Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Bestie im Menschen

Die Bestie im Menschen

Titel: Die Bestie im Menschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
Vom Netzwerk:
Geschworenen gehabt hatte. Das Verhalten ihres Gatten als Beisitzers war zweifellos tadellos gewesen. Man glaubte aber bemerkt zu haben, daß weder Herr Chaumette noch der Präsident, Herr Desbazeilles selbst, wie sie es beabsichtigt, den Gang des Verhörs hatten meistern können. Vielleicht hatte die Jury, von Zweifeln heimgesucht, deshalb mildernde Umstände bewilligt, weil sienoch unter dem Eindruck des schweigsamen Fluges der melancholischen Wahrheit durch den Verhandlungssaal stand. Jedenfalls wurde der Prozeß zum Triumph für den Untersuchungsrichter, Herrn Denizet, dessen Meisterwerk nicht aus den Fugen gebracht worden war; denn die Familie selbst ging vieler Sympathien verlustig, als gerüchtweise verlautete, Herr von Lachesnaye habe, um la Croix-de-Maufras für sich zurückerobern zu können, der Jurisprudenz zum Trotz einen Act des Widerrufs trotz des Todes des Erblassers zu veranlassen versucht, ein Versuch, der von Seiten eines Justizbeamten unternommen doppelt überraschte.
    Als Jacques das Gerichtsgebäude verließ, holte ihn Philomène ein, die ebenfalls als Zeugin vorgeladen gewesen war. Sie wich nicht von seiner Seite und versuchte ihn dazu zu bewegen, die Nacht mit ihr in Rouen zu verbringen. Er brauchte seinen Dienst erst am folgenden Tage wieder anzutreten, er wollte also zunächst mit ihr in der Herberge neben dem Bahnhof speisen, in der er angeblich die Nacht nach dem Verbrechen zugebracht hatte. Aber schlafen wollte er dort nicht, denn er mußte unbedingt mit dem Zug um zwölf Uhr fünfzig Minuten Nachts nach Paris zurückkehren.
    »Ich möchte darauf schwören,« sagte sie als sie an seinem Arm der Herberge zuschritt, »daß soeben Jemand aus unserer Bekanntschaft hinter uns war … Pecqueux hat mir erst neulich gesagt, daß er mit keinem Fuß dieses Prozesses wegen nach Rouen kommen würde … Als ich mich vorhin umdrehte, schlüpfte dieser Mann, dessen Rücken ich nur sehen konnte, schnell durch die Menge.«
    Der Locomotivführer zuckte die Schulter und meinte:
    »Pecqueux befindet sich in Paris und besäuft sich dort. Er ist höchst vergnügt über die Ferien, die er durch meinen Urlaub erhalten hat.«
    »Möglich … Doch wollen wir ihm auch ferner mißtrauen, denn er ist ein gemeiner Schuft, wenn er in Wuth ist.«
    Sie drängte sich fester an ihn und sagte, nachdem sie einen Blick nach hinten geworfen:
    »Kennst Du den Menschen, der uns verfolgt?«
    »Ja, beunruhige Dich nicht … Er will mich vielleicht etwas fragen.«
    Es war Misard, der ihnen von der Rue des Juifs aus auf dem Fuße folgte. Er war ebenfalls als Zeuge geladen gewesen und streifte nun um Jacques herum, ohne sich entschließen zu können, eine Frage an Jacques zu richten, die ihm ersichtlich auf den Lippen schwebte. Als das Paar in der Herberge verschwunden war, trat er ebenfalls ein und ließ sich ein Glas Wein geben.
    »Ah, Ihr seid’s, Misard,« rief Jacques. »Nun, wie seid Ihr mit Eurer neuen Frau zufrieden?«
    »Man so,« brummte der Bahnwärter. »Das Frauenzimmer hat mich gut reingelegt. Ich habe es Euch ja erzählt, als wir das letzte Mal zusammen hierher fuhren.«
    Jacques hatte die Geschichte vielen Spaß gemacht. Die Ducloux, jene ehemalige zweifelhafte Aufwärterin, die Misard zum Dienst an der Barriere herangezogen, hatte es bald weg, daß er allerorten nach einem von seiner Seligen verborgenen Schatz suchte. Sie faßte nun den genialen Plan, sich heirathen zu lassen, indem sie ihm durch verstohlenes Lachen, durch Ausflüchte zu verstehen gab, daß sie das Geld gefunden hätte. Zuerst hatte er sie umbringen wollen. Dann aber befürchtete er, die tausend Franken würden ihm abermals entgehen, wenn er auch Diese ebenso wie Jene auf die Seite brächte, noch ehe er das Geld in den Fingern hatte. Er hatte also den liebenswürdigen Schlaumeier gespielt. Aber sie wies ihn ab, sie wollte von ihm nicht einmal angefaßt sein: wenn er sie erst geheirathet hätte, sollte er sie haben und das Geld dazu. Er hatte sie also richtig geheirathet und jetzt lachte sie ihn aus und behandelte ihn wie einen richtigen Trottel, der Alles glaubt, was man ihm erzählt. Das Schönste aber war, daß sein Fieber nun auch sie angesteckt hatte und sie jetzt ebenso wild auf das Finden des Schatzes war, wie er selbst. Jetzt, nun sie zu zweien waren, meinten sie die verteufelten tausend Franken doch einmal zu finden! Und so suchten und suchten sie.
    »Noch immer nichts gefunden?« fragte Jacques spöttisch. »Hilft Ihnen die Ducloux

Weitere Kostenlose Bücher