlich –, dass er nicht imstande war, uns zu begleiten, und ich fragte mich, wie sein Vater die Nachricht von seiner Unpässlichkeit aufnehmen würde. Seiner Frau würde sie zweifellos eine weitereMöglichkeit bieten, den armen Kerl zu quälen. Ich tat mein Bestes, um ihn aufzumuntern. Ich sagte ihm, dass die noble Art, wie er seine Leiden trug, uns allen ein stetes Beispiel und Ansporn seien, insbesondere für mich, der ich seine traurige Geschichte kenne. Er klopfte mir auf die Schulter und sagte: »Ja, kleiner Mann.« Er wirkte sehr zufrieden.
    Wir erreichten die vorgeschobene Basis ohne besondere Vorkommnisse. Constant fiel in mehrere Gletscherspalten und ich in ein oder zwei. Wir wurden jedoch von den Trägern herausgeholt, die schnell lernten, wie man das Seil handhabt. Ihre Namen waren So Lo und Lo Too. Sie waren klein und stämmig. Wenn sie nicht gerade Stunk rauchten (was selten vorkam), stritten sie miteinander, oder jedenfalls kam es mir so vor. Von Constant und mir nahmen sie keinerlei Notiz, es sei denn, wir gaben ihnen Befehle, die sie gewissenhaft, aber ohne das geringste Zeichen von Interesse ausführten. Constant meinte, ihre Stimmung werde sich rasch bessern, da wir inzwischen die 20 000-Fuß-Marke überschritten hatten. Aufmerksam hielt ich nach Anzeichen für eine derartige Entwicklung Ausschau, denn um die Wahrheit zu sagen, schüchterten ihre Unabhängigkeit und ihre Undurchdringlichkeit mich ein wenig ein. Ich wusste, dass der Osten undurchschaubar ist, aber ich hatte kaum erwartet, dass er sich mir so undurchschaubar präsentieren würde.
    Wir hatten, dieselben Stufen benutzend wie zuvor, an der ersten Eiswand eine kurze Strecke zurückgelegt, als Constant mich auf eine kleine Gestalt aufmerksam machte, die sich uns aus Richtung des Basislagers näherte.
    Es gibt Augenblicke, da trifft das Leben einen Mann so hart, dass er sich unfähig fühlt, sein Schicksal selbst zu bestimmen; er ist dann wie ein Insekt, das unter dem Fuß eines Riesen zerdrückt wird.
    Für mich war dies solch ein Augenblick, und von ConstantsGesicht konnte ich ablesen, wie niedergeschmettert auch er war.
    Ich senkte den Blick in der Hoffnung, ich könnte vergessen, was ich gesehen hatte.
    »Kann man denn nichts tun?«, fragte ich.
    Er schüttelte den Kopf: »Ich werde es versuchen, aber es ist so gut wie hoffnungslos.«
    Unterdessen hatte die kleine Gestalt begonnen, die Stufen hinaufzuklettern. Eine Riesenlast von Küchengeräten, die bei jedem Schritt klirrten und rasselten, drückte sie beinahe zu Boden. Sie stieg zu uns auf wie ein Wesen aus der Unterwelt und blieb schließlich wenige Schritte unterhalb von uns stehen, um uns den platten Albtraum von einem Gesicht zuzuwenden.
    Constant begann ein langes und heftig geführtes Gespräch, derweil So Lo und Lo Too zufrieden ihre Pfeifen schmauchten, während ich versuchte, die Kontrolle über mein Schicksal wiederzugewinnen, indem ich über Totters
Gedanken in großen Höhen
meditierte.
    Schließlich fand der Zank ein Ende, und Constant berichtete mir, es sei ihm völlig unmöglich gewesen, Pong zur Umkehr zu bewegen, alle Bestechungsversuche, Drohungen und Täuschungsmanöver hätten nichts genutzt. Pong, so sagte er, sei offensichtlich ein Mann von großer Zielstrebigkeit. Wenn man nicht gerade mit Felsbrocken nach ihm werfe, so Constant, sehe er keine Möglichkeit, ihn zur Umkehr zu bewegen. Er habe ihm aber gesagt, dass er nicht weiter als bis zur vorgeschobenen Basis aufsteigen solle, wo er von denen gebraucht würde, die schwach und hilflos vom Berg herabstiegen.
    Ich erwiderte, das sei für die Schwachen und Hilflosen recht hart. Constant

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