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Die Bestie im Menschen

Die Bestie im Menschen

Titel: Die Bestie im Menschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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Büffet. Er konnte noch immer nicht die Lider schließen, seine Augen irrten im Gegentheil unstät umher, als verlangten sie zu sehen. Trotzdem es noch nicht so hell war, ahnte er das am Abend vorher zum Zerschneiden des Kuchens benutzte Messer mehr auf dem Tisch als er es sah. Er bemerkte nur noch dieses kleine Messer mit der scharfen Spitze. Der Tag nahm zu, das ganze, durch die beiden Fenster hereinströmende Licht schien sich auf diese dünne Klinge zu concentriren. Die Angst vor seinen Händen ließ ihn sie noch tiefer unter seinem Körper verbergen, denn er fühlte, wie sie aufgeregt und stärker als sein Wille zuckten. Waren sie nicht mehr ein Theil seiner selbst? Diese Hände gehörten nicht mehr ihm, einem Andern, sie waren von irgend einem Vorfahren auf ihn überkommen, aus jener Zeit, in welcher der Mensch noch die wilden Thiere in den Wäldern würgte!
    Um das Messer nicht mehr zu sehen, wandte sich Jacques Severine zu. Sie schlief bei ihrer großen Müdigkeit sehr ruhig mit dem Athem eines Kindes. Ihre aufgelösten, schweren, schwarzen Flechten bildeten bis zu ihren Schultern ein düstres Kissen; und unter dem Kinn tauchte zwischen den Locken ihr kaum rosig angehauchter, wie Milch so zarter Busen auf. Er betrachtete sie, als ob sie ihm etwas neues wäre.Er betete sie an, ihr Bild verfolgte ihn, selbst wenn er seine Locomotive führte, oft so begehrlich, daß ihm Angst wurde. Daher kam es, daß er eines Tages, als ob er aus einem Traum aufwachte, mit voller Geschwindigkeit, trotz der Signale eine Station passirte. Jetzt rief der Anblick dieses weißen Busens eine plötzliche unvertreibbare Wahnvorstellung in ihm hervor. Mit wachsendem Entsetzen fühlte er den gebieterischen Zwang, das Messer zu holen und es der geliebten Frau bis zum Heft in die Brust zu stoßen. Er hörte den dumpfen Schlag des eindringenden Messers, er sah den Körper dreimal aufschnellen, dann den Tod ihn unter einem rothen Strome krümmen. Er kämpfte gegen diesen Wahn an, aber mit jeder Sekunde verlor sein Wille mehr an Macht, als werde er untergetaucht in diese fixe Idee, als sei er an das Aeußerste gelangt, wo man besiegt nur dem Drängen des Instincts Folge leistet. Alles bäumte sich in ihm auf, die empörten Hände siegten über sein Bemühen, sie zu verbergen und entschlüpften ihm. Er sah ein, daß er jetzt nicht mehr Herr über sie sei und daß sie sich brutale Genugthuung verschaffen würden, wenn er Séverine noch länger anblickte. Er raffte daher seine letzte Kraft zusammen, er verließ das Bett und wälzte sich wie ein Trunkener auf der Diele umher. Dann sprang er auf, fiel aber beinahe wieder, denn seine Füße verwickelten sich in die dort liegenden Kleidungsstücke. Er wankte und suchte wirr tastend seine Kleider zusammen. Sein einziger Gedanke war, sich schnell anzukleiden, das Messer zu nehmen, auf die Straße zu gehen und die erste beste Frau niederzustechen. Diesmal peinigte ihn sein Verlangen zu mächtig, diesmal mußte er eine tödten. Er fand sein Beinkleid nicht, trotzdem er es dreimal anfaßte und nicht wußte, daß er es schließlich schon in der Hand hielt. Das Anziehen der Schuhe bereitete ihm eine endlose Mühe. Obwohl es jetzt lichter Tag war, schien das Zimmer von einem weißen Rauche erfüllt, in einem eisigen Nebel zu schwimmen. Das Fieber schüttelte ihn und als er endlich angekleidet war, ergriff er das Messer und verbarg es in seinem Aermel. Er war seiner Sache gewiß, er würde Eine tödten und zwar die erste beste, der er unten begegnete. Plötzlich rührte sich etwas im Bett, ein längerer Seufzer, der von dort kam, bannten ihn bleich auf die Stelle neben dem Tisch.
    Séverine war erwacht.
    »Du gehst schon, Schatz?«
    Er antwortete nicht, er sah sie nicht an, er hoffte, sie würde wieder einschlafen.
    »Wohin gehst Du, Schatz?«
    »Eine Dienstsache,« stotterte er … »Schlafe, ich komme bald zurück.«
    Ihre Augen waren schon wieder geschlossen und wirre Worte entschlüpften ihr, schon halb im Schlafe.
    »O wie müde bin ich noch … Umarme mich, Schatz.«
    Er aber rührte sich nicht, er wußte, wenn er jetzt zu ihr trat mit dem Messer in der Hand und sie so fein, so bloß und aufgelöst daliegen sah, daß es mit seinem Willen ganz zu Ende war, der ihn schon vorhin neben ihr verlassen hatte. Seine Hand würde sich heben und ihr das Messer in den Hals jagen.
    »Komm, Schatz, umarme mich …«
    Ihre Stimme versagte, sie schlief schon wieder sanft ein mit einem zärtlichen Flüstern. Er

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