Die bestellte Braut
offensichtlich nicht erwünscht“, stellte Steffiney jetzt wieder überraschend gefasst klar.
Charles Sullivan Sr. war ein durch und durch gutmütiger Mensch, doch jetzt hielt er es für angeraten, andere Töne anzuschlagen. Strenge und Autorität klangen im nächsten Satz deutlich durch.
„Miss O'Brian, dieses Haus gehört immer noch mir. Folglich entscheide ich, wer hier erwünscht ist und wer nicht. Im Übrigen wird Ihnen nichts anderes übrig bleiben, als die Nacht hier zu verbringen. Wenn ich es mir recht überlege, kann ich heute unmöglich einen meiner Männer entbehren, um Sie in die Stadt zurück zu fahren. Das wird frühestens morgen der Fall sein.“ Das vergnügte Zwinkern in seinen Augen nahm dieser Rede allerdings jegliche Schärfe. „Und Sie würden mir im Übrigen einen Gefallen tun. Wir haben hier viel zu selten Damenbesuch und für Charlie wird es nur von Vorteil sein, sich in den richtigen Umgangsformen ihnen gegenüber zu üben.“ Es war offensichtlich, dass Mr. Sullivan Letzteres nur hinzufügte, um seine Einladung weniger wie ein Almosen aussehen zu lassen.
Steffiney rang noch einige Momente mit sich, bevor sie schließlich langsam mit dem Kopf nickte. Was blieb ihr auch anderes übrig? Was hätte sie in der Stadt tun sollen? Auf der Straße übernachten und die letzten Pennies für ein Telegramm ausgeben, das vielleicht nicht einmal Erfolg haben würde?
„Ich danke Ihnen vielmals“, flüsterte sie, während Luke Sullivan mit energischen Schritten und düsterem Blick den Salon verließ.
Leider konnte man das Büro der Heiratsvermittlung nicht ausfindig machen.
Mrs. Prudle, eine robuste Frau in den 50ern, die sich als Haushälterin der Sullivans vorstellte, sorgte in ihrer etwas hemdsärmeligen, aber nicht unfreundlichen Art dafür, dass Steffiney alles bekam, was sie brauchte. Die ältere Frau brachte sie in dem geräumigen, gemütlichen Gästezimmer im Haupthaus unter, bereitete ihr ein Bad und brachte der jungen Frau später das Abendessen auf einem Tablett ins Zimmer hinauf.
Miss O'Brian hatte sich mit vorgetäuschten Kopfschmerzen beim Familienabendessen der fünf Sullivan-Männer entschuldigen lassen. Ihr stand der Sinn nicht im Geringsten danach, unter den missbilligenden, feindseligen Blicken von Luke Sullivan Konversation mit fremden Männern zu machen. Glücklicherweise akzeptierte Mr. Sullivan ihre Entschuldigung ohne weitere Fragen zu stellen.
Als Steffiney abends in ihrem geborgten Nachthemd am geöffneten Fenster stand und auf die Prärie hinaus sah, musste sie bitter lächeln. Sie dachte an Mrs. Rulys letzte Worte, als sie sich von ihrer Wirtin verabschiedet hatte.
„Ich gratuliere Ihnen Kindchen. Wird ja auch Zeit, dass Sie endlich unter die Haube kommen. Ich weiß gar nicht, wann ich zum letzten Mal eine alleinstehende Dame über 25 beherbergt habe. Muss ein hartes Los sein, wenn so lange keiner anbeißt“, hatte die fettleibige, ältere Dame gesagt und bevor Steffiney sich mit einem gezwungenen Lächeln bedankte. In all den Jahren hätte sie sich an solche Bemerkungen eigentlich gewöhnt haben müssen, aber es fühlte sich trotzdem jedes Mal wie eine Ohrfeige an. Eine Frau ohne Ehemann war eben nichts wert und hatte den Sinn ihres Lebens nicht erfüllt. Zumindest nicht in den Augen der Gesellschaft.
Aber es war nicht nur die Enttäuschung darüber, dass ihre Pläne gescheitert waren und sie immer noch als Außenseiterin da stand, die sie überkam, sondern auch so etwas wie ehrliches Bedauern.
Alles was sie gewollt hatte, war eine Ehe um versorgt zu sein. Die Black Creek Ranch war ein schöner Flecken Erde, auf dem sie sich hätte wohlfühlen können.
Und auch Charles Sullivan Sr. schien ein umgänglicher, netter Mann zu sein. Er hätte zwar ihr Vater sein können, aber sie war sich sicher, dass sie sich auch an den Altersunterschied gewöhnt hätte. Aber gerade rechtzeitig, bevor sie zu sehr bedauern konnte, dass Mr. Sullivan nicht im Traum daran dachte, sie zu heiraten, fiel ihr der älteste Sohn wieder ein.
Nein! Mit Luke Sullivan unter einem Dach leben zu müssen, war eine Vorstellung, die ihr sofort wieder die Zornesröte ins Gesicht trieb. Und auch die anderen Söhne waren bis auf Charlie in ihrem Alter, wie sie von Prudle gehört hatte. Es wäre doch eine zu seltsame Situation gewesen die Stiefmutter von Männern zu sein, die ihre Brüder hätten sein können. Zufrieden mit diesem vollauf vernünftigen Gedanken begab sich Miss O'Brian zu
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