Die besten Freunde meines Lebens - Roman
Wochen aus dem Starbucks gestürmt war, hatte er den Zettel zusammengeknüllt und weggeschmissen; eine Papierkugel, die der Wind davongetragen hatte.
Dasselbe galt für die Postkarten, die seither regelmäßig einmal in der Woche eingetroffen waren. Er hatte der Frau verboten, ihn anzurufen – wenn überhaupt, würde er sie anrufen –, und sie hatte sich seinem Willen gefügt. Aber sie ließ nicht zu, dass er sie vergaß. Er wusste, wo die Karten wa ren, nur half ihm das auch nicht weiter. Weil er ein perverses Vergnügen daraus zog, wenn er zusah, wie die scheinbar harmlosen Postkarten von den Enkeltöchtern, die Lynda so gerne kennenlernen würde, arglos geschreddert wurden.
Seufzend trank David sein Bier aus. Es blieb ihm nichts anderes übrig, als zu warten. Und zu hoffen, dass seine Schwiegermutter sich nicht an seine Weisung halten würde.
23. Kapitel
Das kleine gemietete Reihenhaus lag im Dunkeln, als Mona im Taxi draußen vorfuhr. Panik wallte in ihr auf. Wo war Dan? Es war nach zehn. War ihm auf der Rückfahrt vom Fußball etwas passiert? Doch sobald sie eintrat, verrieten der vertraute Krach des Computerspiels Grand Theft Auto und der Lichtstreifen unter Dans Tür, dass er sich wohlbehalten in seinem Zimmer befand.
Weit davon entfernt, sich allein zu Hause zu fürchten, schien ihr Teenager-Sohn das eher zu genießen. Niemand, der ihn darauf hinwies, dass der Fünfer pro Tag nicht für ungesundes Fast Food gedacht war. Niemand, der ihm sagte, er solle lieber seine Hausaufgaben machen, statt stundenlang virtuelle Feinde abzuschlachten. Wenn er in diese Spiele vertieft war, hätte das Haus um ihn herum zusammenkrachen können, ohne dass er es gemerkt hätte, ganz zu schweigen davon, dass ihm etwas so Banales auffiele wie das Hereinbrechen der Dunkelheit.
Mona klopfte leise an seine Tür und trat ein, ohne auf eine Antwort zu warten.
Dan lag bäuchlings auf dem Bett, sein schlaksiger Körper fast so lang wie das ganze Bett – Kopf und Oberkörper hingen am Ende herab, der blonde Schopf war vom Schein des Fernsehbildschirms erhellt. »Hey, Mum«, sagte er, auf ein Keypad einhämmernd. »Wie geht’s?«
»Ich habe mich leider verspätet. Hast du was gegessen?«
»Auf der Rückfahrt vom Match haben wir am Burger King haltgemacht.«
Schlechte Mutter, dachte Mona, während sie automatisch in ihre Tasche griff, eine Fünfpfundnote aus dem Geldbeutel nahm und sie neben Dan auf das Bett legte. Sicher, er aß lieber Burger als die makrobiotischen Gerichte, die sie aus dem Restaurant mitbrachte, doch darum ging es nicht.
»Wie war das Spiel?« Vorsichtig, um ihn nicht aus dem Gleichgewicht zu bringen, ließ sie sich neben ihm am Bettende nieder.
»Scheiße. Richards wurde in der ersten Halbzeit vom Platz geschickt. Flachwichser.«
»Keine Schimpfwörter, Dan«, sagte Mona reflexartig.
»Also mussten wir in der zweiten Halbzeit mit zehn Mann spielen«, fuhr Dan ungerührt fort, während er weiterhin das Keypad bearbeitete. »Wir haben zwei-null verloren. Sind auf den fünften Tabellenplatz zurückgefallen. Anderson war scheißwü…, ähm, er war stocksauer.«
»Kein Wunder«, merkte Mona an.
Game Over blitzte auf dem Bildschirm auf. Dan warf das Keypad beiseite und rollte sich zu Mona herum.
»Oh, du bist rausgeflogen.« Sie zauste ihm kurz durch das Haar. Das war inzwischen das Äußerste an Liebkosung, was er zuließ. Sie hatte es mit der »Zum Kuscheln ist man nie zu alt«-Masche versucht, doch er hatte sie mit einem »Iih, Mum, lass das!« abgewehrt. Und aus Angst vor Zurückweisung hatte sie es seitdem nicht mehr probiert.
»Hast du das Computerspiel wegen mir verloren? Weil ich dich gestört habe?«
»Ach was.« Er grinste. »Es lief sowieso scheiße. Die haben mich fertiggemacht.«
Er hievte seinen schlaksigen Körper, der nur aus Armen und Beinen zu bestehen schien, in eine sitzende Position und machte ein ernstes Gesicht. »Du arbeitest zu viel, weißt du das? Und wenn du erschöpft bist, bist du irgendwie …«, er hielt inne, »… mies drauf. Du solltest mal chillen.«
Der plötzliche Themenwechsel brachte Mona aus der Fassung. »Tut mir leid«, sagte sie betont heiter, um ihre Unsicherheit zu überspielen. »Wir sind gerade etwas knapp an Personal, deshalb musste ich in den letzten Wochen öfter einspringen. Nächste Woche fangen zwei neue Kellner an, dann wird sich die Lage entspannen.« Sie gab ihm einen Knuff. »Genieß dein Fast Food, solange du noch kannst. Bald ist wieder
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