Die besten Freunde meines Lebens - Roman
diesen Standort in Wimbledon zurückgreifen, wenn du immer noch meinst, es sei der beste Ort für unsere erste Eröffnung in London.«
Nicci zuckte die Achseln, während sie in ihrem Laptop auf style.com überprüfte, ob sie für die Kreuzfahrtkollektion irgendwelche Schätze übersehen hatte. »Trotzdem ist Gabriel Monihan ein Arschloch«, sagte sie. »Aber das ist dein Bereich. Ich würde von dir auch nicht erwarten, dass du mir sagst, ob ich Isabel Marant oder Vanessa Bruno einkaufen soll. Wenn du dich also dazu entschließt, ist er unser Arschloch.«
Jo grinste ihre Geschäftspartnerin an, ihre beste Freundin seit vielen Jahren. »Dann ist er hiermit unser Arschloch.«
Als sie nun »ihr Arschloch« hinter seinem unheimlich auf geräumten Glas-Stahl-Schreibtisch betrachtete und beobachtete, wie sich sein Mund bewegte, fand sie ihn genauso unsympathisch wie Nicci. Diese kleine, teure, dünn gerahmte Brille, die er, laut Nicci, nur trug, um sie beide verächtlich über den Rand hinweg mustern zu können. Dieser protzige, teure Anzug. Sein immer noch volles, zu perfekt getöntes Haar. Seine manikürten Hände. Dieses Detail fand Jo besonders ätzend. Manikürte Hände? Welcher Mann geht schon zur Maniküre?
Instinktiv verbarg Jo ihre Hände hinter dem Rücken, kam sich dann aber vor wie ein Schulmädchen im Büro des Direktors, und legte die Hände wieder auf den Schoß.
Sie hatte sich heute früh sehr sorgfältig angekleidet, trug das Armanikostüm, zu dessen Kauf Nicci sie mehr oder weniger gezwungen hatte. Natürlich als »Investition«. Allein der Gedanke an den Preis trieb Jo Tränen in die Augen. (Sie hätten von diesem Geld Granitarbeitsplatten für die geplante Küchenerweiterung kaufen können.)
Doch ihre abgekauten Fingernägel sahen aus, als gehörten sie einem neurotischen Teenager. Nicci hätte sie niemals so zu Gambit Capital gehen lassen, selbst wenn das einen Umweg über ein Nagelstudio bedeutet hätte. Vor die Wahl zwischen gepflegt und pünktlich gestellt, hätte sich Nicci ganz klar für Ersteres entschieden. Dass Jo die gegenteilige Wahl getroffen hatte, war gewissermaßen eine Bestätigung für Gabriel Monihans Worte, ob ihr das nun gefiel oder nicht.
»Ich suche schon seit einiger Zeit nach einem geeigneten Kandidaten«, sagte Jo, und in ihrem Ton schwang die Botschaft mit: Es geht Sie einen feuchten Kehricht an, wie ich meine Firma leite, solange Sie Ihre Kohle kriegen . »Aber bisher war noch niemand dabei, der über das entsprechende Format verfügte. Zumindest nicht für dieses Gehalt. Es gibt kaum eine Firma unseres Niveaus, die mit so wenig Personal so effizient arbeitet. Andere Firmen würden sich die Finger lecken, wenn sie unsere laufenden Geschäftskosten hätten. In den meisten Betrieben sind mehrere Leute für den Einkauf zuständig, bei uns war das nur Nicci. Anders gesagt, Niccis vielfältige Talente sind schwer in einer Person zu finden. Ich habe einen bekannten Headhunter mit der Suche nach zwei Abteilungsleitern auf Angestellten-Basis beauftragt. Eine Person für den Einkauf und eine für das Styling und die Verwaltung der Garderobe. Das Online-Geschäft ist abgedeckt, für die Boutiquen sind Geschäftsführer zuständig, die den Privateinkauf nach klaren Vorgaben leiten.«
Die Worte gingen ihr so flüssig über die Lippen, dass sie sogar für ihre Ohren glaubwürdig klangen. Es war ja auch die Wahrheit. Fast. Was sie verschwiegen hatte, war, dass ihr die Zeit davonlief und sie mittlerweile gewaltig unter Druck stand. Als sie sich vor Wochen widerwillig dazu aufgerafft hatte, neues Personal zu suchen, war die Situation wesentlich entspannter gewesen. Damals hatte sie noch ge hofft, die Kosten für einen Headhunter vermeiden zu können, indem sie einfach eine Stelle auf Fashion Monitor anbot und in Ruhe abwartete. Jetzt war der Sommer fast vorbei, in wenigen Tagen würde die Modeindustrie ihre jährliche Augustpause beenden, um die Frühlin g /Sommer-Kollektion vorzustellen. Und Capsule Wardrobe hatte noch keinen Chefeinkäufer.
»Was halten Ihre Partner von dem Plan?«
»Die stehen voll hinter mir.« Noch mehr Lügen. Manchmal war sie sich selbst unheimlich.
Tatsache war, dass sie David noch nichts von dieser jüngsten Entwicklung erzählt hatte. Si wusste Bescheid, aber er war mit Jos Plänen immer einverstanden. Wenn sie mit ihm über die Firma diskutierte, dann in erster Linie deshalb, um sich moralische Unterstützung zu holen.
Das Gespräch mit David stand seit
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