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Die besten Freunde meines Lebens - Roman

Die besten Freunde meines Lebens - Roman

Titel: Die besten Freunde meines Lebens - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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angesehen, wie er wahrscheinlich in der Arbeit seine Untergebenen ansah, und eine Antwort gegeben, die sich sehr stark nach einer ersten Verwarnung anhörte.
    »Denk nicht zu lange nach«, hatte er gesagt und betont auf ihren Bauch geblickt. Hätte er dazu mit der Zunge tickende Geräusche gemacht, hätte sie das nicht gewundert.
    Lizzie hatte ihren Stuhl zurückgeschoben, der laut über die cremefarbenen Kacheln kratzte, hatte ihre Kaffeetasse ins Spülbecken gestellt, die Reste ihres aufgeweichten Müslis in den Abfallkübel gekippt und war zur Tür gegangen.
    »Wohin gehst du?«, hatte Gerry gefragt.
    Sie hatte sich umgedreht. Gelächelt. »Zum Nachdenken.«
    Sie hatte überlegt, ob sie zu Jo gehen sollte. Oder sogar zu Mona. Obwohl das ein langer Marsch war und Mona wahrscheinlich gar nicht zu Hause war. Sie würde in der Arbeit sein, und wenn sie dort nicht war, würde sie bei David sein und mit Lynda die Welt verbessern. Es war fast schon unheimlich, wie gut sie sich mit Lynda verstand.
    Und wenn sie zu Jo ginge …? Dann würde Jo zu viele Fragen stellen. Nein, Lizzie musste erst einmal eine Bestands aufnahme ihrer Situation machen. Nur womit? Und wo anfangen?
    Ich will keine Babys, dachte sie und schaukelte höher. Hörte die Ketten ächzen, als sie an Geschwindigkeit und Höhe gewann. Ich will keine Babys, ich will keine Babys . Der Wind griff den Rhythmus auf, ließ ihn zu einem wilden Gesang im Takt zum Ächzen der Ketten anschwellen. Ich will keine Babys, ich will keine Babys von ihm .
    Abrupt beendete sie ihren stummen Gesang.
    Aber wir haben uns doch immer Babys gewünscht, sagte eine kleine Stimme in ihrem Hinterkopf. Sie gehörte der elfjährigen Lizzie, der fünfzehnjährigen Lizzie. Der neunzehnjährigen Lizzie, die sich auf die Zunge gebissen hatte, wenn Jo und Mona darüber schwadronierten, dass Mutterschaft gleichbedeutend mit Sklaverei sei. Der einundzwanzigjährigen Lizzie, die mit Gerry im Bett war. Der Lizzie, die sie einst gewesen war. Der Lizzie, die von einem rosenumrankten Haus geträumt hatte, von zwei, vielleicht sogar drei Kindern. Stimmt doch, oder, Lizzie?, sagte die Stimme. Du bist jetzt sechsunddreißig; die Zeit läuft ab. Zumindest in diesem Punkt hat Gerry recht. Was, wenn es bereits zu spät ist? Wenn du keine Kinder bekommen kannst? Wenn es dir so wie Jo ergeht?
    Es stimmte. Lizzie schaukelte langsamer, ließ diese Einsicht auf sich wirken. Sie wollte Kinder haben. Wollte Mutter werden. Sie wollte die Kinder nur nicht mit Gerry haben.
    Bei ihrer Rückkehr fand sie Gerry im Wohnzimmer vor. Er hatte ein Glas Rotwein in der Hand und sah sich im Fernsehen eine Sportsendung an. Lizzie hatte das Gefühl, nur kurz weg gewesen zu sein, doch über die Infoleiste tickerten bereits die Fußballergebnisse des Nachmittags. Demnach musste sie Stunden auf dem Spielplatz verbracht haben.
    »Und, nachgedacht?«, fragte er, ohne den Blick vom Bildschirm zu lösen.
    »Ja«, sagte sie, überrascht von der Gewissheit in ihrer Stimme. »Das habe ich.«
    »Und?« Er tastete nach der Fernbedienung, stellte den Ton leiser, sah sie aber weiterhin nicht an.
    Hinterher war Lizzie überzeugt, es habe ihr die Sache erleichtert, dass Gerry sich nicht einmal die Mühe gegeben hatte, sie anzusehen. Sicher, befriedigender wäre es gewesen, wenn sie ihm, als sie es aussprach, fest in die Augen geblickt hätte. Aber vielleicht hätte sie dann niemals den Mut dazu aufgebracht.
    Lizzie wappnete sich, ballte die Hände in ihren Taschen zu Fäusten und spürte, wie sich ihre unregelmäßig abgekauten Nägel in ihre Handflächen bohrten. »Ich verlasse dich.«
    Einfach so. Ich verlasse dich .
    »Wie bitte?« Jetzt blickte er auf. In seiner Miene stand eine Mischung aus Überraschung und Wut. » Du verlässt mich? «
    Lizzie nickte. Sie hatte es, bis sie es aussprach, selbst kaum geglaubt. Sie würde ihn verlassen.
    Sie erwartete, von Panik erfasst zu werden, zu hyperventilieren, all die kritischen kleinen Stimmen in ihrem Kopf zu hören – die ihrer Mutter, ihrer Schwester, ihrer Lehrer –, die warnend aufkreischten, sie mahnten, nicht so ein Idiot zu sein. Nicht das einzig Gute, das sie im Leben erreicht hatte und das alle glücklich machte, zu zerstören.
    Nur sie selbst machte es nicht glücklich. Nicht mehr.
    Doch die Stimmen schwiegen. Als hätte der Tod ihrer Mutter sie zum Verstummen gebracht.
    »Du bist etwas durcheinander wegen deiner Mum, Liz«, sagte Gerry. »In ein paar Wochen wirst du darüber

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