Die besten Freunde meines Lebens - Roman

leben.«
    Er hielt inne. Es gab kein Zurück mehr. Jetzt ging es nur noch nach vorne, nach vorne in ein Leben ohne Nicci.
    »Das Wohl der Kinder steht für mich an erster Stelle«, fuhr David fort. »Ich habe hin und her überlegt und bin immer zu demselben Ergebnis gekommen: Wenn sie erwachsen sind und herausfinden, dass ich ihnen eine Großmutter vorenthalten habe, einen Teil ihrer Mutter, den sie nie kennenlernen durften … nun, ich weiß nicht, ob sie mir das jemals verzeihen würden. Falls Nicci gefürchtet haben sollte, die Geschichte könnte sich wiederholen, so fürchte ich das umso mehr.«
    Unter der Wucht dessen, was er gerade getan hatte, sackte er in sich zusammen. Gleichzeitig war er erleichtert, dass die Entscheidung gefallen war. Ob sie richtig war oder nicht, konnte man nur abwarten.

32. Kapitel
    »Das ist kein Problem, Miss Clark. Ganz und gar nicht.«
    Miss, dachte Jo, wie jedes Mal, wenn sie Gabriel Monihan traf. Miss . Doch sie hatte schon seit Langem aufgehört, ihren Atem damit zu vergeuden, ihn zu berichtigen.
    »Capsule Wardrobe ist ein sehr gesundes Unternehmen«, fuhr Monihan fort. »Und angesichts der gegenwärtigen Wirtschaftslage sind wir mit unseren Erträgen mehr als zufrieden. Wenn die gesunde Einzelhandelsseite der Firma so weiterläuft wie vorhergesagt, können wir bis zum zweiten Quartal des nächsten Jahres mit einem Wachstum von fünfzehn bis zwanzig Prozent rechnen. Aber …«
    Jetzt kommt es, dachte Jo, während sie im Geiste über den Rock ihres Armanikostüms strich und ihrem frisch gesträhnten Pony untersagte, ihr noch einmal in die Augen zu fallen.
    »Sie verstehen sicher, dass wir über die personelle Situation besorgt sind. Wachstumsbestrebungen in dieser Größenordnung erfordern eine eisenharte Managementstruktur. Seit dem Tod Ihrer Geschäftspartnerin sind nun, wie viel, sieben Monate vergangen? Und Sie scheinen noch nicht viel unternommen zu haben, um einen Ersatz zu besorgen.«
    Jo schenkte ihm ihr bestes Stewardessenlächeln und richtete den Blick über seinen Kopf hinweg auf die Aussicht aus dem fünfzehnten Stock. An klaren Tagen hatte man einen Panoramablick über die ganze Stadt, mit der sogenannten »Essiggurke« als Mittelpunkt, einem hundertachtzig Meter hohen Rundturm, der das neue Wahrzeichen der Londoner Skyline bildete. Heute war es über London bedeckt und trüb. Tief hängende Wolken kündeten von nahendem Regen, genauso wie damals vor vielen Jahren, als Nicci und sie zum ersten Mal das Büro von Gambit Capital aufgesucht hatten, um für Capsule Wardrobe eine Finanzspritze zu erhalten. Es war ihre fünfte Anfrage bei risikofreudigen Investoren, und sie konnten ihre Vermarktungsstrategie fast im Schlaf herunterleiern.
    Gabriel Monihan war für Nicci von Anfang an ein rotes Tuch gewesen. Damals, vor fast vier Jahren, musste Jo die Vernünftige sein. Die Praktische. Diejenige, die Nicci zur Vernunft brachte. Jo Clarke und Nicci Morrison waren nicht guter Cop / böser Cop, sie waren Vernunft und Sensibilität, Pragmatismus und Kreativität, gesunder Menschenverstand und Intuition. Das war der Grund, weshalb sie zusammenarbeiteten. Wie bei einer guten Ehe waren sie zusammen viel stärker als die Summe ihrer Teile.
    »Gambit Capital ist ein guter Geldgeber«, hatte Jo Nicci auf dem Hinweg mit Zug und U-Bahn von Guildford nach EC 1 und auf dem gesamten Rückweg erzählt. Sie hatte das so oft wiederholt, dass es sie selbst langweilte. Obwohl es auf der Hand lag, dass sie den Internetbereich der Firma ohne zusätzliches Kapital nicht in dem erforderlichen Maß ausweiten konnten.
    Sogar Nicci war das klar.
    Als sie zwei Wochen später in Niccis Küche saßen und Gambit Capitals Angebot über zwei Millionen Pfund an flüssigem Kapital sowie einen Kreditrahmen über weitere zwei Millionen in den Händen hielten, betete Jo ihr Sprüchlein immer noch herunter. Der Tisch war bis auf den letzten Zentimeter mit Tabellenkalkulationen bedeckt, und Jo tippte fieberhaft in den Taschenrechner, während sie GC s Bedingungen und Konditionen auf versteckte Fallen hin überprüfte – zehn Jahre in einer der größten Steuerkanzleien Londons hatten ihren Blick dafür geschärft –, aber keine fand.
    »Wir werden einen Aufschwung erleben«, sagte sie, den Kopf gegen die Wand gelehnt. »Da bin ich mir ganz sicher. Mit dieser Menge an Kapital können wir capsulewardrobe.com vorantreiben, mehr Vermarkter rekrutieren und eine weitere Boutique eröffnen. Wir könnten sogar auf