Die Bestie von Florenz
1984 sogar zwei zur gleichen Zeit. Der erste Regisseur zog es vor, den Charakteren fiktive Namen zu geben, um juristische Schwierigkeiten zu vermeiden, doch der zweite Film war ein unumwunden deutlicher Dokumentarfilm, der am Ende auch eine Meinung vertrat – dass die Bestie aus einer inzestuösen Familie stammte und die Mutter wisse, dass ihr Sohn der Mörder war. Die meisten Florentiner waren empört, als sie erfuhren, dass tatsächlich an den Schauplätzen der Verbrechen gedreht wurde. Die Eltern der Opfer nahmen sich einen Anwalt, der den Dokumentarfilm stoppen sollte. Sie konnten die Dreharbeiten nicht verhindern, aber ihre Bemühungen brachten ein sehr seltsames Gerichtsurteil hervor: Der Richter erklärte, der Film dürfe überall in Italien gezeigt werden, außer in Florenz.
Die Polizei und die Carabinieri reagierten auf den öffentlichen Aufschrei mit einer Neuorganisation der Ermittlungen. Sie richteten eine Sonderkommission ein, die Squadra Anti-Mostro (SAM) unter der Leitung von Hauptkommissar Sandro Federico. Die Anti-Bestien-Einheit bekam eigene Räumlichkeiten und nahm nun fast den ganzen dritten Stock des Polizeipräsidiums von Florenz ein. Gewaltige Ressourcen und Mittel wurden ihr zur Verfügung gestellt, darunter eines dieser neuen Geräte, das über beinahe wundersame Fähigkeiten zu verfügen schien, was das Auffinden von Antworten anging: einen IBM-PC. Er blieb allerdings eine ganze Weile unbenutzt, weil ihn noch niemand bedienen konnte.
Um die Zeit des Doppelmords bei Vicchio schien ein weiterer Serienmörder in Florenz sein Unwesen zu treiben. Sechs Prostituierte wurden rasch nacheinander in der Innenstadt ermordet. Der Bestie zum Trotz war Mord in Florenz immer noch eine Seltenheit, und die Stadt war schockiert. Obwohl sich die Vorgehensweise sowohl innerhalb dieser neuen Fälle als auch im Vergleich zu denen der Bestie unterschied, brachten gewisse Einzelheiten die Polizei zu der Vermutung, es könnte da eine Verbindung bestehen. Alle Prostituierten wurden in ihrer Wohnung ermordet, wo sie auch ihrem Gewerbe nachgingen. Die Morde waren auffallend sadistisch, und der oder die Täter nahmen nie Schmuck oder Geld mit. Raub war also kein Motiv.
Der Gerichtsmediziner Mauro Maurri, der die Autopsien an den Opfern der Bestie vorgenommen hatte, war höchst erstaunt, als er die Wunden einer der ermordeten Frauen untersuchte. Sie war mit einem Messer gefoltert und dann getötet worden. Die Ausführung der Schnitte erinnerte Dr. Maurri an die Wunden an einigen Opfern der Bestie, und die Tatwaffe hätte ein Tauchermesser sein können.
War es möglich, dass die Bestie nun auch auf andere Weise mordete, sich andere Opfer suchte?
»Ich weiß es nicht«, antwortete Maurri, als Spezi ihm diese Frage stellte. »Es wäre jedenfalls der Mühe wert, vergleichende Untersuchungen zwischen den Schnittwunden an den Leichen der Prostituierten und jenen an den Opfern der Bestie anzustellen.«
Aus irgendeinem unbekannten Grund ordneten die Ermittler diese vergleichende Untersuchung nie an.
Die letzte ermordete Prostituierte wohnte in einem Loch an der Via della Chiesa, einer damals von Armut geprägten Straße im Viertel Oltrarno. Die Wohnung war mit ein paar schäbigen Möbelstücken eingerichtet, die Wände mit einfachen Kinderzeichnungen ihrer Tochter bedeckt, die das Jugendamt ihr einige Jahre zuvor weggenommen hatte. Die Prostituierte wurde ausgestreckt auf dem Boden liegend gefunden, vor dem Fenster. Der Mörder hatte einen Pullover benutzt, um ihr die Arme wie mit einer Zwangsjacke zu fesseln, und sie dann erstickt, indem er ihr ein Tuch in die Kehle gestopft hatte.
Die Polizei suchte jeden Zentimeter der kleinen Wohnung nach Spuren ab. Sie stellten fest, dass der Boiler kürzlich repariert worden war, und die ausführende Firma hatte ihren Aufkleber daran angebracht. Einer der Kriminalbeamten sah den Firmennamen, erkannte einen wichtigen Zusammenhang und kehrte in das Zimmer zurück, in dem Hauptkommissar Sandro Federico noch die Leiche der Prostituierten untersuchte.
»Chef«, sagte er aufgeregt, »kommen Sie mal ins Bad; da ist etwas sehr Interessantes.«
Die Installationsfirma, das wusste er, gehörte Salvatore Vinci.
Kapitel 18
Diese Entdeckung veranlasste die Ermittler, sich endlich einmal Salvatore Vinci näher anzusehen. Er war der Allererste, den Stefano Mele als Komplizen bei dem Mord von 1968 genannt hatte. Rotella glaubte, dass Salvatore der vierte Komplize war, der das Verbrechen
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