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Die besten Freunde meines Lebens - Roman

Die besten Freunde meines Lebens - Roman

Titel: Die besten Freunde meines Lebens - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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es nicht besser. Wären die immergrünen Gewächse nicht gewesen, die blind gegen das menschliche Drama um sie herum waren, und die Narzissen, die sich aufs Geratewohl nach oben gekämpft hatten, ohne zu wissen, dass ihre Ankunft nahezu unbemerkt bleiben würde, wären die Beete völlig kahl. Die zehn verschiedenen Clematisarten, die die linke Mauer mit einem Farbenmeer überzogen hatten, wucherten nun wild nach allen Seiten. Nicci hatte sie regelmäßig zurückgeschnitten, sie so brutal gestutzt, dass Lizzie jedes Mal um ihr Überleben gefürchtet hatte. Jetzt verstand sie Niccis gnadenloses Eingreifen. Wende dem Garten ein paar Monate den Rücken zu, und die Clematis übernehmen alles. Lizzie wagte kaum, sich noch weiter umzusehen, doch es half nichts: Die Arbeit musste getan werden, und sollte sie auch nur darin bestehen, alles herauszureißen.
    Wenigstens trocknete die Erde inzwischen. Als Lizzie in ihren Converse, die nicht unpassender hätten sein können, durch den Garten ging, patschte kein Schlamm unter ihren Füßen. Sie fühlte sich so unwohl, als würde sie beobachtet. Obwohl sie wusste, dass außer ihr niemand da war.
    Und auch das fühlte sich falsch an. Nicht nur keine Nicci, sondern auch kein David und keine Mädchen, keine Jo, kein Si und keine Söhne von Si, keine Mona und kein Dan. Schlagartig wurde Lizzie bewusst, dass sie noch nie allein hier gewesen war. Ein-, zweimal hatte sie auf Charlie und Harrie aufgepasst. Oder mit Nicci an dem großen Metall tisch Kaffee getrunken, während David die Mädchen in ihrem Zwillingskinderwagen auf einen Spaziergang mitnahm. Aber ganz allein in einem Garten, der groß genug war, um darin ein Fußballmatch auszutragen? Ein Garten, der dazu gedacht war, von Menschen, Gelächter und Liebe erfüllt zu sein?
    Lizzie blickte sich um, erwartete beinahe, dass alle auf der Terrasse versammelt waren und sie auslachten, weil sie Niccis verrücktes Vermächtnis so ernst nahm.
    Das Gefühl wurde so übermächtig, dass Lizzie sich gegen ihren Willen ein zweites Mal umblickte. Nichts, natürlich. Was hatte sie denn gedacht? Nur ein leerer Rasen, verdorrte Topfpflanzen und abgestellte Gartenmöbel. Keine Jungs, die Fußball spielten. Keine kleinen Mädchen, die schaukelten. Keine sonnenverbrannten Männer, die mit kaltem Bier und gewichtigen Mienen um einen qualmenden Grill standen. Und keine Nicci, die sich aus dem Küchenfenster beugte und schrie: »Braucht jemand einen neuen Drink?«
    »Ja, ich«, flüsterte Lizzie.
    In letzter Zeit brauchte sie ständig einen neuen Drink. Jo auch, wie ihr aufgefallen war. Noch nicht mal Mittag, und Lizzie würde alles für ein Glas Wein geben. Was hätte ihre Granny dazu gesagt?
    Als sie die Apfelbäume umrundete, wurde sie von einem Haufen Bohnenstangen begrüßt, die wie ein Wigwam im Kreis standen und wie betrunken in sich zusammengefallen waren. Daneben erstreckten sich zu beiden Seiten Reihen mit längst verrottetem Kohl.
    In diesen Teil des Gartens gelangte die Sonne nur im Hochsommer, es war wie ein Übergang zur dunklen Seite. Alles lag im Schatten, und es roch dampfig und feucht wie in einem Wald. Am Rand des Schuppens hatte sich ein Gestrüpp aus Brombeeren ausgebreitet und saugte das Leben aus Niccis Stachelbeersträuchern.
    Lizzie lächelte. Stachelbeeren waren so durch und durch altmodisch, genauso wie Rhabarber. Auch eines von Niccis Lieblingsgewächsen.
    Ihre Granny und Nicci waren die einzigen Menschen, die Lizzie kannte, die Stachelbeeren einkochten. Schrecklich haarige süße Dinger.
    Doch die Marmelade schmeckte gut. Noch heute erin nerte sich Lizzie gern daran, wie sie ihrer Großmutter einmal bei der Zubereitung von Stachelbeermarmelade geholfen hatte. Sie war damals kaum älter als drei gewesen, so alt wie Harrie und Charlie jetzt. Sie stand auf einem Küchenstuhl neben dem Herd und rührte die Beeren im Topf um, während ihre Großmutter ungesunde Mengen an Zucker dazukippte und Lizzie ständig ermahnte, nicht mit dem Rühren aufzuhören, nicht mal für einen Moment, weil sonst alles anbrennen und am Topfboden festkleben würde. Die heiße Marmelade in Bewegung zu halten war ihre Verantwortung, und Lizzie nahm ihre Verantwortung ernst, auch damals schon.
    Als Nächstes wollte sie sich das Gewächshaus vornehmen. Die Aussicht auf längst verdorrte Tomatenpflanzen und mit Schimmel überzogene Fenster ließ sie erschauern. Sie brachte es kaum über sich hinzusehen, bog dann aber dennoch beherzt das Dornengestrüpp zur

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