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Die besten Freunde meines Lebens - Roman

Die besten Freunde meines Lebens - Roman

Titel: Die besten Freunde meines Lebens - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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war es Lizzies Mutter ähnlich ergangen. Der Gedanke ließ Lizzie innehalten, und sie schob ihn beiseite.
    Aber etwas auszusäen? Dabei zu helfen, dass etwas lebendig wurde und blühte und wuchs? Das war eine völlig an dere Sache. Ein chiffriertes Buch, dessen Code man ihr nicht beigebracht hatte – oder vielleicht hatte man es irgendwann einmal versucht, und sie hatte nicht aufgepasst.
    Als sie in die Grundschule ging, hatte ihre Mutter ihr ein kleines Stück Erde überlassen, zusammen mit einem kleinen Kinderspaten mit rotem Plastikgriff und einem Päckchen Samen mit roten und orangefarbenen Blüten darauf, die Kapuzinerkresse hießen (»Kapuzenkresse« hatte Lizzie immer gekichert). Anfangs hatte Lizzie es kaum erwarten können, die Samen – die nicht wie etwas aussahen, in dem Leben steckte, sondern eher wie die getrockneten Bohnen, die ihre Mutter über Nacht einweichte, um hinterher eine zähflüssige Suppe daraus zu kochen – in die farbenprächtigen Blüten zu verwandeln, die die Packung versprach.
    Neben ihrer Mutter kniend, hatte Lizzie jede ihrer Bewegungen nachgeahmt, mit der Spitze ihres Spatens kleine Furchen in die Erde gegraben und die Samen sorgfältig darin verteilt, ehe sie wieder mit Erde bedeckt wurden. »Damit sie es warm haben«, hatte ihre Mutter gesagt. »Wie unter einer Decke.«
    Lizzie beobachtete und goss ihr kleines Beet, rannte jeden Tag von der Schule nach Hause, um zu sehen, ob während ihrer Abwesenheit grüne Triebe hervorgesprießt waren. Doch die Tage und Wochen vergingen, und das einzige Grün, das sich zeigte, entpuppte sich als Unkraut. Und Lizzie lernte eine weitere Lektion in Sachen Selbstschutz, sie verlor lieber das Interesse, anstatt sich dem Misserfolg zu stellen. Fügte Gärtnern ihrer inneren Liste von Dingen, die sie nicht konnte, hinzu.
    Lizzie ist nicht sportlich.
    Lizzie strengt sich sehr an, doch das spiegelt sich nicht in ihren Noten wider.
    Lizzie hat keinen grünen Daumen.
    Nachdem sie Pflanzen und zwei riesige Säcke Kompost auf ihren Einkaufswagen geladen hatte, stellte sich Lizzie vor der Kasse an und nahm aus dem Ständer noch einen Topf mit winzigen Kristallen mit, die, laut Beschreibung, das Wasser banden, wenn man sie dem Kompost beimischte. Für Lizzie klang das zu gut, um wahr zu sein, doch die Frau vor ihr kaufte die Kristalle auch, also musste etwas dran sein.
    »Das macht achtundsechzig neununddreißig.« Die Stimme der blonden Kassiererin riss Lizzie aus ihren Gedanken.
    »Achtundsechzig …? Sind Sie sicher?« Noch einundsechzig Pence mehr, und Lizzie hätte sich die Stiefeletten kaufen können, die sie bei Zara gesehen hatte.
    »Ja, aber wenn Sie wünschen, kann ich die Sachen gern noch einmal durchlaufen lassen«, sagte die Frau und blickte mit hochgezogenen Brauen auf die Reihe hinter Lizzie.
    Lizzie verstand den Wink und reichte der Frau ihre Karte. Dann mussten die Stiefeletten eben warten.
    War das gut so? Lizzie lehnte sich in der Hocke zurück und beäugte kritisch den ersten Blumenkübel. Die Anordnung aus blutroten, scharlachroten und pinkfarbenen Begonien, Fuchsien und Geranien wirkte frivol, beinahe schon nuttig, um den Ausdruck ihrer Mutter zu gebrauchen. Hätte Nicci das genauso gemacht? In Lizzies Erinnerung waren Niccis Terrakottakübel eine satte Mischung aus schillerndem Rosa und Tomatenrot gewesen, aber irgendwie hatte das edel, modern gewirkt. Wie der rote Barcelona-Nagellack von Chanel mit zuckerwatterosa Sandaletten. Wie Nicci.
    Lizzie fürchtete, ihr Blumenarrangement wirkte etwas zu gewollt. Wie jemand, der sich von Kopf bis Fuß wie ein Model in einer Zeitschrift kleidete, aber dennoch wie verkleidet aussah. Also versuchte sie es erneut und mischte diesmal die winzigen Bauerngartenblumen mit den Geranien. Das sah zu bieder aus.
    Als Lizzie beim vierten Blumenkübel angelangt war, hatte sie jede nur erdenkliche Kombination ausprobiert. Doch sie war nicht zufrieden. Sie wünschte, sie könnte Nicci fragen, was sie falsch machte. Wie sie sich vor einer Stunde im Gartencenter gewünscht hatte, sie könnte ihre Mutter um Rat bei der Auswahl der Erde und des Komposts bitten.
    Durch das Vogelgezwitscher und das Rauschen desVer kehrs hindurch hörte sie in der Ferne ein Klingeln. Ein Telefon. Vielleicht Davids, vielleicht das eines Nachbarn. Das Klingeln hörte auf, und Lizzie wandte sich wieder den Blumenkübeln zu. Weiß. Das war es, was fehlte. Eine Spur von Weiß, um das Ganze aufzulockern. Sie hätte weiße Begonien und

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