Die bestellte Braut
Sullivans wütender Blick gewesen wäre, der ihr sagte, dass sie auch jetzt noch meilenweit von Klarheit in dieser Angelegenheit entfernt waren, dann hätte dies Mr. Sullivans nächster Satz getan.
„Miss O'Brian, es tut mir aufrichtig leid, aber ich habe nicht die geringste Ahnung, wovon Sie sprechen. Ich habe nirgendwo eine Heiratsannonce aufgegeben.“
Warum sind Sie für heute nicht mein Gast?
Allenfalls ein Badezuber mit eiskaltem Wasser, der sich über sie ergoss, hätte auf Steffiney einen ähnlichen Effekt haben können. Sie hatte all ihre Hoffnungen auf Charles Sullivan und die Black Creek Ranch gesetzt. Und nicht nur das. Sie hatte auch all ihr Geld, ihre letzten Ersparnisse, in diese Reise investiert. Und jetzt schien Mr. Sullivan nichts von der ganzen Sache wissen zu wollen.
Aber das war doch nicht möglich! Mr. Smith hatte ihr doch alle Einzelheiten genannt. Ganz offensichtlich sogar die richtige Adresse, ganz zu schweigen von den Informationen über die Familie. Auch wenn sie von völlig falschen Voraussetzungen ausgegangen war.
Hilfesuchend blickte sie erst zu Mr. Sullivan, dann zu dessen älteren Sohn. Doch während Ersterer ihr noch ein gewisses Mitgefühl entgegenbrachte, hatte der Zweite sich anscheinend schon einen Reim auf ihre Geschichte gemacht. Und keinen besonders schmeichelhaften.
Bis eben hatte Luke Sullivan auf der Kante des Pinienholz-Schreibtisches gesessen, der in einer Ecke des Salons stand, doch jetzt erhob er sich und kam auf Miss O'Brian zu. Aus ihrer sitzenden Perspektive erschien er ihr noch bedrohlicher als zuvor.
„Ich gebe Ihnen einen guten Rat, Miss: Verschwinden Sie. Ihr kleines Spielchen ist nur allzu durchsichtig, aber damit verschwenden Sie bei uns ihre Zeit!“ War Luke Sullivan anfangs nur etwas unfreundlich erschienen, so hatte seine Stimme jetzt eindeutig einen drohenden Unterton.
„Bitte, ich verstehe nicht... Was meinen Sie mit Spielchen? Ich habe all mein Geld in diese Reise investiert, weil mir Mr. Smith...“ Miss O'Brian war inzwischen den Tränen nahe, doch selbst diese Tatsache konnte Luke Sullivan nicht milder stimmen. Ganz im Gegenteil, es schien seine Wut nur noch zu befeuern.
„Jetzt tun Sie doch nicht so scheinheilig! Sie werden irgendwo gehört haben, dass mein Vater eine Menge Land besitzt und ein gutmütiger Mann ist. Und da haben Sie sich gedacht, Sie probieren hier mal ihr Glück. Wollen Sie nur ihre Reisekasse ein bisschen aufbessern oder haben Sie tatsächlich geglaubt, dass Sie ihm ein derart schlechtes Gewissen machen können, dass er sie heiratet? Es ist doch offensichtlich, dass Sie sich diese ganze Geschichte nur aus den Fingern saugen, Sie kleine Betrügerin!“ Der grollende Unterton in der Stimme des schwarzhaarigen Cowboys sprach Bände.
Doch das Wort Betrügerin hatte auf Miss O'Brian einen seltsamen Effekt. Ihre Augen, die bis eben noch in Tränen geschwommen waren, bekamen mit einem Mal ein streitlustiges Funkeln. Auf ihrer Stirn bildete sich eine steile Zornesfalte und ihre Hände ballten sich zu Fäusten. Als hätte sie auf der Sitzfläche ihres Sessels einen Skorpion gefunden, sprang die zierliche Frau auf und baute sich mit in die Seiten gestemmten Armen vor Luke Sullivan auf. Die imposante Pose verlor etwas dadurch, dass sie wieder den Kopf in den Nacken legen musste, um ihm in die Augen zu schauen, aber bei ihrem stahlharten Blick blieb sogar Charlie das Lachen im Halse stecken.
„Ich habe nicht mein ganzes Geld in eine Reise von Boston nach Green Hollow, Colorado gesteckt, um mich hier von irgendeinem hinterwäldlerischen Ochsentreiber als Betrügerin beschimpfen zu lassen!“, fauchte sie. „Ich kann beweisen, dass ich von einem seriösen Institut hierher geschickt wurde und keine unlauteren Absichten verfolge.“
Miss O'Brian holte aus ihrem Retikül einige zusammengefaltete Papiere, doch ihre zitternden Hände zeugten nur zu gut davon, dass sie ihr Pulver mit diesem Angriff eigentlich schon verschossen hatte. Ohne ihren Blick von Luke Sullivan abzuwenden, streckte sie Mr. Sullivan Sr. das Schreiben entgegen.
Luke Sullivan dagegen erdreistete sich tatsächlich mit verschränkten Armen noch einen weiteren Schritt auf sie zu zutreten. Kaum ein Fingerbreit trennte die beiden Kontrahenten noch voneinander und Miss O'Brian war die mangelnde Distanz zwischen ihr und einem fremden Mann sichtlich unangenehm. Doch mit hochrotem Gesicht hielt sie ihren Posten und wich nicht einen Schritt zurück, als Luke
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