Die besten Freunde meines Lebens - Roman
ahnen wahrscheinlich, wie es weiterging«, sagte Lynda, noch bevor David wieder Platz genommen hatte. Er ahnte es nicht, doch er nickte höflich und schob ihr die Teetasse zu.
»Ich ging wieder zu ihm zurück. Und glauben Sie nicht, dass ich das seither nicht jeden Tag bereut habe. Aber ich ging zurück. Und nahm Nicci mit.«
Sie trank große Schlucke von dem heißen, süßen Tee. Er musste ihr die Kehle verbrühen, die Luftröhre versengen, die Brust verbrennen, doch sie hielt nicht inne.
»Nicci überredete mich, ihn ein zweites Mal zu verlassen«, fuhr sie fort, als die noch dampfende Tasse geleert war. »Sie fand ein anderes Frauenhaus, und nachdem wir einige Monate dort verbracht hatten, half man uns, eine Sozialwohnung zu beantragen. Wir begannen uns ein neues Leben aufzubauen. Ich bekam einen Job in einem Tesco. Nicci ging in die Oberstufe und bereitete sich auf ihren Abschluss in Englisch, Geschichte und Kunst vor. Gleichzeitig entdeckte sie ihre Leidenschaft für Mode, die sie offenbar, wie man an ihrer Firma sieht, niemals verloren hat.«
David gab keine Antwort. Und Lynda schien auch keine zu erwarten.
»Eines Tages blickte ich von meiner Kasse auf, und da stand er, mit einer Tüte Milch, einer Packung Cornflakes, einem Glas Nescafé und einer Viererpackung Bier. Ich sehe diese Waren auf dem Laufband noch heute ganz deutlich vor mir.«
»Brian hat Sie gesucht?«
»Das ist das Traurigste überhaupt. Ich glaube nicht, dass er mich gesucht hat. Irgendwie hätte ich mich besser gefühlt, wenn er ganz London nach uns abgesucht hätte, doch es war wohl reiner Zufall. Ich blickte auf, und da war er. Immer noch attraktiv, immer noch charmant. Er sagte: ›Lynda, Liebling, ich liebe dich. Du fehlst mir. Es tut mir leid, dass ich so ein Idiot war. Bitte komm zurück. Gib mir noch eine Chance.‹ Genau diese Worte, mitten in der Schlange vor der Kasse. Und alle um uns herum dachten, sie wären in einem Film oder so etwas. Die Wahrheit war, ich war einsam und vermisste ihn. Ganz schön dumm, werden Sie denken. Er hatte mich unzählige Male verprügelt, mir sogar einmal den Wangenknochen und ein paar Rippen gebrochen. Aber ich liebte ihn noch immer. Wäre Nicci nicht gewesen, hätte ich ihn wahrscheinlich nie verlassen. Ich war seine Frau. Brian war mein Mann. Ich bin wieder zu ihm zurück.«
Eine Vielzahl von Emotionen stürmte auf David ein. Neben einer tiefen Traurigkeit waren es vor allem Abscheu, Verachtung, Entsetzen, Hass.
»Ich sehe Ihnen an, was Sie denken«, sagte die Frau. »Und glauben Sie nicht, ich wüsste nicht, was ich getan habe, denn das weiß ich sehr wohl. Es hat mich meine Tochter gekostet.«
David starrte sie an. Er hatte den Wunsch zu schreien, die kleine, verhärmte Frau zu packen und sie heftig zu schütteln. Bei Gott, er verspürte den Wunsch, sie zu schlagen. Und er hatte noch nie jemanden geschlagen, abgesehen von ein paar betrunkenen Raufereien in der Jugend.
»Wie konnten Sie nur?«, begann er. »Wie konnten Sie nur einen Mann, der Sie schlägt, über … über Ihr Kind stellen?«
Resigniert zuckte Lynda die Achseln. Sie erwartete doch nicht etwa, dass er Mitgefühl für sie zeigte? »Das war damals eine andere Zeit«, flüsterte sie. »Ich bin nach dem Motto erzogen worden: Wie man sich bettet, so liegt man.«
David spürte, wie sein Zorn hochkochte und überquoll. »Sie haben Nicci vielleicht geboren, aber Sie sind ihr in nichts ähnlich«, zischte er, ohne sich um den Schmerz zu kümmern, der in ihren Augen aufflackerte. »Nicci war mutig und stark und klug. Sie hat ihre Familie beschützt, sie hätte ihre Kinder niemals – niemals – im Stich gelassen. Und wir sollten nie erfahren, dass sie selbst eine Mutter hatte, die sich einen Dreck um ihr Kind geschert hat.«
Er schob seinen Stuhl zurück, der so quietschend über den Boden kratzte, dass David es in den Zahnwurzeln spürte. Das Paar am Nebentisch unterbrach sein Gespräch und starrte ihn unverhohlen an. Grimmig erwiderte er den Blick, bis die beiden sich erschrocken abwandten.
»Entschuldigen Sie mich, Mrs. Cummings .« David spie den Namen förmlich aus. »Sie haben darauf bestanden, dass wir uns treffen. Nun, jetzt bestehe ich darauf, dass Sie sich Niccis Wünschen fügen und mich und meine Familie in Ruhe lassen.«
17. Kapitel
Nach dem feuchten Winter und dem noch feuchteren Frühling hätte Lizzie eigentlich damit rechnen können, dass die Gartentür im Rahmen aufgequollen war. Um sie auszutrocknen, war
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