Die besten Freunde meines Lebens - Roman
stampfte Mona gegen die Kälte mit den Füßen auf und spritzte schlammiges Wasser auf ihre Jeans. Zwanzig nach sieben – was zum Teufel mach ten die da drinnen? Und wo war überhaupt Jo?
Der Regen hatte nachgelassen, doch die untere Hälfte ihrer Jeans war klatschnass. Mona wusste, sie sollte ins Haus gehen, sich David stellen, die Sache hinter sich bringen. Aber sie konnte sich beim besten Willen nicht dazu durchringen. Genauso wenig, wie sie sich dazu hatte durchringen können, Nicci von Neil zu erzählen. Obwohl sie das gern getan hätte.
Neil Osborne. War sie sich in ihrer Freundinnenclique sowieso schon wie eine Außenseiterin vorgekommen, so machte Neil ihr Gefühl der Isolierung perfekt.
»Weil Sonntage der Familie gehören« hieß für Mona und Dan ausgedehnte Mittagessen mit Sonntagsbraten an Niccis großem Eichenholztisch. Und für Mona Thomas’ Liebhaber bedeutete es, Sonntagsbraten zu Hause. Bei seiner Frau Tracy (obwohl Mona sich bemühte, die Frau nicht beim Namen zu nennen, sie wollte auch nicht wissen, wie sie aussah). Tracy, zwang sie sich zu denken, und Tracys und Neils drei Teenagertöchter.
Also gab es sonntags immer nur Mona und Dan. Monas Liebhaber war nie dabei, um ihr Glas nachzufüllen oder bei irgendeinem Insiderwitz heimlich ihr Knie unter dem Tisch zu drücken, kam nie, um in Davids Garten einen Ball zu kicken oder in der Küche über Sport zu diskutieren.
Wobei man fairerweise sagen musste, dass Neil auch niemals eingeladen worden war.
Es war nicht so, dass Nicci und David ihn ausgeschlossen hätten. Sie wussten schlichtweg nicht, dass es ihn gab. Niemand wusste das.
Sie wussten nur, dass es ihn gegeben hatte, und hatten sogar schwesterliche Empathie bekundet. »Er will alles haben – gute Hausmannskost und zwischendurch ein paar Austern«, bemerkte Jo, begeistert von ihrem eigenen Witz. Mona hatte gerade gestanden, dass sie sich in einen verheirateten Mann verliebt habe, natürlich mit den üblichen Rechtfertigungen: Anfangs wusste ich es nicht … Sie versteht ihn nicht … Er ist unglücklich … Sie sind nur noch wegen der Kinder zusammen …
»Mona«, sagte Nicci, während Jo und Lizzie die Augen verdrehten, »er wird sie nie verlassen.«
Und alle drei stimmten darauf im Chor ihre Lieblingszeile aus ihrem Lieblingsfilm an: »Er wird sie nie verlassen.«
Mona verzog den Mund, wie immer, wenn sie sich ein wenig gekränkt und ein wenig schuldbewusst fühlte, dies aber nicht zeigen wollte.
»Ihr habt recht«, sagte sie mit gezwungenem Lächeln und nach bester Carrie-Fisher-Manier, weil das von ihr erwartet wurde. »Ihr habt recht. Natürlich habt ihr recht.«
Doch das war drei Jahre her. Länger. Was sie nicht wussten, war, dass Neil immer noch eine Rolle in ihrem Leben spielte. Sie glaubten, Mona habe ihn verlassen, weil es das war, was sie ihnen erzählt hatte. Es war nicht direkt eine Lüge, eher ein Verschweigen. Sie hatte vorgehabt, Schluss zu machen, hatte es aber jedes Mal, wenn sie sich sahen, wieder hinausgezögert, bis dann er aus heiterem Himmel Schluss machte und Mona abermals am Boden zerstört war.
Schlussendlich war es leichter gewesen, die anderen in dem Glauben zu lassen, sie habe ihm den Laufpass gegeben. Und als ihre Freundinnen aus Freude über Monas Entschei dung eine Flasche Laurent Perrier Rosé köpften, Niccis Lieblingschampagner, wusste Mona, dass sie richtig gehandelt hatte. So war es weitaus besser, als die Wahrheit zu erzählen: dass sie alles – wirklich alles – tun würde, um ihn zurückzugewinnen. Und das, obwohl sie selbst von ihrem Ehemann betrogen worden war und genau wusste, wie es sich anfühlte, verlassen zu werden.
Als Neil also in dem hippen Bio-Restaurant auftauchte, in dem Mona Geschäftsführerin war, und behauptete, er könne ohne sie nicht leben – genau das hatte er gesagt: »Mona, ich kann ohne dich nicht leben« – nun, dann »vergaß« Mona einfach, das zu erwähnen, als sie ihre Freundinnen das nächste Mal traf. Und auch beim übernächsten und überübernächsten Mal. Und da Mona ohnehin zur Geheimniskrämerei neigte, war ihr dieses Täuschungsmanöver auch nicht unnatürlich vorgekommen. Und irgendwann war es dann zu spät gewesen, es war, als hätte sie die Chance verpasst, den anderen reinen Wein einzuschenken. Und jetzt … tja, jetzt musste sie es tun.
Das Geräusch eines startenden Automotors ertönte. Mona schaffte es gerade noch rechtzeitig, in den Schatten einer hohen Gartenmauer
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